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0 23.10.2019
NRW. Der Landesentwicklungsplan (LEP), das wichtigste raumordnerische Planungsinstrument des Landes wurde im Juli dieses Jahres verabschiedet und von den Naturschutzverbänden als ökologisches Desaster kritisiert. Nun läuft die Überarbeitung der nachgeordneten Regionalpläne für die Planungsregionen „Düsseldorf“ und „Ruhr“ – und eine Durchsetzung ökologischer Belange sucht man auch hier vergebens. Unter anderem weist die Regionalplanung für die Zukunft erneut große Siedlungsflächen für Wohnen aus, ohne die vielfältigen Möglichkeiten zum Flächensparen konsequent auszunutzen.
„Die Ziele zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme, laut der Biodiversitätsstrategie NRW bis 2020 auf 5 ha, mittelfristig auf Netto-Null, werden gerade den „Entfesselungsbeschlüssen“ der Landesregierung geopfert“, sagte Dr. Heide Naderer, Vorsitzende des NABU NRW, heute in Düsseldorf. Der diesbezügliche Grundsatz der "flächensparenden Siedlungsentwicklung" im LEP sei gestrichen worden. Dies leiste weiteren Fehlentwicklungen Vorschub. „Ein Umwelt- und Freiraumschutz, der sich den aktuellen Anforderungen wie der Klimawandelvorsorge, dem Klimaschutz, dem Schutz der biologischen Vielfalt und der Umsetzung des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000 stellt, ist auf diese Weise nicht zu erreichen“, so Naderer weiter.
Alarmierend sei die geplante Dimension der neuen Darstellungen von Siedlungsflächen in den aktuell in der Überarbeitung befindlichen Regionalplänen „Düsseldorf“ und „Ruhr“. So wird der Regionalplan „Düsseldorf“ – im vergangenen Jahr gerade in einer neuen Fassung mit einer Neudarstellung von 3700 ha für „Allgemeine Siedlungsbereiche“ für Wohnsiedlungsflächen beschlossen – nun erneut geändert. Darin ist vorgesehen, weitere 1471 ha „Allgemeine Siedlungsbereiche“ auszuweisen. Ähnliches gilt für den Entwurf des Regionalplans Ruhr, zu dem die Naturschutzverbände bereits im Rahmen der Ende Februar 2019 abgeschlossenen Öffentlichkeitsbeteiligung umfangreiche Änderungs- und Verbesserungsvorschläge in das Verfahren eingebracht haben.
Kritik übt der NABU insbesondere an der zugrunde liegenden Bedarfsberechnung für Wohnen, die die Fehlentwicklungen bei der Flächeninanspruchnahme fortführt und sogar verstärkt. Naderer: „Die vorgelegten Planungen schaffen auf dem angespannten Wohnungsmarkt keine Abhilfe, weisen sie doch wieder genau das aus, was in den Städten und Ballungsgebieten, aber auch vielfach in den Kreisen gar nicht gebraucht wird - Einfamilienhaussiedlungen auf dem Land statt Mehrfamilienhäuser und Geschosswohnungsbau in der Stadt!“ Dem zukünftigen, unbestreitbaren und überwiegenden Bedarf an bezahlbarem Wohnraum werde die Planung damit in keiner Weise gerecht. Zudem ignoriere sie die aktuellen Erfordernisse und tatsächlichen Entwicklungen systematisch.
Der NABU halte die Ausweisung neuer Wohnsiedlungsbereiche nur dann für vertretbar, wenn damit dem Mangel an preisgünstigen Wohnraum entsprochen wird und zugleich ökologische Anforderungen beachtet und durchgesetzt werden. Ansätze zur Reduzierung des Flächenverbrauchs im Wohnungsbau gebe es genug. So müssten auf kommunaler Ebene alle zur Nach- und Umnutzung geeigneten Flächen und Gebäude erfasst und entsprechend als Wohnraum genutzt werden. Neue Siedlungsflächendarstellungen wären dann nur noch für den verbleibenden, unabweisbaren Bedarf vorzunehmen. Zudem müssten Vorgaben zu flächensparenden, verdichteten Bauweisen erfolgen sowie Anforderungen zum Umwelt- und Freiraumschutz vorgegeben werden. Hier sei beispielsweise die Benennung von Tabuflächen wie der regionalen Grünzüge oder besonders klimarelevanter Ausgleichsräume notwendig.
Diesen Anforderungen genügen die Planentwürfe für die Regionen Düsseldorf und Ruhr aus Sicht das NABU in keiner Weise. Beide sehen zahlreiche neue „Allgemeine Siedlungsbereiche“ zu Lasten des Freiraums vor, was mit einer zukunftsfähigen, ökologischen Raumentwicklung nicht zu vereinbaren ist. So werden für die Planungsregion Düsseldorf 40 % der neu auszuweisenden Flächen an ökologisch bedenklichen Standorten geplant. Diese Flächen weisen bei Inanspruchnahme für Wohnen nach den Ergebnissen der Strategischen Umweltprüfung voraussichtlich erhebliche negative Umweltauswirkungen auf. Ebenfalls ca. 40 % der Flächen liegen in einem regionalen Grünzug, die von der Regionalplanung als Vorranggebiete ausgewiesen werden und speziell dem klimaökologischen Ausgleich, der Erholung und Biotopvernetzung dienen sollen.
Die aktuelle Praxis der Regionalplanung führt dazu, dass weiterhin enorme Flächenausweisungen für Siedlung im Freiraum erfolgen, die regelmäßig die Ziele und Grundsätze der Regionalplanung zum Schutz der Umwelt selbst zur Seite schieben. „Das hat mit dem Ziel des Flächensparens und damit auch der Vermeidung von Umweltkonflikten nicht ansatzweise etwas zu tun“, so die NABU-Landeschefin. Inwieweit die weiteren, in naher Zukunft anstehenden Neuaufstellungen der Regionalpläne für die Regionen Köln, Detmold OWL und Arnsberg hier zukunftsweisender sein werden, bleibe abzuwarten.
Die detaillierte Stellungnahme der Naturschutzverbände zur Regionalplanänderung „Ruhr“ vom 28.02.2019 sowie die Stellungnahme zur Regionalplanänderung Düsseldorf vom 18.10.2019 sind unter https://www.lb-naturschutz-nrw.de/aktuelles.html zu finden.
Zum Bild: Baulücken schließen - hier eine seit Jahren bestehende in der Johannes-Brokamp-Straße - sollte Vorrang haben.
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