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1 23.02.2024
BERGEBORBECK. Manche Dinge gehören einfach zusammen: Essen, Stauder, Pommes-Currywurst, RWE und das Hafenstübchen. Vor 20 Jahren eröffnet, ist die ehemalige Taxi-Zentrale über die Jahre hinweg zu einer rot-weissen Institution geworden. Wer die urige Kult-Kneipe auf der vom Stadion aus anderen Seite der Bahngleise nicht bereits besucht hat, der dürfte auf dem Weg zum Spiel zumindest an ihr vorbeigelaufen sein. Ab den Vormittagsstunden ist bis zum Spielbeginn vor dem Hafenstübchen kaum noch ein Durchkommen, die Hafenstraße schon 90 Minuten vor dem Anpfiff an der Kreuzung zur Bottroper Straße gesperrt. Und nach dem Abpfiff trifft man sich hier zur Spielanalyse.
Stauder trinken, Kumpels treffen, sich über die letzte und bevorstehende Partie austauschen – Dinge, die den Spieltag besonders machen. Dafür steht das „Stübchen“ an der Hafenstraße 69, über der RWE-Ikone Hansi Dörre groß geworden und das direkter Nachbar von Rot-Weiss Essen ist. Am 23. Februar 2024 feiert Wirtin Susi und ihr Team den 20. Geburtstag des Hafenstübchen.
Das Hafenstübchen hat längst Kultstatus erlangt, seit 2004 alles mit drei Kästen Bier begann. Eigentlich sollte es ein Kiosk werden. Heute ist die kleine Kneipe am Bahnübergang der Hafenstraße für viele der letzte Stopp auf dem Weg zum Stadion. Flaschenbier wird durchs Fenster gereicht, vom Herd gibt es Hausmannskost. Im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund gibt es ein Foto vom „Hafenstübchen“ – als Sinnbild für Fankultur.
„Wenn die Hausnummer 97a das Herz der Hafenstraße ist und somit unsere Lebensader, dann ist das Hafenstübchen die Seele der Hafenstraße. Ist die Schickeria für uns Fußballproleten, dieser siebte Himmel für Grillwurst im Brötchen“, schrieb Uwe Strootmann in einer Kolumne. „Es passt alles zueinander: Das geöffnete Fenster mit der „Stauderdurchreiche“, der Bratwurststand. Man bekommt den Puls der Zeit gratis zum Bier dazu. Hier bin ich rot-weiss, hier darf ich es sein.“
Bis zum Abriss des Georg-Melches-Stadions war die Kult-Kneipe eher ein Geheimtipp. Im alten Stadion gab es schließlich noch eine Vereinsgaststätte und vor der Osttribüne standen Getränkestände. Mit der Eröffnung des neuen Stadions an der Hafenstraße ging es für das Hafenstübchen dann richtig los. An Spieltagen kümmert sich mittlerweile ein Team von 8-9 Personen um das leibliche Wohl der RWE-Fans. Die kühle Flasche Stauder gibt es weiterhin direkt aus dem Wohnzimmer- oder Küchenfenster, direkt neben dem Hafenstübchen steht man geduldig für eine leckere Bratwurst am Grillstand an.
Es ist schwer zu schätzen, wie viele RWE-Fans sich heute am Spieltag vor dem Hafenstübchen versammeln. Der Vorplatz und die Hafenstraße ist jedenfalls voll von Menschen im rot-weissen Outfit. Wenn die Logen, Assindia und Zeche Hafenstraße im Stadion 90 Minuten nach Spielschluss schließen, kommen zahlreiche VIP-Gäste auch noch auf einen Absacker vorbei.
Im Hafenstübchen sind alle gleich, „aber bunt gemischt wie eine Bonbon-Tüte“, erzählt Wirtin Susi schmunzelnd und fügt hinzu: „Mein Publikum habe ich mir erzogen und wenn es mal Theater gibt, habe ich das schnell im Keim erstickt.“ So wie bei der Auseinandersetzung, als sich zwei Frauen sprichwörtlich in die Haare kriegten, daran zogen und gegenseitige Schimpftiraden abließen, bis eine plötzlich meinte: „Ich habe jetzt die Schnauze voll. Ich gehe Susi holen.“ Susi tippte ihr nur auf die Schulte und sagte „Ich bin schon da.“
In der Corona-Zeit geriet das Hafenstübchen 2021 in eine existenzielle wirtschaftliche Notlage. Zuschauer durften nicht ins Stadion, die Fans vor dem Hafenstübchen auch nicht mehr stehen. „Die Idee zu einer Rettungsaktion wurde nach dem sensationellen Pokalsieg gegen Leverkusen geboren“, berichtet Dirk Kindsgrab von der FFA. Nach dem Abpfiff führte er den in Altenessen geborene Sky-Moderator Hansi Küpper zum „Hafenstübchen“ und fragte ihn, ob er helfen könne. Der Kommentator ließ sich nicht lange bitten. Denn: „Das Hafenstübchen ist ein Stück RWE. Es geht um ein Stück Fußballkultur. Es geht um die Rettung des Hafenstübchens“.
So wurde ein bunter Abend im Hafenstübchen organisiert, an dem die RWE-Fans per Zoom-Link teilnehmen konnten. Gemeinsam mit Fanvertreter Dirk Kindsgrab führte Hansi Küper am 26. März 2021 ab 19:07 Uhr durch die Online-Veranstaltung mit Anekdoten, Quiz, Talkrunden, Interviews zur bewegten Vereinsgeschichte, Verlosung und Live-Musik. Sandy Sandgathe sorgte an der Gitarre für die stimmungsvollen musikalischen Zwischentöne. Nachdenkliches über die Auswüchse des modernen Fußballs trug RWE-Mitglied Andreas Rettig, ehemals Manager der Deutschen Liga (DFL) bei.
Bei dem Charity-Abend der Fan- und Förderabteilung von RWE kamen 8.464,35 Euro an Spenden zusammen. Das Hafenstübchen war damit ein Stück weit gerettet und konnte wenige Monate später wieder zum Treffpunkt der RWE-Fans werden.
„Hafenstübchen-Rettungsteam" mit Hansi Küpper, Dirk Kindsgrab und Andreas Rettig
Abseits der Spieltage ist das Hafenstübchen außer donnerstags und samstags ab 17.00 Uhr geöffnet. Gutbürgerliche Küche - ehrliche Hausmannskost - faire Preise wirbt die wöchentlich wechselnde Speisekarte. Einen Tag vorher bestellt, wird das Essen mittags die ganze Woche über außer Haus geliefert. Zu den Öffnungszeiten kann man auch im Hafenstübchen speisen.
Zum 20. Geburtstag plant Susi noch eine besondere Überraschung an der Seele der Hafenstraße.
Text und Bilder: Georg Schrepper
Kommentare
Kommentar von Lothar |
So kommentiert und schreibt nur ein echter sich begeistender RWE Fan...
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