Die Darstellung Borbecker Landschaft in Romanen

0 28.02.2025

BORBECK. In regelmäßigen Abständen lädt der Kultur-Historische Verein Borbeck auf den „Offenen Steenkamp-Hof“ ein, bei dem es sich um ein denkmalgeschütztes Bauernhaus handelt. Gezeigt werden seit 1988 „Tiere auf dem Bauernhof“ – so die ursprüngliche Bezeichnung der Ausstellungen.

„Was ist eigentlich eine Bergmannskuh?“ fragten die Borbecker Nachrichten in ihrer Ausgabe vom 11. September 2008 und gaben dann sofort eine Antwort: „Bergmannskühe muhen nicht, sie meckern.“ Im Volksmund wurden Ziegen nämlich ´Bergmannskühe` genannt. Denn Bergleute hielten sich zur Selbstversorgung Nutzgärten, aber auch Tiere wie Schweine und Ziegen. Sie waren Nutztiere, die Milch, Käse und Fleisch lieferten. Professionelle Vieh- und Landwirtschaft blieb den Bauern vorbehalten.

Der Steenkamp Hof möchte die Erinnerung an das enge Zusammenleben von Menschen und Tieren in einer zunehmend industriell geprägten Landschaft wachhalten.

Diese Ziele finden im Werk des Borbecker Schriftstellers Josef Michels eine literarische Entsprechung. Einer seiner Romane feiert in diesem Jahr ein kleines Jubiläum: Vor 85 Jahren erschien 1940 nämlich sein Roman „Flammen im Emscherbruch“.

Josef Michels wurde am 4. Juli 1910 in Borbeck geboren, wo er am Gymnasium Borbeck 1929 sein Abitur bestand. Anschließend studierte er Philosophie, Pädagogik und Germanistik. Mit 23 Jahren wurde er im Jahr 1933 Doktor der Philosophie.

Danach war er als Feuilletonist tätig. Im Zweiten Weltkrieg war er Soldat und wurde schwer verwundet.

Nach Kriegsende nahm er seine Arbeit als freier Schriftsteller und Journalist wieder auf und wirkte später als Dozent an der Universität Hamburg. Ab 1952 war er Leiter der Volkshochschule und des Stadtjugendamtes in Münster und zuletzt Lehrbeauftragter an der Universität Freiburg.

Josef Michels starb am 7. Dezember 1964.

Josef Michels zeichnet seine literarischen Figuren in ihrem persönlichen und beruflichen Umfeld: Der Kumpel aus der Bergbaukolonie und der Stahlkocher werden ebenso porträtiert wie derjenige, der auf einem Bauernhof lebt und arbeitet. Josef Michels stellt seine Figuren in die Zeit des Wandels vom Agrar- zum Industriestaat. Dabei beschreibt er Landschaft als einen vitalen Bestandteil der Industrieregion, was sich in poetischen Bildern äußert.

Dafür steht exemplarisch ein literarischer Gang durch die Borbecker Siepenlandschaft:

Das Elternhaus gehörte zum Weidkamp, wie dieser Teil Borbecks hieß, der in seinem Namen die Erinnerung an das bäuerliche Leben bewahrte. Noch heute lagen zwischen Weidkamp und Düppenberg Bauernhöfe. Da waren Gimkens und Kissmanns Hof, und weiter oberhalb Große- und Kleine-Eggebrecht. Sie trugen die Überlieferung des bäuerlichen Lebens, das einst die ganze Borbecker Mark erfüllte, in die neue Zeit. Man hatte unterhalb von Gimkens Hof einen Weg durch die Wiesen gelegt, der in einen kleinen Wald führte und auf eine Mühle zulief, dann abermals ein kurzes Waldstück durchquerte und in einen kleinen Park mündete. Der Weg, der mit roter Asche betreut war, hieß im Volksmund „Der rote Teppich“. Die Waldstreifen hatten einen schönen Buchenbestand, sie zogen sich an einem sanften Hügel hin, drunten floss ein Wässerlein vorbei, und hinter einer Wiese, die im Sommer voller Blüten war wie alle Herrgottswiesen der Welt, steigt wieder ein Hügel auf. Er bot mit seinen zerstreuten Häuschen, die ihre Blumen- und Nutzgärten hatten, das Bild des stillen Glücks. In dieses Tal drang nur selten ein Laut der Zeit. Das Auge sah nicht über den anmutigen Kranz der Hügel hinaus, und nur vom Schießstand des Schützenvereins am Eingang des Wäldchens drang zuweilen der Widerhall eines Schusses in die Stille und weckte das Gefühl einer tiefen Geborgenheit.

Eine Forderung zur Erhaltung dieser natürlichen Harmonie, die die Borbecker Stadtväter für die Siepentäler („Talmulden“) schon 1914 im Eingemeindungsvertrag mit der Stadt Essen vereinbart hatten, erheben Josef Michels Romane nicht. Für das tägliche Leben wird der Gegensatz zwischen Natur und Industrie nicht als störend empfunden:

„Wir fühlten uns immer wieder zum Bruch hingezogen, und wir trauten uns weiter hinaus, wir wussten, wo die Heide am schönsten blühte, lagen im Heidekraut und träumten in die Sonne hinauf. Voller Gegensätze, voller Geheimnisse und Lockungen ist unsere Heimat.“

Die gebührende Berücksichtigung von Josef Michels Romanen in der deutschen Literaturgeschichte ist nicht zuletzt dem Germanisten Dirk Hallenberger zu verdanken, der die Literatur und Sprache des Ruhrgebiets zu seinem wissenschaftlichen Forschungsschwerpunkt machte. Übrigens: Auch Dirk Hallenberger kommt aus Borbeck, wo er an der Prinzenstraße 1974 sein Abitur ablegte.

Quellen:

Erich Bockemühl: Josef Michels. Mensch und Werk, in: Ruhrländisches Heimatbuch 1954, Essen o. J., S. 30 – 33. Borbecker Nachrichten vom 11. September 2008. Dirk Hallenberger: Industrie und Heimat. Eine Literaturgeschichte des Ruhrgebiets, Essen 2000. Dirk Hallenberger / Walter Wehner: Literarischer Stadtführer Essen. Klartext Verlag, Essen 2002. Josef Michels: Flammen im Emscherbruch. Verlag Karl Alber, München 1940. Klaus Scholz (Hrsg.): Die Essener Bergbaukolonie Schönebeck und ihr Stadtteil. Edition Rainruhr, Essen 2009. Wolfgang Sykorra: Von der Penne in die Welt. Borbecker Porträts. Edition Rainruhr, Essen 2013.

Wolfgang Sykorra

Der Kartenausschnitt oben stammt aus dem in Berlin ca. 1930 veröffentlichten Pharus-Plan, benannt nach dem Verlag, der zahlreiche übersichtliche Stadtpläne herausgab.

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