Aufruf zu Solidarität und zum Gebet

Oberbürgermeister und Superintendentin zum antisemitschen Anschlag in Halle

0 10.10.2019

ESSEN. Zum gestrigen Anschlag auf die Synagoge und den Gewalttaten in Halle hat Marion Greve, Superintendentin des evangelischen Kirchenkreises Essen, heute (10.10.) die folgende Erklärung abgegeben und die Kirchengemeinden gebeten, der Opfer und ihren Angehörigen, den Helfern und allen betroffenen Zeugen in den Gottesdiensten am kommenden Sonntag mit einem stillen Gebet und einer Fürbitte zu gedenken

Marion Greve: "Die Bilder und Nachrichten, die uns aus Halle erreichten, haben mich erschüttert. Das Judentum, das jüdische Leben in Deutschland und hier in Essen steht mir, steht unserer Kirche besonders nahe. Ebenso sind meine Gedanken bei den Menschen, die dieser grausamen Gewalttat zufällig zum Opfer gefallen sind. So bete ich heute für alle Opfer und ihre Angehörigen, für Helfer und alle betroffenen Zeugen – mögen gute, hilfreiche und tröstende Gedanken sie begleiten und stützen. Wohlwissend, dass der Schmerz nicht vergeht und die Folgen schwer sind.

Jetzt, für einen stillen Moment, halten wir inne; das muss sein. Morgen aber muss das Fragen, muss unser Engagement neu beginnen. Das Motiv für diese Tat – der Hass auf Juden, Muslime und alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten – scheint zurzeit ganz offenkundig. Doch was bedeutet das für unsere Gesellschaft, unser Zusammenleben? Für unser eigenes Handeln, für unsere Verantwortung vor der Geschichte, für den Schutz von Menschenrechten und Zivilisation? Wie entsteht diese Form von Grausamkeit und wie können wir sie zukünftig verhindern? Die Antworten auf diese Fragen sind wir den Opfern schuldig.

Aufklärung, Herzensbildung, Ächtung von Gewalt, Aufstehen gegen Stigmatisierung und Vorurteile – entscheidend scheint mir, diese Haltungen immer wieder neu zum Ausdruck zu bringen – auf der Straße, bei einer Gedenkveranstaltung heute Abend, im Freundeskreis, in der Nachbarschaft und in der Kneipe gleich nebenan. Das ist uns durch Jesus Christus und unsere Verantwortung vor Gott aufgegeben, das ist unser Auftrag, dafür stärkt uns auch unser Glaube! Ich bitte alle unsere Kirchengemeinden, den Opfern des Terroranschlags von Halle und ihren Angehörigen, den Helfern und allen betroffenen Zeugen in ihren Gottesdiensten am kommenden Sonntag mit einem stillen Gebet und einer Fürbitte zu gedenken."

Als Zeichen der Solidarität besuchte heute (10. Oktober) Oberbürgermeister Thomas Kufen die Synagoge an der Sedanstraße. Gegenüber dem Vorstand der jüdischen Kultusgemeinde Essen, Jewgenij Budnizkij, machte der Oberbürgermeister seine Betroffenheit deutlich und drückte sein tiefstes Mitgefühl und Beileid aus, insbesondere den Angehörigen der Opfer.

"Unsere Solidarität gehört allen Essenerinnen und Essenern jüdischen Glaubens. In unserem Land und in unserer Stadt gibt es keinen Platz für Antisemitismus und Judenhass", so Oberbürgermeister Thomas Kufen. "Stellvertretend für die ganze Stadt bin ich hier, um Ihnen zu zeigen, dass Sie nicht allein sind und dass die jüdische Gemeinde auf uns zählen kann".

Weiterhin dankte das Stadtoberhaupt allen Einsatzkräften, die für die Sicherheit jüdischer Einrichtungen, auch in Essen, sorgen.

Jewgenij Budnizkij dankte ebenfalls der Essener Polizei, mit denen er und seine Gemeinde seit Jahren einen guten Kontakt pflegen: "Wir fühlen uns hier in Essen sicher. Unsere Sorgen werden ernst genommen und wir danken der Stadt und der Polizei für die gute Zusammenarbeit. Trotz bitterer Erfahrungen und auch vor dem Hintergrund eines solchen Angriffs wollen wir uns nicht verschließen, sondern bleiben, wie in den vielen Jahren zuvor, aktiver Teil der Essener Stadtgesellschaft."

Bei dem Anschlag auf die Synagoge in Halle sind zwei Menschen getötet worden. Die Polizei hat den Täter festgenommen. Er hatte seine Tat gefilmt und ein antisemitisches Manifest veröffentlicht.

Das Foto zeigt den "Engel der Kulturen" am Mirjamhaus in Bergeborbeck. Der Engel  ist ein Kunstprojekt von Carmen Dietrich und Gregor Merten. .  Sie verstehen es als ein Symbol für Toleranz und interreligöses Miteinander  der drei Weltreligionen Christentum, Judentum und Islam. Der Engel der Kulturen soll den Wunsch vieler nach Zusammenleben in Gleichberechtigung und friedlicher Verbundenheit zum Ausdruck bringen und so entschieden rechtsextremen, fremdenfeindlichen, antisemitischen und islamophoben Tendenzen entgegenwirken.

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