Heimweg von der Kneipe wurde Hagedorn zum Verhängnis

Beliebter Heimatdichter wurde am 7. März 1951 vom Zug überfahren

0 06.03.2023

DELLWIG/FRETTER. Am 8. März 1951 erschien in der Westfälischen Rundschau eine kurze Meldung, Schlagzeile „Vom Zug überfahren“. Darin hieß es: „Serkenrode. Als der schwerhörige 66jährige Dr. Hagedorn, der in der Nähe von Fretter ein Jagdhäuschen bewohnt, in den Morgenstunden des gestrigen Mittwoch seinen gewohnten Heimweg über den Bahnübergang ging, wurde er von dem aus Finnentrop kommenden Personenzug überfahren und tödlich verletzt.“

Den Todestag nimmt Franz Josef Gründges zum Anlass an den beliebten Dellwiger Heimatdichter zu erinnern.

Über die genauen Umstände seines Todes liegen bis heute keine verlässlichen Daten vor. Für den tödlichen Unfall gab es keine Zeugen. So viel ist sicher. Am frühen Morgen des 7. März 1951 befand sich Hermann Hagedorn nach einem ausgedehnten Abend in seiner Stammkneipe auf dem Weg nach Hause und nahm allem Anschein nach in Höhe des Steinbruchs eine Abkürzung über die Bahngeleise. Beim Versuch, die Gleisanlage zu überqueren, wurde der vermutlich nicht mehr ganz nüchterne, zudem schwerhörige Hagedorn im Frühnebel von einem Zug erfasst.

Vermutlich nicht ganz nüchtern

Laut Sterbeeintrag der Gemeinde Finnentrop wurde der „Schriftsteller, Rektor in Ruhe, Doktor der Philosophie Hermann Hagedorn, gottgläubig“ am 7. März 1951 um 06.40 Uhr „in Fretter am Bahnkörper bei Bahnkilometer 9,1 + 50 tot aufgef unden.“

Als Tag und Stunde seines Todes gab man in der schriftlichen Anzeige der Polizeibehörde des Regierungsbezirks Arnsberg, Polizeistation Eslohe K 205/51 den 7. März 1951, 05.20 Uhr an. Zur Todesursache hieß es im Sterbeeintrag lapidar: „Unglücksfall, vom Zug erfasst und auf Gleiskörper geworfen, Abriss der Schädeldecke.“ Die Differenz zwischen Todeszeitpunkt und Zeitpunkt des Auffindens von einer Stunde und zwanzig Minuten lässt sich vermutlich damit erklären, dass das Zugpersonal den Unfall nicht bemerkt hatte. Bei der Festsetzung des Todeszeitpunkts hat man dann wohl auf die fahrplanmäßige Durchfahrzeit des Zugs zurückgegriffen.

Bei persönlichen Recherchen vor Ort konnte die vermutliche Unfallstelle ziemlich genau bestimmt werden. Da der Bahnhof Fretter, dessen altes Gebäude heute noch steht, 9,4 Bahnkilometer von Finnentrop entfernt ist und der Tote bei Bahnkilometer 9,1 gefunden worden ist, ist Hermann Hagedorn etwa 350 m vor dem Bahnhof unter den Zug geraten. Genau hier hörte das Werksgelände des damaligen Kalkwerks auf. Es sieht so aus, als habe Hermann Hagedorn nicht den üblichen (weiteren) Weg über den Bahnübergang am Bahnhof zu seiner Hütte genommen, sondern eine Abkürzung gewählt, die zwischen der Bahnstrecke und dem tiefer gelegenen Fretterbach entlang am Kalkwerk vorbei führte. Einen gesicherten Übergang gab es an dieser Stelle nicht. Hagedorns Sterbeurkunde (Stadtarchiv Essen, Nr. 245) und der Sterbeeintrag der Gemeinde Finnentrop sind auf das Dorf Schönholthausen bei Finnentrop in unmittelbarer Nachbarschaft von Fretter ausgestellt. Dort befand sich damals das zuständige Standesamt. Am 12. März 1951 wurde Hermann Hagedorn auf dem Parkfriedhof in Essen beigesetzt.

Zu seiner Beerdigung kam auch eine Abordnung von Bewohnern und Förstern aus Fretter und Umgebung, Ausdruck der Achtung vor einem Mann, der ihnen im Laufe der Jahre in seiner Heeme-Hütte und im Dorf zum Freund geworden war. Die Geschichte vom Leben und Tod des Hermann Hagedorn mag mit dem kleinen plattdeutschen Gedicht „Gebätt“ zu Ende gehen, das schon 1930 in der Gedichtsammlung „Hatte on Heeme“ erschienen ist. Es ist Hermann Hagedorn zu wünschen, dass der „letzte Ur-Borbecker“, wie ihn Ludwig Wördehoff bei der Beisetzung nannte, genauso vom „leiwen Gott“ in Empfang genommen worden ist.

„Du leiwen Gott, ick loop hi so heröm,

on komm mi so välooten vüe . . . .

Wat gäff ick dröm,

steits Du dä Hemmelsdüe

son ganz klein betschen los;

dat ick Di seihen könn;

on ’n Engelken, ät bruck kän grot dä si’en,

met ’t allerkleinste wö ick al defri’en,

mök bemm, bemm, bemm,

– wie ’n Klöcksken müch dät lüen –

dat ick mi nech väloopen könn;

on dann, wenn ick do bowen stönn,

köms Du am bessen söwers,

pöcks mi an’e Hand,

on leiens mi so lisam en Din Land!

Amen!"

Übersetzung: „Du lieber Gott, ich lauf hier so herum und komm mir so verlassen vor. Was gäb ich drum, würdest du die Himmelstür so ein ganz klein bisschen aufstoßen, so dass ich dich sehen könnte. Und ein Engelchen – es braucht kein großes zu sein, mit dem allerkleinsten wär’ ich schon zufrieden – machte „bemm, bemm, bemm“ – wie ein Glöckchen müsste es läuten – ,damit ich mich nicht verlaufen kann. Und dann, wenn ich dort oben stünde, kämst du am besten selber, packtest mich an der Hand und leitetest mich so behutsam in dein Reich. Amen.!“

Das Bild zeigt Hermann Hagedorn mit seiner Ziege Fridolin.

 

 

 

 

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