Schloß Borbeck: Erneute Einladung zur Bürgerversammlung

Treffen am Montag, 30. Oktober, im Residenzsaal am Schlossplatz 1

0 22.10.2023

BORBECK. „Ja, es gibt eine Zukunft für Schloss Borbeck. So lautet die Kurzversion einer ersten Bilanz des Informationsabends, der sich mit dem Stand der Dinge rund um das historische Ensemble des Kulturzentrums auseinandersetzte.“ So hieß es in der Berichterstattung am 26. September 2022 - vor einem Jahr. Geschehen ist seitdem nichts. Oder doch?

EINLADUNG

Die „Zukünftige Nutzung von Schloß Borbeck“ steht jetzt erneut im Mittelpunkt einer Bürgerversammlung,
zu der am Montag, 30. Oktober, der Borbecker Bürger- und Verkehrsverein e.V. und der Förderverein Schloß Borbeck e.V. gemeinsam einladen. Sie beginnt um 19:00 Uhr im Residenzsaal Schloß Borbeck, Schlossplatz 1, 45355 Essen.

„Nach der Schließung der Gastronomie Schloß Borbeck sind mehr als drei Jahre vergangen“, erinnerte ein Brief an die Mitglieder und Freunde von Schloß Borbeck: „Mittlerweile hat die Stadt Essen die Planung der anstehenden Generalsanierung des Haupthauses aufgenommen“, so das von Susanne Asche (BBVV e.V.) und Thomas Banzhaf (Förderverein Schloss e.V.) unterzeichnete Schreiben. „Im Zuge der umfassenden Renovierung des ehemaligen Gastronomiebereichs sollen der Politik nun verschiedene Nutzungsvarianten für das Erd- und Untergeschoss vorgelegt werden. In diesen Entscheidungsprozess wollen wir gern unsere gemeinsame Borbecker Stimme einbringen", stellen die Bürgerinitiativen klar.

Schloß Borbeck sei nicht allein Kulturzentrum, heißt es, sondern in langer Tradition auch ein Haus der Borbecker Bürger für Festveranstaltungen der Vereine, Familien- und Hochzeitsfeiern sowie private Begegnung. „Wir wollen mit Ihnen gemeinsam diskutieren, welche Nutzungen in Schloß Borbeck aus Borbecker Sicht auch in Zukunft wichtig sind und welche baulichen und konzeptionellen Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssen. Gern würden wir dabei auch das Ensemble Schloß Borbeck mit dem Wirtschaftsgebäude, dem Schlosspark und der Schloss-Arena einbeziehen.“

Dazu wird herzlich eingeladen.

Das Schloss – Kurze Chronik einer alten Geschichte

Schloss Borbeck geht auf einen erstmals 869 urkundlich erwähnten fränkischen Oberhof zurück. Die daraus entstandene Wasserburg des Rittersitzes wurde 1288 von den Essener Fürstäbtissinnen übernommen, neu gebaut und zu Beginn des 14. Jahrhunderts sowohl bevorzugte Residenz als auch Gerichtsort und später Prägestätte für Münzen des Stiftes. Um 1600 ist die mehrfach zerstörte und umgebaute Anlage feste Wohnstätte, um 1650 folgt die Neuerrichtung des Haupthauses im Stil der Renaissance. Die heutige Gestalt geht auf die Fürstäbtissin Franziska Christine von Pfalz-Sulzbach zurück: Sie ließ 1744-1762 das Gebäude und den Schlosspark in barockem Stil erweitern.

Nach Aufhebung des Stifts unter Napoleon und Vereinnahmung durch Preußen ging das Borbecker Ensemble mit Schloss, Park und Hofgebäuden 1826 an Reichsfreiherr Clemens von Fürstenberg. Die Wassergräben der alten Vorburg wurden eingeebnet und ein neues klassizistisches Wirtschaftsgebäude errichtet. Die ab 1879 auf Schloss Hugenpoet in Essen-Kettwig ansässige Familie übereignete Bauten und Gelände 1941 an die Stadt Essen. In den Gebäuden, die die Kriegsjahre ohne Schaden überstanden hatten, entstanden zunächst Notwohnungen für Ausgebombte und Flüchtlinge. Nach Umbauten nutzte die Stadt das Gebäude als Büroräume der Stadtverwaltung, für die ersten städtischen Dienststellen wie Meldestelle und Gartenamt, Stadtarztstelle, Einwohnermeldeamt und Standesamt. Bei den dazu vorgenommenen Baumaßnahmen ging die gesamte historische Bausubstanz des Innenbereichs verloren - bis auf den Gewölbekellers und einige dekorative Innenelemente von Schloss Horst.

Im Frühjahr 1954 setzten erste Maßnahmen zur Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes ein, die umfassende Renovierung begann jedoch erst im Jahre 1958. Im Mai 1960 zogen die Stadtarztstellen für Borbeck und Bergeborbeck sowie die Schulzahnklinik hier ein. Im Wirtschaftsgebäude wurde kurzfristig der Kindergarten von St. Maria Immaculata untergebracht. Vor den Umbau- und Renovierungsarbeiten beschloss die Stadt, den Marstall samt Remise – den an das Wirtschaftsgebäude anschließenden gesamten landwirtschaftlich genutzten Komplex - verfallen zu lassen und abzureißen. Nachdem die Dienststellen in den 1970er Jahren in ein neues Verwaltungsgebäude am Germaniaplatz umgezogen waren, blieben die obere Etage des Schlosses und sein Nebengebäude lange Zeit ungenutzt.

Im August 1979 begannen erste Planungen für ein „Kulturzentrum Schloß Borbeck“ mit musisch-kulturellem Schwerpunkt. Das von der Stadt Essen vorgestellte Planungskonzept „Ein Schloss für Bürger“ sah unter anderem neben dem gastronomischen Betrieb die Bereitstellung von Gruppen- und Gesellschaftsräumen vor, die morgens für die Jugendmusikschule und abends für die örtlichen Vereine zur Verfügung stehen sollten. Zudem wurden kleine Gäste-Wohnungen für Künstler eingerichtet. Im ehemaligen Wirtschaftsgebäude eröffnete am 6. Februar 1982 das „Bürgerzentrum Schloß Borbeck“ mit Altentagesstätte, Ausstellungsräumen, Künstlerwerkstätten und Vorführräumen. Seit 1983 dient Schloss Borbeck so als Kultur- und Begegnungsstätte für die Essener Bürgerschaft: Der musikalische Nachwuchs belegt hier Kurse der Folkwang-Musikschule und auch die Volkshochschule Essen nutzt das ehemalige Wirtschaftsgebäude regelmäßig für Ausstellungen und handwerkliche Kurse.

Das Schlossgebäude steht seit Februar 1985 unter Denkmalschutz, im Dezember 1998 wurde auch das gesamte Schlossgelände als Bodendenkmal ausgewiesen, da unterirdisch bauliche Reste der Vorgängerbauten vermutet werden. Der historische Ort selbst wurde nach umfangreichen Renovierungsarbeiten in den Jahren 2004 bis 2006 Gegenstand der historischen Dauerausstellung „Schloß Borbeck und die Fürstäbtissinnen“: Sie gibt im oberen Stockwerk des Schlosses einen Überblick zur fast 1000-jährigen Geschichte des Essener Frauenstifts. Zudem finden im Schloss Konzerte und Vorträge statt.

Als Sitz des Borbecker Standesamtes mit einem eigenen Trauzimmer dient das Schloss nicht zuletzt auch Heiratswilligen als besonderer Ort für eine festliche standesamtliche Trauung: Das seit 1978 im neuen Verwaltungsgebäude in Borbeck-Mitte ansässige Standesamt war 1986 in das Eckgebäude an der Kreuzung Markstraße/Schmale Straße verlegt worden, nun kam der Traubereich 1996 im Zuge der Renovierung von Schloss Borbeck zurück ins Schloss Borbeck. Im Mai 1996 fand die erste Trauung statt. Als Ende 1999 bekannt wurde, dass das Standesamt aus Kostengründen ganz geschlossen werden sollte, regte sich heftiger Widerstand in Borbeck. Das Standesamt kam im Februar 2000 in das Gildehof-Center, der Traubereich konnte auch Dank des Einsatzes des Borbecker Bürger- und Verkehrsvereins im Schloss erhalten werden. Er wurde im März 2006 vom damaligen Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Reiniger seiner Bestimmung übergeben. Seitdem wird die wiederhergestellte und mit historischen Möbeln und Gemälden ausgestattete Hauskapelle wieder für Trauungen genutzt.

Rund vier Jahrzehnte sorgten Gastronomie, Kulturangebote und Schlosspark am Standort für eine gelungene Mischung: Die „gute Stube von Essen“, hochkarätige Kulturevents und die 2018 erfolgte Wiederherstellung des ursprünglich englischen Landschaftsparks wurden ab März 2018 mit der für 4,7 Millionen Euro durchgeführten Grundsanierung des klassizistischen Wirtschaftsgebäudes ergänzt. Ursprünglich war dessen Sanierung des Wirtschaftsgebäudes am Schloß Borbeck für rund 3 Millionen Euro vom Rat der Stadt Essen im März 2017 beschlossen worden, der Baubeginn verschob sich wegen Schadstoffbelastung auf März 2018. Als das Projekt im September 2020 abgeschlossen war, stand inzwischen allerdings bereits auch die Schlossgastronomie schon mehrere Monate leer: Das Restaurant mit Kellergeschoss und Teichterrasse, das in Anlehnung an die alte Tradition der Münzprägung auf Schloss Borbeck „Zur Münze“ hieß, wurde Anfang 2020 nach Feststellung gravierender baulicher Mängel geschlossen.

Für Schloss und Schlossteich wurde seitens der Stadt ein Architekturbüro mit der Bestandsaufnahme der Gebäudesubstanz, des Zustands der haustechnischen Anlagen sowie der Entwurf eines Sanierungskonzeptes unter Berücksichtigung denkmalpflegerischer Aspekte beauftragt. Das auf 700.000 Euro beziffert Gutachten lag Ende Mai 2022 vor. Zu den Sanierungsmaßnahmen gehörten etwa die Erneuerung von Decken- und Wandbelägen, Fassadenreinigung und -anstrich, die Sanierung der Oberböden und der Terrasse sowie die Überholung technischer Anlagen und Installationen wie Aufzug, Wasser, Heizung, Sanitär, Lüftungstechnik, Elektroinstallation, Grundleitungen auf einen zeitgemäßen Standard. Am 15.09.2022 beschloss der Ausschuss für Stadtentwicklung, -planung und Bauen die Generalsanierung des denkmalgeschützten Schlosses. Für den Kostenrahmen wurden rund 13,6 Millionen Euro ermittelt, für den Zeitraum bis zur Fertigstellung rund drei Jahre - von der Ausschreibung über die Vergabe bis zur Beauftragung und Ausführung der Sanierungsmaßnahme. Die Umsetzung der Generalsanierung sollte nach den damaligen Planungen 2024 und 2025 erfolgen.

Vor einem Jahr informierten Muchtar Al Ghusain, (Geschäftsbereichsvorstand 4, Jugend, Kultur und Bildung), Dr. Ecevit Agu (Leiter der Immobilienwirtschaft Essen) und Anja Herzberg (Leiterin des Kulturamts Essen) über die Pläne zur Generalsanierung

Am 26. September 2022 luden der Borbecker Bürger- und Verkehrsverein e.V. (BBVV) und der Förderverein Schloß Borbeck e.V. unter dem Titel „Wie geht es weiter im Schloss Borbeck?“ in den Residenzsaal. „Mehr als 20 Monate liegen die Gastronomie und das Erdgeschoss im Schloß Borbeck nun schon brach“, so die Einlader: „Da sind die jetzt aufgenommenen Pläne der Stadt zu einer Generalsanierung eine gute Botschaft. Doch Umfang und Kosten der beschriebenen Maßnahmen werfen Fragen zu den Folgen für das Kulturzentrum und die zukünftigen Nutzungen im Schloss auf. Lange Schließungen, dauerhafte Beschränkungen und Stillstand darf es nicht geben.“ Als Vertreter der Stadtverwaltung stellen sich Muchtar Al Ghusain, (Geschäftsbereichsvorstand 4, Jugend, Kultur und Bildung), Dr. Ecevit Agu (Leiter der Immobilienwirtschaft Essen) und Anja Herzberg (Leiterin des Kulturamts Essen) der Debatte und informierten über die Pläne zur Generalsanierung und die Folgen für das Kulturzentrum. Der nächste Planungsabschnitt sei bis zum Ende des 1. Quartals 2023 vorgegeben, hieß es, um Einrichtungen, Nutzer, Gruppen und Vereine in die konzeptionelle Planung einzubringen.

Stellten sich der Diskussion am 26. April 2023 (v.l.) Gregor Arnold und Michael Lemke von der Bau- und Immobilienverwaltung der Stadt, Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain und Kulturamtsleiterin Anja Herzberg

Am 26.04.2023 informierten Kultur- und Bauverwaltung der Stadt Essen – entsprechend dem Wunsch der letzten Versammlung - in einer weiteren Bürgerversammlung im Residenzsaal zum Stand der Entwicklung auf Schloß Borbeck. In der Debatte mit Muchtar Al Ghusain (Geschäftsbereichsvorstand Jugend, Bildung und Kultur), Anja Herzberg (Fachbereichsleitung Kulturamt und Schloß Borbeck) und Michael Lemke (Abteilungsleitung der Immobilienwirtschaft, Neu-, Um- und Erweiterungsbau) standen alle Aspekte auf der Tagesordnung.

Die angekündigten Grundinformationen zum Stand der einzelnen Geschossflächen, geplanten Nutzern und in den Ämtern diskutierte Varianten blieben an diesem Abend eher allgemein bzw. unklar. „Schloss-Sanierung: Vieles ist weiter offen. Bis 2028 könnte es im Schloss Borbeck auf jeden Fall dauern“, hieß es damals. Doch die aus der Bürgerschaft eingebrachten Forderungen waren erneut umso klarer:

„Viele Wortmeldungen unterstrichen die über Jahre und Jahrzehnte gemachten guten Erfahrungen mit den Schlosswirten, die gute Ansprechbarkeit und Abstimmung mit dem Kulturbetrieb, auf den man im Haus ebenso wenig verzichten wolle wie auf die historische Dauerausstellung. Ob Schützen, akademische Veranstaltungen, überregionale berufliche Zusammenschlüsse, Karnevalsvereine und unzählige private Festlichkeiten – sie alle hatten einmal hier ihre Heimat, betonten viele. Und als ein wichtiges Standbein für eine Gastronomie sollten Hochzeiten im Traubereich ebenfalls weiter möglich sein: Der gelungene Kompromiss in der Standesamtfrage, für die örtlichen Vereinigungen vor vielen Jahren bis zum Verwaltungsgericht gestritten hatten, sorge für eine gute Auslastung und eine emotionale Bindung vieler Menschen an Schloss und Park, hieß es. Für viele überraschend: Als engagierte Kronzeugin ergriff auch die ehemalige Pächterin Ingrid Kleine-Möllhoff das Wort, die von 2000-2015 mit ihrem Ehemann Manfred das Haus führte. Beredt stellte sie klar: Eine gelungene Koexistenz und Zusammenarbeit von Gastronomie und Kultur, Umfeld und Ämtern, all dies ist in diesem Haus möglich – zum Nutzen aller Beteiligten.

Unverzichtbar für eine funktionierende Gastronomie, so unterstrichen die Wortmeldungen wiederholt, sei allerdings eine gute Abstimmung mit dem Kulturbetrieb, der dringend auch eine entsprechende Nutzung des renovierten Wirtschaftsgebäudes einschließen müsse. Dazu sei die klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten im Haus notwendig. Nicht zuletzt müsse auch ein entsprechender Stellenplan eine optimale Nutzung für alle Aktivitäten am Schloss sicherstellen. Für Thomas Banzhaf, Vertreter des Fördervereins Schloss Borbeck, eine klare Sache: Das große Potenzial von Schloss, Wirtschaftsgebäude und Arena könne stadtweit kaum übersehen werden. Und er bot gerne an, in dieser Frage allen Beteiligten eine Plattform zu bieten. ..

(…) auch diese Anhörung machte deutlich: Die Borbecker wollen ihr Schloss wiederhaben. Renoviert, nachhaltig baulich in Stand gesetzt und so, wie es nach vielen Kompromissen und Debatten früherer Jahre zuletzt genutzt wurde. Als Haus und Baudenkmal, das seine historische Bedeutung deutlich macht, in dem frohe Feste möglich sind, in dem man heiraten, sich weiterbilden und hautnah kulturellen Highlights begegnen kann. Nicht ganz einfach auf der zur Verfügung stehenden Fläche, aber sicher machbar, wenn mit einem guten Management im größeren kulturellen Zentrum „Schloss und Park Borbeck“ alles zusammenpasst. Auch wenn die gesamte Maßnahme nun mal ihre Zeit dauert und solange Verzicht geübt werden muss: Alle sollten auf dem Weg mitgenommen werden – umso größer wird zweifellos das Fest zur vollständige Wiederinbetriebnahme sein.“

Die bislang bekannte geplante Zeitschiene: Nach Stand der Dinge sollen im Dezember 2023 entscheidungsreife Planungsvarianten vor allem für den Bereich des Erd- und Untergeschosses inklusive der Außenterrasse vorliegen. Damit könne der Rat der Stadt zum Mai/Juni kommenden Jahres die weitere Feinplanung beauftragen. Im August 2025 würde die Genehmigung der Ausführung erfolgen, für März 2027 wäre dann der Abschluss der Ausschreibungen vorgesehen, um im April 2028 die Fertigstellung zu erreichen – fast zehn Jahre nach Schließung der Gastronomie. Falls es nicht noch länger dauert.

Derzeit ist zur Möglichkeit der Nutzung des voraussichtlich lange Zeit weiter ungenutzten Schloss-Saals, die nachdrücklich von Nutzern und Vereinen angemahnt worden war, immer noch nichts verlautet.

cb

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