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0 04.10.2022
BORBECK. Lothar Dohr ist neuer Preisträger der Georg-Melches-Verdienstmedaille. Erst zum zweiten Mal ist 2022 die Auszeichnung für besondere rot-weiße Dienste vergeben worden. Bis zum 30. April konnten Vorschläge zur Auszeichnung beim Kuratorium eingereicht werden, das vom Ehrenamtsbeauftragten und je einem Vertreter des Vorstands, Aufsichtsrats, Ehrenrats, Wahlausschusses, der Fan- und Förderabteilung und der Essener Chancen gebildet wird. Die Entscheidung für Lothar Dohr fiel schnell, zumal die meisten Vorschläge seinen Namen trugen.
Bild oben: Glückliche Gesichter bei der Verleihung der Georg-Melches-Medaille (v.l.n.r.): Walther Müggenburg (Ehrenrat), Lothar Dohr (Georg-Melches-Medaillen-Träger), Marcus Uhlig (RWE-Vorstandsvorsitzender) und Detlev Jaritz (Ehrenamtsbeauftragter).
Das rot-weiße Urgestein ist in der RWE-Fanszene eine Legende. Der heute 62-Jährige wurde durch den Schlachtruf „Wer ist der Schreck vom Niederrhein?“ berühmt und gehört in der rot-weißen Fankultur zu den wichtigsten Persönlichkeiten. Gleichzeitig gehört er zu den Gründungsmitgliedern des 1. SC Rot-Weiss Essen Fanclub.
Lothar Dohr besuchte schon im Kindesalter mit seinem Vater die Begegnungen an der Essener Hafenstraße. Als er mit 11 Jahren erstmals mit ihm am 20. März 1971 zum Spiel RWE-Werder Bremen an die Hafenstrasse pilgerte, war ihm sicherlich nicht bewusst, dass er später durch den Club zur lebenden Legende werden würde. Die Rot-Weissen spielten 2:2. „Meine ganze Familie war zwar vom RWE-Virus infiziert“, erinnert sich Lothar Dohr. „Jedoch hat es bei mir etwas gedauert, bis ich so richtig Blut geleckt habe. 1973 habe ich angefangen die Heimspiele regelmäßig zu besuchen. Ein Jahr darauf habe ich dann mein erstes großes RWE-Highlight erlebt.
Lothar Dohr auf Fan-Schultern in der legendären Westkurve.
Im Alter von 15 Jahren stieg der in Essen-Dellwig geborene Dohr am 23.11.1974 zum ersten Mal „auf die Stange“. Und das ausgerechnet in München bei den Bayern. Lothar stellte den RWE-Anhängern vier Fragen: Wer ist der Schreck vom Niederrhein? – Wer sammelt alle Punkte ein? - wer spielt den Gegner an die Wand? - Wer schießt die Tore am laufenden Band?“, die mit einem lauten, Gänsehaut erregenden „Nur der RWE“ beantwortet wurden.
Wie zur Bestätigung folgte dann immer noch der Fangesang Aber eins, aber eins, das bliebt besteh´n, der Rot-Weiss Essen wird nie untergeh´n. Und danach folgte später das obligatorische und berechtigte „Lothar, wir danken dir!“ Gänsehaut, immer und immer wieder. Das Spiel bei den Bayern endete 2:2.
Laut Dohr war es damals eine spontane Aktion: „Den Ruf gab es schon, aber er wurde vorher nicht regelmäßig durchgeführt. Ich hatte eine markante Stimme und kam bei den Fans anscheinend gut an. Daraufhin habe ich es ständig gemacht.
Über drei Jahrzehnte stand Lothar Dohr danach auf der Stange oder saß auf den Schultern und stimmte die rot-weisse Liturgie an. Mitte der 2000er Jahre erklärte er offen: „Jetzt muss ich leider sagen, dass ich gesundheitlich nicht mehr auf der Höhe bin. Ich habe einen hohen Blutdruck und fühle mich einfach nicht mehr so fit, wie in meinen besten Jahren. Die Fans sollten sich darauf einstellen, dass es Lothar Dohr nie mehr auf der Stange geben wird. Jedoch füge ich gerne ein Sprichwort hinzu: Man soll niemals nie sagen.“
Und tatsächlich ließ sich Lothar Dohr nach dem Aufstieg aus der fünftklassigen NRW-Liga 2011 doch noch einmal bitten. „Beim Spiel in Siegen war es Bestandteil der Aufstiegsfeier. Das war ein schöner Moment“, erklärte Dohr gegenüber dem RevierSport.
Es gab zwar in der Folgezeit zwar einige Versuche von verschiedenen Personen diesen Wechselgesang wieder einzuführen, aber eigentlich scheiterte jeder dieser Versuche mehr oder weniger kläglich. Dohr hat dafür eine ganz einfache Erklärung: „Für so eine Aufgabe musst du eine besondere Stimme haben und alles geben, damit dir das ganze Stadion folgt. Das war bei den anderen nicht unbedingt gegeben.“
Seit 2002 ist Lothar Dohr offiziell als Fanbeauftragter für Rot-Weiss Essen im Einsatz. „Der Anlass war eigentlich ein ganz schlechter.“ erinnert sich Lothar Dohr. „2002 haben wir in Münster den Zweitliga-Aufstieg knapp verpasst. Nach dem Spiel gab es heftige Gewaltszenen, die im überregionalen Fernsehen zu sehen waren. Es war wieder einmal ein Tiefpunkt erreicht. Nach der Randale von Münster suchten die Verantwortlichen einen Fanbeauftragten. Für diesen Posten kam eigentlich nur ich in Frage. Ich kannte alle Fan-Klubs, inklusive der Essener-Hooliganszene. Der Aufgabenbereich ist vielfältig. Der Fanbeauftragte ist praktisch das Sprachrohr zwischen den Fans und Verein. Ich stehe in engem Kontakt mit dem Fanprojekt und mit Verantwortlichen von gegnerischen Klubs, vor Heim- und insbesondere Auswärtsspielen.“
Das ihm die Fans ganz besonders am Herzen liegen, kommt nicht von ungefähr. Schließlich ist Lothar Dohr Gründungsmitglied des ersten rot-weißen Fanclubs (von 1974 bis 1979 noch „Rote Teufel“ genannt) und übernahm dort von Detlev Jaritz 1999 bis heute die Position des 1. Vorsitzenden.
Heute trifft man Lothar Dohr außer an den Spieltagen leider nicht mehr direkt an der Hafenstraße an. Dafür ist er nach wie vor am Standort des AWO-Fan-Projekt in der Georg-Melches-Hütte an der Lehrstraße aktiv, koordiniert von dort u.a. die RWE-Auswärtsbusse und steht für die RWE-Fans regelmäßig auch hinter der Theke, die ihnen im neuen Stadion noch so schmerzlich fehlt.
Lieber Lothar, die gesamte RWE-Familie gratuliert Dir ganz herzlich zur Verleihung der Georg-Melches-Verdienstmedaille.
Georg Schrepper
unten: Vorder- und Rückseite der Georg-Melches-Verdienstmedaille
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