Krankenhäuser: Warum der Philipp bleibt

Für Altenessen ist wohl nicht mehr zu reißen

0 04.07.2020

BORBECK/BERGEBORBECK/ALTENESSEN/STOPPENBERG. Wie der Anfang vom Ende begann und warum es so ist, wie es jetzt ist, veranschaulicht ein kurzer Überblick.

Im Mai 2018 übernimmt die Contilia-Gruppe das Katholische Klinikum Essen mit seinen drei Krankenhausstandorten Marienhospital Altenessen, Philippusstift Borbeck und St. Vincenz-Krankenhaus Stoppenberg. Der bisherige Geschäftsführer Manfred Sunderhaus verlässt das Klinikum.

Ende November 2018 kursieren die Pläne der Contilia-Gruppe zum Neubau des Marienhospitals auf dem Kirchengelände der Gemeinde St. Johann Baptist als zukünftig einzigem Krankenhaus im Essener Norden.

Im Februar 2019 stellt die Contilia-Gruppe ihre Pläne für den kompletten Umbau der Krankenhauslandschaft im Essener Norden im Sozialausschuss der Stadt öffentlich vor.

Die geplanten Investitionen sind immens: 300 Millionen sollen in Altenessen in das neue Marienhospital mit 725 Betten und den Umbau des Philippusstifts, Vincenz-Krankenhauses und Elisabeth-Krankenhauses Haus-Berge zu medizinischen Standorten mit neuen Aufgaben fließen. Davon entfallen ab 2019 allein gut 20 Millionen Euro auf die Standorte Borbeck und Stoppenberg, die zu ambulanten Zentren umgebaut werden sollen.

Im Mai 2019 stimmt der Kirchenvorstand in Altenessen dem Verkauf der kath. Kirche St. Johann Baptist in Altenessen zu, die für den Neubau abgerissen werden soll. Das führt zu Zerwürfnissen in der Gemeinde.

Im September 2019 wird Jens Egert Finanzchef der Contiliagruppe, wenig später wird Kirsten Kolligs (inzwischen geschasste) Geschäftsführerin des Katholischen Klinikums.

Im Januar 2020 wird von einer „Neubewertung“ des beabsichtigten Krankenhausneubaus und der Umstrukturierung im Essener Norden gesprochen und beschlossen, das Kath. Klinikum zu verkaufen.

Im ersten Quartal berichtet der Flurfunk im Kath. Klinikum, dass Kaufinteressenten die Häuser besichtigen, dann kommt Corona im März 2020.

Im Juni 2020 wagt sich Contilia mit einer Kehrtwendung an die Öffentlichkeit: Das Kath. Klinikum wird doch nicht verkauft!

Statt Altenessen soll nun Borbeck Schwerpunkt der medizinischen Versorgung werden und das Philippusstift baulich ertüchtigt. Marienhospital und Vincenzkrankenhaus in Stoppenberg werden bis zum Jahresende dicht gemacht.

Zählt man jetzt eins und eins zusammen, könnte man zu folgendem Schluss kommen: Die alte Geschäftsführung (bis 2018) hat das Luftschloss in Altenessen projektiert und erste Schritte unternommen. Der neue Geschäftsführer (ab Herbst 2019) zieht die Notbremse, vermutlich weil sich Contilia mit dem 300 Millionen-Euro-Brocken übernommen hätte.

Ab Januar wird öffentlich nach einem Käufer gesucht. Vermutlich hat aber das Angebot nicht gestimmt, so dass Contilia beschließt, das Kath. Klinikum zu behalten. Geschlossen werden nun das Marienhospital und das Vincenzkrankenhaus bereits zum Jahresende. Dass das Borbecker Philippusstift erhalten bleibt, liegt wohl auch an seinen gewinnbringenden Abteilungen Psychiatrie und Neurologie (in diesen Abteilungen kann man die Verweildauer der Patienten nicht auf 0 senken)  sowie der Kardiologie. Diese Kombination hatte dem „Philipp“ ja bereits während der kurzen Liason mit dem bereits vor Jahren abgerissenen Bethesda-Krankenhaus das Überleben gesichert.

In ihrem Rathaus-Report gibt die Stadt Essen folgende Mitteilung zum Thema heraus:

„Vorgestern (2.7.) hat der erste Runde Tisch zur angekündigten Schließung von zwei Häusern des Katholischen Klinikums Essen (KKE) stattgefunden. Eingeladen waren Vertreterinnen und Vertreter der Altenessenkonferenz, der Politik, der Wirtschaft, der Stadtgesellschaft sowie der Medizin. Seitens der Contilia waren zwei Vertreter vor Ort sowie ein Vertreter der Universitätsmedizin Essen.

Nach einem intensiven Austausch aller Seiten über die getroffene Entscheidung der Contilia, wurden die Auswirkungen der Entscheidung auf den Stadtteil thematisiert. Sowohl aus medizinischer, wirtschaftlicher und sozialer Sicht. Auch auf die Situation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurde nochmals hingewiesen. Oberbürgermeister Thomas Kufen hat gleich zu Beginn des Gesprächs dringend an die Contilia-Vertreter appelliert, keine Fakten zu schaffen und die Stadt in die anstehenden weiteren Entscheidungen einzubeziehen. Insbesondere mit Blick auf die Sicherstellung der ambulanten, stationären und Notfallversorgung im Stadtteil müssen dringend weitere Gespräche geführt werden: "Als Stadt werden wir uns aktiv in den Prozess mit einbringen. Unser Ziel ist es, auch weiterhin eine kluge Vernetzung von ambulanter und stationärer Versorgung zu gewährleisten", so Oberbürgermeister Kufen.

Darüber hinaus kündigte das Stadtoberhaupt an, dass bereits Gespräche stattgefunden haben, mit der Möglichkeit, die Contilia-Grundstücke in Altenessen und Stoppenberg zu erwerben und städtebaulich zu entwickeln. “

Das klingt nicht danach, als wäre für Altenessen oder den gesamten Essener Norden noch etwas zu reißen. S.H.

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