Vor 10 Jahren: KHV zeigte Bräuche im Jahreslauf

BORBECK. Gestern vor 10 Jahren gab es großen Andrang in der Alten Cuesterey: Die Eröffnung der Ausstellung „`Es ist guter Brauch´ - Bräuche, Feste und Traditionen zwischen Erntedank und Lichtmess“ lockte vom 15. November 2014 bis zum 4. Januar 2015 viele Gäste an den Weidkamp. Schon Ende des Jahres konnte der Kultur-Historische Verein Borbeck e.V. (KHV) bei seiner Jahresausstellung den 1000. Besucher begrüßen. Viele Kinder staunten bei den Führungen mit Heinz Werner Kreul und für die Älteren war es eine Begegnung mit vielen vertrauten Erinnerungen.

Riesenfülle an Exponaten

Denn es gab richtig viel zu gucken und selten zuvor wurde zu diesem Thema eine solche Fülle zusammengetragen: Nach einer Idee von Dr. Baldur Hermans (+16.11.2015) zeigten über 300 Exponate die große Bandbreite des Brauchtums, darunter Bräuche, die heute in Vergessenheit geraten sind. Ab April 2014 machte sich ein großes Team an die Arbeit, sortierte und sammelte, beschriftete und präsentierte. Anschaulich dargestellt gab es viel Informatives über altbekannte traditionelle Feste wie Erntedank, St. Martin, Nikolaus und den zweiten Schutzheiligen der Kirche St. Dionysius, den Wetterpatron Hl. Donatus, die Borbecker „Todesangst-Bruderschaft“ aus dem Jahr 1771, den Hoppeditz und eine im Gewölbekeller der Alten Cuesterey eingerichtete Halloween-Ecke. Der Bogen spannte sich über Martin Luther und die Schutzpatronin der Bergleute St. Barbara, den Advent und Weihnachten, jüdische Bräuche und Silvester bis zum Blasiussegen.

St.Martin - am 11. November auf dem Jahreskalender, oben: Jungen mit selbstgebastelten Laternen

Unten: St. Barbara, Schutzpatronin der Bergleute - am 4. Dezember wird sie gefeiert

Die Kolpingfamilie Borbeck steuerte damals wertvolle Exponate aus ihrem Archiv für ihren Verbandsgründer und Gesellenvater Seliger Adolph Kolping (1813-1865) bei, der am 4. Dezember auf dem Kalender steht und mit eigenen Feiern gebegangen wird

Der Heilige Nikolaus: Der Rauschebart und Gabenbringer für die Kinder am 6. Dezember kommt wie St. Barbara aus der frühchristlichen Tradition in der heutigen Türkei

Oben: St. Luzia am 13. Dezember - die Feste aus Schweden machten die Lichterträgerin besonders bekannt

Ganz im Zeichen christlicher Bräuche standen mit Kugeln und Deko aus Vergangenheit und Gegenwart geschmückte Weihnachtsbäume, Bibeln, Messgewänder und Gesangsbücher aus dem 19. Jahrhundert, ein riesiger Adventskranz aus einem Bauernwagenrad mit 24 Kerzen, reich dekorierte Fahnen und Rosenkränze. Zwei davon überreichten die beiden Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. den Gläubigen bei Audienzen, einer stammt aus dem Nachlass von Heinrich Brauns, der zunächst als Kaplan in Borbeck wirkte und zur Zeit der Weimarer Republik Reichsarbeitsminister war. Auch Krippen durften in der Ausstellung nicht fehlen.

Die Krippe von Kasan

Ein ganz außergewöhnliches Exemplar zog dabei die Blicke besonders auf sich: Es war eine vom Kinderbuchautor und „Räuber Hotzenplotz“-Schöpfer Otfried Preußler in russischer Kriegsgefangenschaft entworfene aus buntem Butterbrotpapier und Dachpappe hergestellte Krippe (Bild oben), die der Borbecker Fredy Kleine-Möllhoff von der Wolga-Stadt Kasan nach Essen schmuggelte. Feldpostbriefe aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, die Borbecker Soldaten zur Weihnachtszeit in die Heimat schickten, ergänzten diesen Themenblock. Zahlreiche historische Fotos mit Szenen, die Borbecker Familien beim Feiern zeigten, komplettieren die Ausstellung in der Alten Cuesterey.

Begleitbroschüre und großes Programm

Eine Begleitbroschüre bot den Besuchern interessante Hintergrundinformationen. Dazu standen zahlreiche Veranstaltungen auf dem Begleitprogramm, wie der damals veröffentlichte Ausstellung-Flyer ausweist: Es gab Vorträge und Gespräche über Geschichte und Botschaft der Weihnachtskrippe, Märchen, den Heiligen Franz von Assisi und „Umbrien – Das grüne Herz Italiens“, Aachen und Karl den Großen“, aber auch Angebote zum aktiven Mitmachen: Sechs- bis zwölfjährige Kinder bastelten mit Hannelore Diekmann, Eleonore Drese und Christa Marré Adventskalender für die (Vor-)Weihnachtszeit, der Imkerverein Essen Borbeck half beim Kerzenmachen, das Advents-Fenster an der Alten Cuesterey eröffnete mit Rezitation, Gesang und Glühwein. Auch musikalisch war einiges geplant, eine St. Barbara-Feier mit Hans-Jochem Figura und Freunden sorgte für „Pütt-Nostalgie“, eine Exkursion stellte Krippen in Kirchhellen vor und mit einem Kammermusikkonzert von Hildegard Immesberger und ihren Freunden klang die Ausstellung aus.

C. Beckmann

Ein YouTube-Video fasste viele Impressionen dieser besonderen Schau zusammen

Artikel:
21.10.2023: 100 Jahre Otfried Preußler. Spur des Schriftstellers führt nach Borbeck
21.12.2020: Die Borbecker Krippe von Otfried Preußler. Vor 80 Jahren entstand die Krippe der Gefangenen von Kasan

Zum Download: „Es ist guter Brauch - Bräuche, Feste und Traditionen zwischen Erntedank und Lichtmess“, BEGLEITER zur Ausstellung, B. Hermans, Chr. Beckmann, P. Johannes Wielgoß SDB, A. Koerner, U.Bohn und Alte Synagoge Essen, 15. November 2014 bis 4. Januar 2015, in der Alten Cuesterey, Essen-Borbeck, Kultur-Historischer Verein Essen-Borbeck e.V.