Schuldnerhilfe Essen setzt auf Prävention

Überschuldung entwickelt sich in Essen immer weiter zum Massenphänomen

0 20.05.2019

(Presse Stadt Essen). Erneut ist im Vergleich zum Vorjahr die Anzahl der überschuldeten Personen in Essen deutlich angestiegen. 70.000 Bürgerinnen und Bürger über 18 Jahre befinden sich in einer ernsthaften finanziellen Schieflage. Diese Zahlen registrierte die Schuldnerhilfe Essen gGmbH, die 2018 rund 2.600 Personen beriet und ihnen dabei half, ihre Finanzen wieder in den Griff zu bekommen. Die Ratsuchenden, die sich an die Tochtergesellschaft der AWO Essen wandten, waren mit durchschnittlich etwa 27.000 Euro verschuldet.

Überschuldung hat sich längst zu einem gesellschaftlichen Massenphänomen entwickelt. Ein Rückgang der Privatverschuldung ist nicht in Sicht. Auf diese besorgniserregende Entwicklung wies Philipp Hennen, Geschäftsführer der Schuldnerhilfe Essen, bei der Übergabe des Jahresberichts an Oberbürgermeister Kufen hin. Die Anzahl der betroffenen Personen ist im vergangenen Jahr erneut angestiegen, 14 Prozent aller Essener Bürgerinnen und Bürger über 18 Jahren sind laut Schuldneratlas der Creditreform überschuldet und können ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Das ist eine erneute Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Die Dunkelziffer der Überschuldung liegt allerdings noch deutlich höher, erläuterte Philipp Hennen. Beschäftigte im Niedriglohnsektor, Teilzeitkräfte und Alleinerziehende sind einem besonders hohen Überschuldungsrisiko ausgesetzt. Haushaltsangehörige, insbesondere minderjährige Kinder, leiden ebenfalls unter den Auswirkungen der Überschuldung und werden von den gängigen Überschuldungsstatistiken nicht erfasst.

Knapp 2.600 Personen konnten im vergangenen Jahr durch die Schuldnerhilfe Essen beraten und unterstützt werden. „Unsere Beratungsstelle war im vergangenen Jahr erneut komplett ausgelastet, der Bedarf an Beratung ist ungebrochen hoch“ so Hennen. Auf Grund der hohen Nachfrage müssen Ratsuchende für eine ausführliche Beratung und Begleitung bei der Schuldenregulierung Wartezeiten in Kauf nehmen. Für Notfälle bietet die Schuldnerhilfe jedoch 1 Mal wöchentlich eine offene Sprechstunde an, hier können akute Schuldenprobleme zeitnah besprochen und das weitere Vorgehen zur Sicherung der Existenz geklärt werden. Auch wenn die Nachfrage weiterhin hoch ist, wird die Beratungsstelle die hohen Fallzahlen im laufenden Jahr wohl nicht halten können. Aufgrund steigender Kosten und auslaufender Projektgelder musste die Anzahl der Beratungskräfte reduziert werden. Dies wird sich auf die Fallzahlen auswirken.

„Gerade die klassische Beratungsarbeit der Schuldnerhilfe, die allen Bürgerinnen und Bürgern in Essen offensteht, leistet bereits seit Jahren eine sehr gute Arbeit“, so Oberbürgermeister Thomas Kufen. „Die steigenden Fallzahlen gerade bei jungen Menschen zeigen, dass eine unkomplizierte Beratung weiterhin notwendig ist. Der Weg aus der Schuldenfalle ist für viele Betroffene nicht leicht. Deshalb ist es wichtig, dass Unterstützung von mehreren Seiten kommt, beispielsweise auch in Kooperation mit dem Jugendamt der Stadt Essen.“

Reform der Verbraucherinsolvenzverfahren

Für den Bereich der Privatinsolvenzen erwartet die Schuldnerhilfe einige wesentliche Veränderungen. Die EU hat eine europaweite Verkürzung der Verfahrensdauer bei Privatinsolvenzen beschlossen, wonach eine Schuldenbefreiung in der Regel bereits nach drei anstatt den bisher üblichen sechs Jahren erfolgt. Eine Änderung der deutschen Insolvenzordnung muss allerdings noch erfolgen, dies kann noch 2-3 Jahre dauern.

In 2018 wurde in 352 Fällen ein Insolvenzverfahren für Ratsuchende mit Unterstützung der Schuldnerhilfe Essen beantragt. Voraussichtlich wird diese Zahl auf Grund der EU Reformen etwas zurückgehen, da einige Ratsuchende die mögliche Verkürzung der Verfahrenslaufzeit abwarten möchten. Die Schuldnerhilfe Essen bietet in diesem Jahr wieder regelmäßig Informationsveranstaltungen zum Verbraucherinsolvenzverfahren an, bei denen sich Essener Bürgerinnen und Bürger unverbindlich informieren können.

Angesichts der zunehmenden Überschuldung setzte die Schuldnerhilfe auch im vergangenen Jahr einen Schwerpunkt im Bereich der Schuldenprävention. Über 600 Jugendliche und junge Erwachsene wurden durch die Präventionsfachkräfte im vergangenen Jahr im Bereich der Schuldenvorbeugung fit gemacht. Mit finanzieller Unterstützung durch das Jugendamt der Stadt Essen konnte zusätzlich der „Finanzführerschein“, ein Angebot zur finanziellen Bildung und Schuldenvorbeugung für Jugendliche und junge Erwachsene, komplett überarbeitet und neu aufgelegt werden. Auch eine Methodensammlung zur finanziellen Allgemeinbildung wurde erstellt und kann ebenso wie der Finanzführerschein von Fachkräften aus Jugendhilfe und Schule über die Beratungsstelle bezogen werden und in der Arbeit mit jungen Menschen eingesetzt werden.

Die Schuldnerhilfe Essen gGmbH ist eine gemeinnützige Tochtergesellschaft der AWO Essen. Seit über 30 Jahren bietet die Schuldnerhilfe Rat und Unterstützung für Menschen mit Schuldenproblemen in Essen. Aktuell sind bei der Schuldnerhilfe zwölf Beratungskräfte und drei Verwaltungskräfte mit unterschiedlichen Stellenanteilen tätig. Das Beratungsteam setzt sich aus Juristinnen und Sozialarbeiter/innen zusammen. Die Schuldnerhilfe Essen ist eine vom Land Nordrhein-Westfalen anerkannte Stelle für die Durchführung von Verbraucherinsolvenzberatung. Auf Grund der Bildungs- und Präventionsangebote ist die Schuldnerhilfe Essen ebenfalls anerkannter Träger der Jugendhilfe.

Sprechzeiten ohne Terminvereinbarung:

Dienstags 9:30 – 12 Uhr (Anmeldung ab 9 Uhr)

Telefonische Erreichbarkeit:
Montag bis Mittwoch 9-12 und 14-16 Uhr
Donnerstag 9-12 und 14-17 Uhr
Freitag 9-12

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