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0 07.09.2022
ESSEN/BORBECK. Als Grundlage der Stadtentwicklungs- und Bauleitplanung, für Beteiligungsprozesse sowie Umweltprüfungen wurde die Klimaanalyse der Stadt Essen fortgeschrieben und der fast 300-seitige Bericht gestern (06.09.) im Ausschuss für Umwelt, Klima- und Verbraucherschutz zur Kenntnis genommen. In der Klimaanalyse wurde die städtische Datenlage zum Stadtklima aktualisiert, optimiert und zusammengeführt.
Interessanter sind hingegen Vorschläge der Autoren der Klimaanalyse. Für den Großraum Borbeck stellen sie fest:
Die Siedlungsstrukturen weisen in den meisten Bereichen der Wohn- und Mischgebiete eine offene Reihen-, Zeilen- oder Einzelhausbebauung mit geringer Geschosshöhe, geringem bis mittlerem Versiegelungsgrad und entsprechend hohem Grünanteil innerhalb der Bebauung auf.
Daher ist insbesondere in den Stadtteilen Dellwig, Gerschede, Frintrop, Bedingrade und Schönebeck sowie südlich der S-Bahntrasse in Borbeck-Mitte der „Lastraum der überwiegend locker und offen bebauten Wohngebiete“ dominierend.
Als „Lastraum der hochverdichteten Innenstadt“ wurde lediglich ein kleines Areal im Bereich des Zentrums von Borbeck-Mitte ausgewiesen. Das Borbecker Zentrum nimmt durch die Einzelhandels- und Dienstleistungskonzentration sowie die diversen öffentlichen Einrichtungen Innenstadtfunktionen ein und zeichnet sich durch eine hohe bis sehr hohe Versiegelung sowie teils hohe Gebäude aus.
Die Bereiche um das Borbecker Zentrum sowie entlang der Bocholder-, Frintroper- sowie Altendorfer Straße wurden aufgrund der zumeist ebenfalls erhöhten Versiegelung mit bebauten Innen- bzw. Hinterhöfen dem „Lastraum der überwiegend dicht bebauten Wohn- und Mischgebiete“ zugeordnet.
Prägend für die Siedlungsstruktur im Nordosten des Stadtbezirks IV sind allerdings die großflächigen Gewerbe- und Industrieansiedlungen, welche sich über die zumeist direkt aneinander angrenzenden Gewerbegebiete econova, Stadthafen, Levin, Brauk, Grasstraße, Neu-Cöln und Carolus Magnus erstrecken und u.a. einen Großteil des Stadtteils Bergeborbeck ausmachen. Neben dieser großflächigen Gewerbe- und Industriezone im Nordosten bestehen weitere kleinere Gewerbebereiche (z.B. Gewerbegebiet Wolfsbank, Aktienstraße und Ripshorster Straße) im Stadtbezirk. Insbesondere in den Gewerbegebieten econova und Stadthafen sind teils schwerindustrielle Nutzungen und somit bedeutende Emittenten angesiedelt.) Erhöhte (vor allem bodennahe) Emissionen von Luftschadstoffen in den Gewerbegebieten im Nordosten des Stadtbezirks sind insbesondere aufgrund der Lage in der Emscherniederung immissionsklimatisch kritisch zu bewerten.
Die erhöhte Inversionshäufigkeit und die damit verbundene Ausprägung eines Kaltluftsammelgebietes innerhalb der Emscherniederung führt zu zeitweise eingeschränkten
vertikalen Luftaustauschbedingungen und kann somit zu einer bodenahen Schadstoffanreicherung durch lokale Emittenten führen. Aufgrund der während entsprechender Wetterlagen häufig vorliegender, übergeordneter Windrichtungen aus Nordost kann die Gefahr einer Schadstoffverfrachtung in die westlich angrenzenden Wohn- und Mischgebiete des Stadtbezirks bestehen. Positiv ist daher die teils ausgeprägte Immissionsschutzpflanzung zwischen den Gewerbegebieten Levin, Brauck sowie Carolus Magnus und der westlich angrenzenden Bebauung hervorzuheben.
Grundsätzlich weisen die Gewerbe- und Industriebereiche im Nordosten des Stadtbezirks einen sehr hohen Versiegelungsgrad und geringen Grünflächenanteil auf, was im Sommer zu Hitzestress und Schwülebelastungen sowie sehr hohen nächtlichen Wärmeinseleffekten führen kann.
Die teils großen baumbestandenen Brachflächen im Bereich Stadthafen sorgen allerdings für lokale Abmilderungen der hohen nächtlichen Wärmeinseleffekte und stellen lokale Kaltluftproduzenten dar. Zudem können die Gewerbe- und Industriebereiche teilweise von der direkten Anbindung an die Luftleitbahn entlang des Rhein-Herne-Kanals profitieren.
Der Stadtbezirk IV verfügt aber auch über eine Vielzahl an Park- und Grünanlagen, wie beispielsweise den Schloßpark, mehrere Friedhöfe und Kleingartenanlagen sowie teils größere, zusammenhängende Gartenareale innerhalb der Bebauung. Kleinere Waldflächen finden sich unter anderem ebenfalls im Schloßpark, entlang der Bachtäler von Schönebecke und Pausmühlenbach, rund um den Donnerberg zwischen Frintrop und Dellwig, auf dem Areal des ehemaligen Sammelbahnhofs Frintrop (heute: Gleisparks Frintrop) sowie im Bereich der bereits erwähnten Immissionsschutzpflanzungen am Rande der Gewerbe- und Industriezone im Nordosten. Hinzu kommen einige landwirtschaftlich genutzte Freilandflächen, welche sich insbesondere im Hexbachtal, im Bereich Donnerberg sowie im Norden von Dellwig befinden. Besonders auffällig ist, dass nahezu sämtliche Park- und Grünanlagen sowie die Waldflächen und Freilandbereiche ausgeprägte Grünvernetzungsstrukturen untereinander sowie eine gute Durchmischung mit den bebauten Siedlungsbereichen im Stadtbezirk aufweisen.
Dadurch stellen sie wertvolle Ausgleichs- und wohnumfeldnahe Erholungsräume dar, die sich durch sehr günstige bioklimatische Verhältnisse auszeichnen und als lokale Kalt- und Frischluftproduzenten zur Reduzierung der Wärmeinseleffekte im Stadtbezirk beitragen.
Kaltluftabflüsse wurden beispielsweise entlang der Bachtäler von Hexbachtal, Schönebecke, Pausmühlenbach und Schloßbach festgestellt. Die Kaltluftabflüsse aus dem Hexbachtal haben reliefbedingt allerdings kaum Relevanz für die angrenzenden Bebauungen auf Essener Stadtgebiet. Allerdings kann aus dem Bereich Hexbachtal bei entsprechend übergeordentem Windfeld ein Frischluftmassentransport in die nördlich angrenzenden Wohnbereiche sowie in das Gewerbegebiet Aktienstraße erfolgen. Die Kaltluftabflüsse entlang der Bachtäler von Schönebecke, Schloßbach und Pausmühlenbach weisen insgesamt relativ geringe Fließgeschwindigkeiten und dadurch bedingt relativ geringe Eindringtiefen in die Bebauung auf. Dies wird vermutlich durch die in den Bachtälern etablierten Waldflächen und der damit verbundenen erhöhten Rauigkeit bei gleichtzeitig nur schwach ausgeprägter Reliefneigung negativ begünstigt, da dies eine Einschränkung für die bodennahe Luftleitfunktion darstellt.
Ein Hindernis bzw. eine Barriere für den nächtlichen Kaltluftmassentransport, ausgehend von den Grün- und Freilandbereichen im Süden von Schönebeck in Richtung des Borbecker Mühlenbachs, stellen die Bahndämme im Übergangsbereich zwischen den Stadtteilen Schönbecke, Altendorf und Frohnhausen dar. Dort kann es in den vorgelagerten Bereichen der Bahndämme zur Ausbildung kleiner lokaler Kaltluftansammlungen kommen.
Der von den Grün-, Wald- und Freilandbereichen um den Donnerberg zwischen Frintrop und Dellwig ausgehende Kaltluftabfluss kann hingegen in das nördlich davon gelegene Gewerbegebiet Ripshorster Straße vordringen.
Empfehlungen
Aus stadtklimatischer Perspektive sollten im Bereich der stark verdichteten Wohn- und Mischbebauung, insbesondere im Borbecker Zentrum sowie entlang der Bocholder-, Frintroper- und Altendorfer Straße kleinräumige Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen forciert werden. Hierzu zählen die Entkernung und Begrünung von Innen- bzw. Hinterhöfen, die auch in Form von Dach- und Fassadenbegrünungen erfolgen kann, oder die Anpflanzung schattenspendender Bäume, etwa auf dem Borbecker Platz, dem Parkplatz an der Marktstraße oder entlang diverser Straßenzüge.
Die Empfehlungen zur Entsiegelung, Begrünung und Anpflanzung großkroniger Bäume (z.B. auf Parkplätzen und in Straßen) gilt zudem grundsätzlich für die hochversiegelten Gewerbegebiete. Im Bereich der großflächigen Gewerbe- und Industriezone im Nordosten des Stadtbezirks sollte die Vernetzung mit der Luftleitbahn entlang des Rhein-Herne-Kanals ausgebaut und gefördert werden.
Weiterhin sollten die bestehenden Immissionsschutzpflanzungen zur westlich angrenzenden Wohnbebauung erhalten und ausgebaut werden. Aufgrund der beschriebenen Problematik der bodennahen Schadstoffanreicherung während Inversionswetterlagen innerhalb der Emscherniederung sind Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen in diesen Bereichen
erforderlich.
Im Bereich der aufgelockerten und durchgrünten Wohngebiete sind die vorherrschenden positiven klimatischen Verhältnisse durch Erhaltung der bestehenden Bebauungsstrukturen
zu sichern. Gleichwohl ist teilweise eine maßvolle bauliche Verdichtung durch die Schließung von Baulücken unter Einhaltung der aufgelockerten und durchgrünten Siedlungsstruktur aus stadtklimatischer Sicht vertretbar.
Am südlichen Siedlungsrand von Schönebeck und Bedingrade sollte zur Aufrechterhaltung der Frischluftzufuhr aus den angrenzenden Grün- und Freilandbereichen keine Riegelbebauung entstehen. Insgesamt sind die bestehenden Grün-, Freiland- und Waldflächen als wertvolle Kalt- und Frischluftproduzenten sowie wohnnahe, klimatische Erholungsräume zu erhalten und deren Vernetzungsstrukturen auch unter Einbeziehung angrenzender durchgrünter Siedlungsbereiche auszubauen.
Insbesondere im Bereich Donnerberg wird die Förderung des Luftaustauschs in die östliche Bebauung empfohlen. Entlang der Kaltluft transportierenden Bachtäler sollten zudem keine weiteren dichten Aufforstungen erfolgen, um den Kaltluftabfluss nicht stärker einzuschränken.
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