„Gesicht der Caritas“: Rudi Löffelsend ist gestorben

0 02.11.2020

ESSEN. Der langjährige frühere Pressesprecher und Auslandsreferent der Caritas im Bistum Essen, Rudi Löffelsend, ist in der Nacht zum Montag im Alter von 70 Jahren im Altfried Krupp-Krankenhaus in Essen-Steele gestorben. Auch in Borbeck war er kein Unbekannter und hatte hier viele Freunde, die bis auf seine aktive Zeit als Pfadfinder bei der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) zurückgingen. „Für viele war er das Gesicht der Caritas im Ruhrbistum“, erklärte Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck zu seinem Tod. Löffelsend habe den Leitspruch der Verbandes „Not sehen und handeln“ zweifellos gelebt: „In Erinnerung bleiben zahlreiche beeindruckende und außergewöhnliche Initiativen und Aktionen, mit denen er Menschen in ihrer Not helfen konnte und so den guten Namen der Caritas im Ruhrbistum in vielen Länder dieser Welt bekannt gemacht hat.“

„Schwergewicht“ der Caritas im Ruhrbistum

Löffelsend, gelernter Schriftsetzer, studierte Sozialpädagogik an der Katholischen Fachhochschule Nordrhein-Westfalen in Köln und kam 1974 als Referent für berufsbezogene Bildungsarbeit ins Bischöfliche Jugendamt Essen. Nach seinem Wechsel als Diözesanreferent zum Caritasverband übernahm er 1980 dort die Verantwortung für die Abteilungen Öffentlichkeitsarbeit und Auslandshilfe. Bis zu seinem Ruhestand 2010 drückte er als „Meister der Improvisation“ dem Verband seinen Stempel auf und galt als „Schwergewicht“ der Caritas im Ruhrbistum. Sein Markenzeichen wurde die schnelle und unkomplizierte Hilfe: Mit bärbeißigem Humor, niederrheinischer Gelassenheit, einer gehörigen Portion Schlitzohrigkeit und einer großen Hartnäckigkeit vermochte er auch scheinbar Unmögliches möglich zu machen.

Als „Mann für alle Fälle“ stellte er sein Organisationstalent und seine Improvisationsfähigkeit mit Beginn der Polenhilfe 1981 unter Beweis, die Löffelsend weit über die Grenzen des Ruhrbistums hinaus bekannt machte. 1989 weiteten sich die Aktivitäten der Auslandshilfe der Caritas auf die UdSSR (später GUS) aus. Auch für die Caritas in der Ukraine war er aktiv. Es folgten weitere Projekte in Rumänien, dazu 1991 - gemeinsam mit der Landesregierung Nordrhein-Westfalen – das Reintegrations-Programm für Roma in Skopje und ein Jahr später die Organisation der Hilfen in Kroatien, Serbien, Bosnien und Albanien. Für sein Engagement in Mittel-, Ost- und Südeuropa erhielt Löffelsend1998 das Bundesverdienstkreuz am Bande.

International aktiv

Auch im Ruhestand ließ ihn die Leidenschaft für seine Projekte nicht los: Neben dem Einsatz für „sein“ Kinderheim im rumänischen Temeswar und Hilfsaktionen in Sri Lanka blieb der ehemalige Auslandsbeauftragte des Diözesan-Caritasverbandes weiter international aktiv. Der von ihm 2014 mitgegründete „Caritas-Flüchtlingshilfe Essen e.V.“ setzte das Engagement im Irak fort, wo er mit vielen Helfern im kurdischen Norden ein ganzes Dorf für Flüchtlinge aus dem Boden stampfte. Im zuvor leerstehenden ehemaligen Pfarrzentrum St. Barbara an der Elisenstraße entstand nicht nur ein riesiges Möbellager, sondern auch viele andere Aktivitäten: Knapp zwei Dutzend Sprachkurse, ein Erzählcafé, dazu Beratungsangebote für Flüchtlinge und rund 80 regemäßig tätige Ehrenamtliche kümmerten sich um Migranten, die durch den Syrienkrieg nach Deutschland kamen.

Dem Thema der Migration aktiv stellen

Dabei machte er aus seiner kritischen Haltung zu manchen Debatten der letzten Jahre kein Hehl: Es gehe ein „Riss durch die Gesellschaft“, erklärte er vor vier Jahren bei einem Diskussionsabend der Kolpingfamilie Essen-Borbeck und des katholischen Studentenvereins Unitas Ruhrania im Dionysiushaus. Natürlich seien die Kapazitäten Deutschlands in der Aufnahme von Flüchtlingen begrenzt, doch müsse man sich dem Thema der Migration aktiv stellen: Dringend sei von der internationalen Politik vor allem eine Bekämpfung der Fluchtursachen vor Ort gefragt. Die bessere Zusammenarbeit in Europa sei „im Grunde die einzige Möglichkeit“, auch wenn die osteuropäischen Länder nach der vielen erhaltenen Hilfe für ihn „eine einzige politische Enttäuschung“ seien, erklärte der „Europa-Fan“. Zwar tue „eine in vielen Jahren selbstzufrieden“ gewordene Kirche inzwischen eine ganze Menge – auch wenn man „noch ein Schippchen drauflegen“ könnte. Pfarrgemeinden und Gemeindemitglieder müssten deutlich machen „wo hier der Hammer kreist, was hier katholische Grundauffassung ist.“ Nicht zuletzt mit Blick auf Papst Franziskus, der durch seinen Besuch auf der Insel Lampedusa und seine vielfältigen Apelle immer wieder die Notwendigkeit der tätigen Caritas anspreche. „Das ist mein Papst“, so Löffelsend damals. „Der fährt dann auch da hin und donnert los, macht ein schlechtes Gewissen. Für mich persönlich war das Befreiungsschlag, was die Bedeutung von Caritas angeht.“

Teilen aus christlicher Haltung

Insgesamt sei klarzustellen, dass niemand so naiv sein dürfe, „wir könnten unseren Wohlstand halten, ohne mit denen zu teilen, denen wir unseren Wohlstand zu verdanken haben“, so der Caritas-Mann. Dazu gehöre auch die Überprüfung der Handelsbeziehungen „einer turbokapitalistischen Gesellschaft Europas“, meinte Rudi Löffelsend mit Blick auf die Vernichtung von Lebensmittelmärkten in Afrika und die großen Summen, die zur Rettung der Banken verwendet wurden. „Wenn sie einen Teil in sinnvolle Projekte in diesen Ländern verwenden würden, dann hätten wir eine Chance.“ Aus christlicher Haltung bleibe für ihn: „Das heißt auch: Abgeben. Wenn wir Schlimmeres verhindern wollen, dann müssen wir mehr teilen. Fair teilen, sonst klappt das alles nicht.“ Eine Haltung, die sicher ein Vermächtnis bleibt.

Foto oben: Achim Pohl/Bistum Essen

Unten: Diskussionsveranstaltung im Dionysiushaus Borbeck 2016

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