So entwickelte sich die Vogelwelt in den letzten zehn Jahren

Der Gerscheder Uwe van Hoorn analysierte die Zahlen der Winterzählungen des NABU

0 27.01.2022

NRW/GERSCHEDE. Eine Menge Arbeit gemacht hat sich der Gerscheder Vogelkundler Uwe von Hoorn. Er hat die Wintervogelzählungen des NABU in NRW von 2012 bis 2022 unter die Lupe genommen und statistische Auswertungen, nicht nur, aber auch unter Gerscheder Gesichtspunkten, gemacht und den Leserinnen und Lesern von borbeck.de zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank! - Bei den Vogelzählungen darf jeder mitmachen. Die nächste bundesweite Zähl-Mitmachaktion läuft vom 13. bis 15. Mai 2022.

Er schreibt:

Es geht hier vorrangig um die Gartenvögel. Deshalb ist die Reihenfolge der nachfolgenden Diagramme danach gewählt, in wieviel Prozent der Gärten eine Art in NRW 2022 vorgekommen ist.*

Basis für die Entwicklungslinien ist das Jahr 2012. Die hellgraue Linie auf den Diagrammen zeigt die zu erwartende Zahl der jeweiligen Art, wenn sie sich mit der Zunahme der Zählstellen (es sind ja auch Parks etc. dabei – trotzdem benutze ich den Begriff „Gärten“) gleichförmig entwickelt hätte.

Selbstverständlich gibt es auch noch andere Einflüsse auf die Entwicklung der Zahlen, wie das Wetter, die möglicherweise schwankende Artenkenntnis der Zählenden, etc. Das nachzuforschen, hätte aber den Rahmen gesprengt. „So viel wie ich weiß“ (sagt nach Hans-Dieter Hüsch der Niederrheiner), gab es aber in diesem Zeitraum Anfang Januar keinen extremen Wintereinbruch.

* Die Häufigkeit steht hier: https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/stunde-der-wintervoegel/ergebnisse/21784.html?jahr=2011&bundesland=Nordrhein-Westfalen&vogelart=Kohlmeise&ort=

Es sticht das Jahr 2021 in den Diagrammen ins Auge: es war das erste Jahr mit Corona-Beschränkungen, viele waren zu Hause und zählten halt mal mit.

Bei der Gesamtvogelzahl ist ein leichter Rückgang gegenüber dem Soll seit 2016 zu sehen.

Ab dem Jahr 2018 kam es bei Amseln zu vielen Todesfällen durch den Usutuvirus.

Kohlmeisen haben in der Vergangenheit Schwankungen gut wieder ausgeglichen.

Im Gegensatz zur Kohlmeise gehen die Bestände der Blaumeise zurück, auch weil seit dem Jahr 2020 viele Blaumeisen an einem Bakterienbefall eingegangen sind.

Das Rotkehlchen ist in 81,36% der Gärten in NRW gemeldet worden und liegt damit einen Hauch vor der Blaumeise, die ich aber zur besseren Vergleichbarkeit auf der Seite der Kohlmeise gelassen habe. Das Rotkehlchen ist eine der wenigen Gewinnerarten bei dieser Auswertung. Es ist im Winter ein Einzelgänger, weshalb nur selten mehr als ein Rotkehlchen pro Garten gezählt wird.

Und so viel zur Mär vieler „Vogelfreunde“, dass die Elstern so stark zugenommen haben. ;-)

Nach Jahren des Rückgangs scheint sich der Bestand des Haussperlings wieder zu stabilisieren. Was ich aus dem eigenen Garten bestätigen kann: bis zu 50 von ihnen fordern täglich ihr Büfett.

Eigentlich hätte ich erwartet, dass in diesem Jahr mehr Buchfinken in den Gärten Futter suchen, da die „Buchenmast“ (Bucheckern), ihre Winterspeisung, in diesem Jahr so gut wie ausgeblieben ist Die Abnahme seit 2019 ist alarmierend und die Art sollte besonders gut beobachtet werden.

Die Ringeltaube erkennen auch nicht so versierte Vogelbeobachter und sie gibt es auch schon mal in größerer Zahl an einem Platz. Sicher werden auch die seltenen Hohltauben oft als diese Art gezählt.

Buntspechte sind 2022 auch bundesweit deutlich häufiger gezählt worden als zuvor. Sie haben ein großes Nahrungsspektrum, was der Art sehr hilft über die Winterzeit zu kommen. Und auch mein persönlicher Eindruck ist, dass sowohl der Bunt- wie auch der Grünspecht im Bestand zunehmen, was für andere Spechtarten aber nicht zutrifft. Kleinspechte z.B. sind in Essen inzwischen eine Rarität.

Auch der Eichelhäher kommt vermehrt in die Gärten, wenn es, wie in diesem Jahr, zu wenige Eicheln, Nüsse und Bucheckern gibt. Er ist wie alle Rabenvögel sehr gut darin, sich neue Nahrungsquellen zu erschließen. Und auch er wird von Laien gut erkannt.

Eigentlich ist der Kleiber auch eher ein Waldvogel. Wie gesagt: dort gibt´s in manchen Jahren wenig zu holen und dann kommt er vermehrt an die Futterhäuser.

Auch von den Rabenkrähen wird gerne behauptet, sie würden zu stark zunehmen. Die Zählungen im Winter in den Gärten sind dafür als Beweis unbrauchbar. Es gibt Wintertags gerade im Bereich der Schlafbäume Ansammlungen von Rabenkrähen und Dohlen. Zur Brutzeit verteidigt jedes Paar sein Revier.

Nach einem guten Jahr 2013 brach der Bestand in den Folgejahren durch den verstärkten Befall der Grünlinge mit Trichomonaden ein und erholte sich nicht wirklich wieder. Natürlich auch wegen fehlenden Sämereien. Alarmierend! Das traurigste Beispiel bei den hier behandelten Gartenvögeln.

Die Heckenbraunelle wird von vielen ungeübten Gartenbesitzern gerne für einen Spatz gehalten. Als Vogel der sein (oft fehlendes) Insektenfutter überwiegend am Boden sucht, ist sie leider durch streunende Katzen sehr gefährdet. Katzen sind eh ein nicht zu unterschätzendes Problem für Gartenvögel. Halsbänder mit Glöckchen könnten helfen, sind der Katze aber sicher ein Graus.

Nach den Beobachtungen vieler Ornithologen in den Städten gehen die Bestände der Feldsperlinge dort zurück (auf dem Essener Stadtgebiet inzwischen eine Seltenheit). Im Gesamtbestand in NRW scheinen die ländlichen Bereiche das aber tlw. auszugleichen. Trotzdem ein deutlicher Rückgang.

Auch beim Gimpel gibt es regional sehr unterschiedliche Bestandsentwicklungen. Im Essener Nordwesten ist er eher an den Bahntrassen und in strukturreichen Parks zu finden. Den erkennbaren Rückgang seit 2019 merken wir auch im eigenen Garten – trotz geplanter Wildnis. Inzwischen ein wirklich seltener Gast, vor 2019 gerne im Winter an der Vogelfütterung (manchmal mit dem ganzen Familienverband) oder im Sommer an den Sämereien, z.B. von der Zitronenmelisse.

Unser „kleiner König“ ist eher heimlich unterwegs, weshalb er sehr oft übersehen wird. Ich nenne den Zaukönig auch gerne „die fliegende Maus“, weil er so durch die wilden Ecken im Garten saust. Häufig ist er eher zu hören als zu sehen. Auffällig ist, dass die Zahl in diesem Jahr extrem aus dem Rahmen fällt. Es gilt zu beobachten, ob sich da ein Problem auftut. Denn am „harten Winter“, der dem kleinen Kerl manchmal zu schaffen macht, kann es in diesem Jahr ja nicht liegen.

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