November: Nichts verstanden

Ärger über Klau und Zerstörungen auf Friedhof

0 02.11.2022

BORBECK. „Allerseelen“ heißt der Tag heute. Schon klar, dass nicht überall mehr verstanden wird, worum es da geht. Aber was da inzwischen an seelenlosem Vandalismus über Friedhöfe herzieht, muss doch angesprochen werden: Ganze Gruften an der Hülsmannstraße sind heute ihrer Grablichter schon wieder beraubt, die vielen Gedenkkerzen und Leuchten vor dem großen Kreuz zertreten, das Wachs über den ganzen Weg zerlaufen. Wer macht nur so was?

Wer sich gestern Nachmittag nach der Totenvesper in der Pfarrkirche St. Dionysius im stillen Zug mit vielen Gottesdienstbesuchern auf den Weg zur Gräbersegnung auf den Friedhof machte, stand noch ganz unter dem Eindruck der vielen Namen, die dort verlesen wurden. Für alle, die im vergangenen Jahr auf dem Borbecker Friedhof bestattet wurden und für die vor der Aussegnungshalle der Gang zur einzelnen Segnung der Gräber begann. Kerzen leuchteten, frische Grabgestecke überall, viele trafen sich in kleinen Gruppen vor den Grabstätten, erinnerten sich ihrer Familien und Angehörigen. Zwar nicht mehr so viele wie in den vergangenen Jahrzehnten, als der Friedhof am Abend noch einem Lichtermeer glich und sich die Menschen durch die Wege stauten. Doch sichtbar dankbar für das wunderbare Wetter an diesem Allerheiligentag. Und viele stellten auch wieder ihre Kerze zu den anderen an dem alten großen Kreuz von 1869, das vom dem berühmten Kölner Dombaumeister Vinzenz Statz stammt.

Hemmungslose Raubzüge

Nicht verborgen blieb diesmal allerdings erneut, dass viele Grabstätten bereits in den früheren Jahren manche Besucher sahen, die alles andere als der Respekt vor den Verstorbenen hier hinführte: Abgesägte Kreuze, abgerissene Figuren, Buchstaben auf Grabsteinen und geklaute Grablaternen zeugen von hemmungslosen Raubzügen auf der Suche nach Buntmetall, das sich irgendwo verhökern lässt. Selbst vor historischen Grabmälern, die ganz plastisch von der örtlichen Geschichte zeugen und die durch den Kirchenvorstand auf einem eigenen Feld für die Nachwelt gesichert werden sollten, machte diese Zerstörung vor Jahren schon keinen Halt.

Selbst dies mag vielleicht eine ganz eigene Mahnung für die Vergänglichkeit sein. Doch wer sich in den letzten Wochen vor dem Gedenktag aller Verstorbenen um die liebevolle Pflege seiner Grabstätten bemühte, harkte, pflanzte, wer Blumen kaufte, die alten Grablichter wieder heraussuchte oder neue besorgte und die Kerzen im Wind ansteckte, bleibt heute fassungslos: Was mag in jemandem nur vorgehen, der weder davor Respekt, schon gar nicht vor dem Eigentum anderer hat? Und erst recht keinen Respekt vor dem Ort, der als „Friedhof“ mindestens sogar einen besonderen gesetzlichen Schutz in Anspruch nehmen kann? So mischt sich in die Gefühle an solch einem Tag für viele schnell auch mehr als nur die Trauer oder dankbare Erinnerung an die Verstorbenen.

Nichts verstanden ...

Zuschriften an die Redaktion machen ihrem Ärger in vieler Hinsicht immer wieder Luft: Vieles sei „langsam unerträglich“, schreibt uns gestern etwa Dorothe Kiel, die seit zehn Jahren in Borbeck lebt. „Ich liebe Borbeck“, sagt sie, aber beschreibt sehr drastisch, was sich in dieser Zeit verändert hat. „Alleine heute, an einem stillen Feiertag, sind rund um die Uhr grölende Gruppen unterwegs“, schaute sie auf die Gegend rund um Kaufland. Und sie ärgerte sich - zu Recht - über die, die sich überall schamlos gehen lassen und auf jede berechtigte Ansprache aggressiv reagieren: „Besonders, wenn Behinderten-Parkplätze blockiert wurden. Sie glauben nicht, wie man da angegriffen wird.“

Es scheint klar, dass da von denen, die hier gemeint sind, noch mehr nicht mehr verstanden wird. Nicht nur die Bedeutung solcher Tage, mit denen es in den November geht.

28.10.2021: Germaniaplatz war früher der Borbecker Friedhof. Vor 180 Jahren gab es keinen Platz mehr für die Toten

Bilder: Eindrücke vom Totengedenken 2022 auf dem Friedhof an der Hülsmannstraße, unten das seit 1869 für alle Verstorbenen hier stehende Friedhofskreuz - noch vor der Verwüstung -, darunter die gläserne Eingangswand der Aussegnungskapelle und ein von der Friedhofsgärtnerei Paus gestaltetes „Memento mori" als mit Bergbaumotiven gestaltetes Symbol der Vergänglichkeit.

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