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0 28.04.2023
BORBECK. Knapp sieben Monate sind seit der letzten Bürgerversammlung zur Zukunft von Schloss Borbeck vergangen. Hatte damals der Borbecker Bürger- und Verkehrsverein (BBVV) zur Debatte geladen, luden nun die beteiligten Verwaltungsstellen selbst ein. Gut 30 Vertreter von Gruppen, Vereinen, Parteien, baufachkundige Architekten und interessierte Bürger waren am Mittwochabend, 26. April, im Residenzsaal versammelt. Und viele stellte sich die Frage: Gibt es Fortschritte, Konzepte, etwa schon konkrete Vorschläge zu besprechen, wie sind die Dinge gediehen? Schon vorab: Wer zu viel erwartet hatte, war möglicherweise enttäuscht. Denn die Dinge bleiben insgesamt offensichtlich mehr als kompliziert.
„Am Ende wollen wir ein gut geführtes Haus, gute Nutzung für möglichst viele, an möglichst vielen Tagen im Jahr“ – das machte Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain, (Geschäftsbereichsvorstand 4, Jugend, Kultur und Bildung) gleich zu Beginn deutlich. Er stellte sich mit Kulturamtsleiterin Anja Herzberg und den Vertretern der Bau- und Immobilienverwaltung der Stadt, Gregor Arnold und Michael Lemke, der Debatte. Bevor nach Schadensaufnahme und Gutachten die Ausführung von Bausanierung und neuen Nutzungsmöglichkeiten geplant werde, wolle man die Wünsche vor Ort berücksichtigen: „Ergebnisoffen“ sei das Gespräch, beschlossen werde nichts, so Al Ghusain. So blieben auch die angekündigten Grundinformationen zum Stand der einzelnen Geschossflächen, geplanten Nutzern und in den Ämtern diskutierte Varianten an diesem Abend eher allgemein.
Denn im Grunde hängt alles tatsächlich an einer entscheidenden Frage. Und sie ist ganz grundsätzlich entscheidend für den Aufwand der Bauplanung, der Kosten, für die Kultur und die Aktionsbereiche im Haus, nicht zuletzt aber eben für die potenziellen Nutzer selbst. Genau diese Frage ließ aus dem Plenum auch nicht lange auf sich warten: Gibt es den Plan für eine funktionierende, kommerziell betriebene, verlässliche Gastronomie im Schloss - oder nicht?
Viele Wortmeldungen unterstrichen die über Jahre und Jahrzehnte gemachten guten Erfahrungen mit den Schlosswirten, die gute Ansprechbarkeit und Abstimmung mit dem Kulturbetrieb, auf den man im Haus ebenso wenig verzichten wolle wie auf die historische Dauerausstellung. Ob Schützen, akademische Veranstaltungen, überregionale berufliche Zusammenschlüsse, Karnevalsvereine und unzählige private Festlichkeiten – sie alle hatten einmal hier ihre Heimat, betonten viele Wortmeldungen. Und als ein wichtiges Standbein für eine Gastronomie sollten Hochzeiten im Traubereich ebenfalls weiter möglich sein: Der gelungene Kompromiss in der Standesamtfrage, für die örtlichen Vereinigungen vor vielen Jahren bis zum Verwaltungsgericht gestritten hatten, sorge für eine gute Auslastung und eine emotionale Bindung vieler Menschen an Schloss und Park, hieß es. Für viele überraschend: Als engagierte Kronzeugin ergriff auch die ehemalige Pächterin Ingrid Kleine-Möllhoff das Wort, die von 2000-2015 mit ihrem Ehemann Manfred das Haus führte. Beredt stellte sie klar: Eine gelungene Koexistenz und Zusammenarbeit von Gastronomie und Kultur, Umfeld und Ämtern, all dies ist in diesem Haus möglich – zum Nutzen aller Beteiligten.
Unverzichtbar für eine funktionierende Gastronomie, so unterstrichen die Wortmeldungen wiederholt, sei allerdings eine gute Abstimmung mit dem Kulturbetrieb, der dringend auch eine entsprechende Nutzung des renovierten Wirtschaftsgebäudes einschließen müsse. Dazu sei die klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten im Haus notwendig. Nicht zuletzt müsse auch ein entsprechender Stellenplan eine optimale Nutzung für alle Aktivitäten am Schloss sicherstellen. Für Thomas Banzhaf, Vertreter des Fördervereins Schloss Borbeck, eine klare Sache: Das große Potenzial von Schloss, Wirtschaftsgebäude und Arena könne stadtweit kaum übersehen werden. Und er bot gerne an, in dieser Frage allen Beteiligten eine Plattform zu bieten.
Stellten sich der Diskussion (v.l.) Gregor Arnold und Michael Lemke von der Bau- und Immobilienverwaltung der Stadt, Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain und Kulturamtsleiterin Anja Herzberg
Dass vieles im Fluss ist, dürfte jedem und jeder bewusst sein: Die nach damaliger Entwurfsplanung im September 2023 noch bei 13,5 Millionen Euro angesetzten Kosten dürften sich inzwischen deutlich erhöht haben. Die Umsetzung der Baumaßnahmen waren nach den europaweiten Ausschreibungen für das Jahr 2024/25 angepeilt. Umso spürbarer der Schreckmoment am Mittwochabend. Denn selbst wer sich auf einen längeren Prozess eingestellt hatte, sah es nun auf der Grafik: Wenn im Dezember 2023 entscheidungsreife Planungsvarianten vor allem für den Bereich des Erd- und Untergeschosses inklusive der Außenterrasse vorlägen, könne der Rat der Stadt zum Mai/Juni kommenden Jahres die weitere Feinplanung beauftragen. Im August 2025 würde die Genehmigung der Ausführung erfolgen, im März 2027 sei dann der Abschluss der Ausschreibungen vorgesehen, um im April 2028 die Fertigstellung zu erreichen. „Nur vorläufige Überlegungen“, so die Immobilienverwaltung, alles sei noch in Bewegung. Dass das Schlossgebäude in diesem Fall dann zehn Jahre lang nur mit halber Kraft betrieben worden sein wird, dürfte allerdings angesichts der offensichtlichen Bauschäden nicht gerade förderlich sein. Allerdings könne man die Zeit auch produktiv nutzen, um jetzt nach dem Umbau des Obergeschosses 2004 die Flächen im Erdgeschoss zu überplanen, so Architekt Arndt Brüning, Vorstandsmitglied der Stiftung Schloß Borbeck.
Weiter offen blieb die Frage nach der Möglichkeit zur Nutzung des Schloss-Saals in den nächsten Jahren – auch ohne Gastronomie, eventuell mit einer Catering-Lösung. Wie deutlich wurde, sollte die Antwort darauf wohl besser nicht auf die lange Bank geschoben werden. Denn auch diese Anhörung machte deutlich: Die Borbecker wollen ihr Schloss wiederhaben. Renoviert, nachhaltig baulich in Stand gesetzt und so, wie es nach vielen Kompromissen und Debatten früherer Jahre zuletzt genutzt wurde. Als Haus und Baudenkmal, das seine historische Bedeutung deutlich macht, in dem frohe Feste möglich sind, in dem man heiraten, sich weiterbilden und hautnah kulturellen Highlights begegnen kann. Nicht ganz einfach auf der zur Verfügung stehenden Fläche, aber sicher machbar, wenn mit einem guten Management im größeren kulturellen Zentrum „Schloss und Park Borbeck“ alles zusammenpasst. Auch wenn die gesamte Maßnahme nun mal ihre Zeit dauert und solange Verzicht geübt werden muss: Alle sollten auf dem Weg mitgenommen werden – umso größer wird zweifellos das Fest zur vollständige Wiederinbetriebnahme sein.
Dass angesichts der vielen Problemstellungen von den verantwortlichen Ämtern jetzt endlich das Gespräch initiiert wurde, sei ein gutes Zeichen, betonte Susanne Asche für den Borbecker Bürger- und Verkehrsverein (BBVV) und dankte herzlich allen, die sich der öffentlichen Betragung stellten.
cb
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