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1 11.10.2024
ESSEN. Schon am Donnerstagabend waren 50.000 Besucher beim Essen Lightfestival 2024 erreicht. Abend für Abend kommen derzeit auch wahre Menschenmassen in den Dom: Für den verchromten Jesus auf der Discokugel stehen die Menschen manchmal bis zum Burgplatz an. Der zaubert fliegende Lichtpunkte unter die Decke und an die Wände des Atriums wie in den Tanztempeln der 1970er, 80er oder 90er Jahre.
Über einen solchen Sternenhimmel hätten sich vielleicht auch die mittelalterlichen Stiftsfrauen gefreut, wenn sie auf ihren Marien-Prozessionen die Goldene Madonna hier von der Anbetungskirche wieder zurück in den Dom getragen haben. Doch beim Essen Lightfestival steht in diesem Jahr der silberne Christus im Fokus. Diesmal zeigt das Künstlerduo „SilentMOD“ ihn nicht als Gekreuzigten, wie im vergangenen Jahr, sondern als „Salvator Mundi“, als „Erlöser der Welt“, der eigentlich auf einer Erd- statt einer Discokugel steht. Seit Mittwoch, 2. Oktober, zieht diese Installation Zehntausende in den Essener Dom.
„Hier riecht‘s nach Jesus“, ruft ein kleines Kind, das mit den Eltern die Stufen vom chromglänzenden Christus im Atrium in den bunt, aber zurückhaltend beleuchteten Dom hinabgestiegen ist. Womöglich ist das Kind an dem kleinen Gerät vorbeigekommen, das im hinteren Teil der Kirche in regelmäßigen Abständen diskret eine eigens auf das Gotteshaus abgestimmte Duftwolke abgibt. Die soll nicht auffallen, sondern den Eindruck aus Licht, Raum und Klang nur unterstützen – schließlich geht’s hier ums Lightfestival. Gerade ist der Dom in warmes Gelb getaucht, während der Laser, der weit hinter dem Altar auf der Ida-Säule steht, bunte Lichtstrahlen ins Kirchenschiff schickt. Hier steht eine zweite Christusfigur, die anstelle des Chroms tausende kleine Spiegelquadrate auf dem Gewand trägt, die ihrerseits die Laserstrahlen reflektieren. „Hier im Dom fehlt die Spiegelkugel von draußen“, erklärt Cityseelsorger Bernd Wolharn in den kurzen Gebetsimpulsen, die er während der Öffnungszeit der Installation immer zur halben Stunde spricht. Statt der Kugel hängen 1000 Spiegel durcheinander unter der Decke, so als sei die Spiegelkugel zersprungen. „Das erinnert uns daran, wie zerbrechlich unsere Welt ist, als sei sie aus den Fugen geraten.“
Während die Lightfestival-Gäste an anderen Stationen in der Innenstadt nur kurz verweilen, nehmen hier im Dom viele Menschen Platz. Vielleicht aus ganz praktischen Gründen: Hier gibt es Bänke – und bei Regen auch ein schützendes Dach. Vielleicht aber auch, weil sie sich von der Lichtkunst, dem spirituellen Raum und der Idee hinter der Installation anrühren lassen. Fast alle zücken ein Handy, wollen den Moment einfangen, der sich durch das wechselnde Licht doch ständig verändert – und bleiben dann meist einfach sitzen, schauen, schweigen.
Wer mag, kann auf den Altarstufen ein Teelicht entzünden, vielleicht verbunden mit einem Gebet oder einem Gedanken an liebe Menschen. Werden sonst im Dom täglich ein paar Dutzend Kerzen vor der Goldenen Madonna oder dem Marienbild am Eingang entzündet, kommt das Team der Cityseelsorge „grüßgott“ beim Lightfestival kaum mit dem Nachschub hinterher. „Letztes Wochenende haben hier an einem Abend 1000 Kerzen gebrannt“, sagt Seelsorger Michael Diek.
Es sind Menschenmassen, die der Dom sonst nicht kennt. Die 50.000 Gäste des Lightfestivals im vergangenen Jahr haben sie mit „Salvator Mundi“ schon bis zum Donnerstagabend gezählt. Da dürften am Freitag, Samstag und Sonntag (jeweils ab 19 Uhr) noch einige tausend Menschen dazu kommen. Natürlich bringt das gelegentlich auch Gedränge mit sich. Und doch bietet dieser jahrhundertealte Dom mit seiner aktuellen Hightech-Installation denen, die möchten, selbst dann noch genug Nischen für Ruhe und Besinnung.
Den gebürtigen Bocholder Dompropst Michael Dörnemann beeindruckt „diese sehr, sehr große Zahl von Menschen, die in diesen Tagen in den Dom kommen, sich faszinieren lassen vom Licht, den Spiegeln und der Christusgestalt“. Wenn die Menschen verweilen und Kerzen entzünden „nehme ich in den Gesichtern vielfach Nachdenklichkeit in diesen unsicheren Zeiten wahr. So wird der Dom zu einem Ort der Hoffnung“, betont der Hausherr des Doms. „Ich danke allen, die das wieder möglich gemacht haben, angefangen bei den Künstlern, der EMG, den Sponsoren, bis hin zu den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden in der Cityseelsorge und des Domkapitels."
Bis Sonntagabend, 13. Oktober, gibt es nun noch die Möglichkeit „Salvator Mundi“ beim Essen Lightfestival zu sehen – am Sonntag um 19 Uhr zudem im Abendgottesdienst mit Bernd Wolharn, musikalisch gestaltet vom Duo „Only2“ mit Saxophon und Keyboard. (Thomas Rünker/Bm. Essen)
Foto: Simon Wiggen | Bistum Essen
Kommentare
Kommentar von Christa Flötgen |
Wunderschön, berührend.........
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