Heinrich-Brauns-Preis 2022 verliehen

Auszeichnung für IG BCE-Vorsitzenden Michael Vassiliadis

0 22.05.2022

ESSEN / MÜLHEIM. Nicht nur die Straße an der Dampfbierbrauerei ist nach dem früheren Borbecker Vikar und späteren Reichsarbeitsminister benannt. Auch ein Preis trägt seinen Namen: Mit dem Heinrich-Brauns-Preis des Bistums Essen ist in diesem Jahr der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, ausgezeichnet worden.

„Durch sein Wirken macht er deutlich, dass große Gegenwarts- und Zukunftsthemen in europäischer, ja globaler Verbundenheit gestaltet werden müssen“, sagte Bischof Franz-Josef Overbeck am 21. Mai bei der Preisverleihung in der Katholischen Akademie Die Wolfsburg in Mülheim an der Ruhr. Vassiliadis stelle sich diesen Fragen und greife damit auch zwei global bedeutsame Perspektiven der christlichen Gesellschaftslehre auf: globale Verantwortung und die Bewahrung der Schöpfung. „Durch sein Handeln, das sich einem Bild vom Menschen als sozialer Person verpflichtet weiß, lässt er das Kernanliegen von Heinrich Brauns heute praktisch werden“, sagte Overbeck.

Solidarität zwischen Verlierern und Gewinnern

Die Laudatio hielt die ehemalige Gewerkschafterin im DGB-Bundesvorstand und frühere saarländische Arbeits- und Sozialministerin Regina Görner (CDU). Sein Leben als Gewerkschafter habe eines von Anfang an begleitet: „Immer noch geht es darum, Solidarität zu stiften zwischen denen, die besser wegkommen können als andere, zwischen den Modernisierungsverlierern und Modernisierungsgewinnern, und neuerdings auch zwischen den Bewohner:innen der analogen und digitalisierten Welt“, sagte Görner. Die Gewerkschaftsbewegung könne sich leider nicht darauf verlassen, „dass Solidarität zur Natur des Menschen gehört, wie das die christliche Soziallehre betont: Wir müssen dafür sorgen, dass diese Natur überhaupt erst zum Wirken gebracht wird“, unterstrich Görner. Sie bedauerte, dass in der christlichen Gesellschaftslehre die Arbeit an innovativen Unternehmensverfassungen und Mitbestimmungsrechten zum Erliegen gekommen sei. Das Motto Heinrich Brauns – „Wir sind auf der Welt, nicht bloß um die Dinge zu ertragen, sondern um sie zu gestalten.“ – passe daher so gut zu Vassiliadis, sagte Görner, „auch wenn du kein Christlich-Sozialer bist, sondern ein in der Wolle gefärbter Sozialdemokrat.“ „Aber du bist Einheitsgewerkschafter, und deshalb ging es für Dich immer darum, die Welt zu gestalten.“

Vassiliadis gibt Preisgeld an soziale Vereine im Ruhrgebiet

Vassiliadis, der auch Präsident des europäischen Verbunds der Industriegewerkschaften IndustriAll Europe ist, hatte bereits nach der Zuerkennung der Auszeichnung angekündigt, das Preisgeld von 10.000 Euro spenden zu wollen. Das Geld soll zu gleichen Teilen zwei Vereinen im Ruhrgebiet zu Gute kommen, dem Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten Ruhrgebiet und dem Verein Paten für Arbeit in Essen.  Der seit den 1970er Jahren bestehende Verein Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten Ruhrgebiet e.V. betreibt im Ruhrgebiet mittlerweile 25 Kinderhäuser, ein Mehrgenerationenwohnen, einen Kinder- und Jugendclub, zwei Jugendcafés und eine Familienbildungsstätte. Im Verein Paten für Arbeit in Essen e.V. unterstützen Ehrenamtliche Jugendliche beim Übergang von der Schule in eine Ausbildung.

Heinrich-Brauns-Preis gilt der christlich-sozialen Bewegung

Mit dem Heinrich-Brauns-Preis erinnert das Bistum Essen an den Priester und Sozialpolitiker Heinrich Brauns (1863-1939). Er war zunächst Seelsorger in Essen-Borbeck und engagierte sich später als Reichsarbeitsminister (1920-1928) der Weimarer Republik für die deutsche Sozialpolitik. Mit dem 1978 vom ersten Essener Bischof Franz Hengsbach gestifteten Preis ehrt das Ruhrbistum Persönlichkeiten, die sich in besonderer Weise im Geiste des Priesters und Sozialpolitikers um die Katholische Soziallehre und die christlich-soziale Bewegung verdient gemacht haben. Heinrich Brauns sei „kein Verwalter“ gewesen, sondern „ein Gestalter in Zeiten des Umbruchs“, sagte Akademiedirektorin Judith Wolf in ihrem Grußwort. Er trieb „beharrlich und mit einem Kurs der Mitte die Integration der Arbeiter in die Gesellschafts- und Staatsordnung" voran, so Wolf. „Der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und dem Ausbau des Arbeitsrechts galt seine oberste Priorität.“ Über die inflationsbedingten Krisenjahre der Weimarer Republik hinweg habe er die Sozialversicherung verteidigt.

Zu den Preisträgern gehören unter anderem der frühere Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof, der ehemalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU), der polnische Politiker Wladyslaw Bartoszewski, der ehemalige Premierminister Luxemburgs und Ex-Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, und der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider.

Bild oben: Bischof Franz-Josef Overbeck und Michael Vassiliadis, Foto: Oliver Müller, Bistum Essen

 

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