Fronleichnam: Eucharistische Ehrengarden seit über 130 Jahren dabei

Bekenntnis und Tradition sind bis heute lebendig

0 17.06.2025

BORBECK / ESSEN. Fronleichnam ist für sie ein Pflichttermin: Die Eucharistischen Ehrengarden treten am Donnerstag, 19. Juni 2025, zur Messe mit Bischof Franz-Josef Overbeck um 10:00 Uhr auf dem Burgplatz in Essen an. Die musikalische Gestaltung übernehmen der Mädchenchor am Essener Dom, die Domsingknaben und das Blechbläserensemble der Schönebecker. Auch die Borbecker Garden nehmen wieder teil - eine Tradition, die in ganz Deutschland fast ausschließlich so nur im Bistum Essen besteht.

Traditionsreiches Kirchenfest

Ursprünglich sorgten in der Stadt wohl die seit 1390 bestehenden Schützenbruderschaften für Ordnung bei dem großen Fest, das 1264 als Fest für die gesamte Kirche eingeführt und erstmals mit Prozession in Köln gefeiert wurde. Der Termin liegt immer 10 Tage nach dem Pfingstsonntag, also 60 Tage nach Ostern. Wie eine im Liber ordinarius überlieferte Liturgie nachweist, wurde bereits seit dem 14. Jahrhundert auch in der Stadt Essen der „Leib des Herrn“ – so die Übersetzung des alten deutschen Worts „Fronleichnam“ - durch die Straßen der Stadt begleitet: Die Hostie, das geweihte Brot in der Monstranz, steht für den darin gegenwärtigen Gott, der mit dem „Volk Gottes“ auf dem Weg ist. Der an mehreren Stationen mit der Monstranz gespendete Segen diente dem Wohl der Stadt, der Bürger und der Ernte, versprach den Menschen ihrer Zeit Hilfe vor allen möglichen Katastrophen und vor Krieg.

Vom Ende des 18.Jahrhunderts ist eine Beschreibung der Prozession überliefert, die mit großem Prunk unter Beteiligung des fürstlichen Hofes und der Gläubigen in verschiedenen Gruppen mit mehreren Tausend Teilnehmern vier Stunden lang durch die Stadt zog. Bürger und Bauern begleiteten den Zug mit brennenden Fackeln, der sich durch Ehrenpforten und über mit Gras und Blumen bestreute Straßen bewegte. Von den mit Reliquien versehenen Altären wurde unter Kanonendonner der Segen erteilt. 1785 war bei der Prozession das deutsche Kirchenlied eingeführt und nach der Aufhebung des Stiftes wurde die Essener Fronleichnamsprozession von der Pfarrgemeinde der Münsterkirche weitergeführt.

Kundgebung für Glaube und Kirche

Die große Prachtentfaltung der Barockzeit mit Musik, Salut, Fahnen, Gruppen, Ehrenbögen und Blumenteppichen erfuhr im 19. Jahrhunderts eine neue starke Belebung. Allerdings führte der Brauch zu mehreren protokollierten Auseinandersetzungen und ernsten Schlägereien, die zu mehreren Gerichtsverhandlungen führten. Als auch die Teilnehmerzahlen beträchtlich zunahmen, wurde 1883 in Essen eine neue Prozessionsordnung nach Gladbacher und Bonner Vorbild für die selbstbewusste nördliche Grenzstadt des Erzbistums Köln gedruckt.

Doch der seit Reichsgründung 1871 ausgebrochene Kulturkampf und der erst 1887 endgültig beendete staatliche Druck auf die katholische Kirche machte das religiöse Bekenntnisfest nun auch zu einer politischen Demonstration. Als Reaktion auf einige Übergriffe bildete sich am 27. Juni 1894 die erste Ehrengarde in Essen, wie der ehemalige Borbecker Pfarrer und Essener Stadtdechant Otmar Vieth ausführlich beschrieb - er selbst war jahrelang Geistlicher Ehrenoberst in Borbeck, im Stadt- und Diözesanverband. Die Gründungsstatuten bestimmten damals: „I. Zweck der Ehrengarde ist, die Frohnleichnams-Prozession zu verherrlichen und das Allerheiligste gegen äußere Gefahr mit Blut und Leben zu schützen. II. Actives Mitglied kann jeder katholische Bürger der Essener Pfarrgemeinden werden, der 1. bei einem deutschen Trupenteile militärisch mindestens 6 Wochen ausgebildet ist, 2. sich verpflichtet, einen den Vorschriften des Status entsprechenden Anzug zu beschaffen, 3. einen jährlichen Beitrag von 3 Mark an die Vereinskasse zahlt.“

Als Schutz für das „Allerheiligste“ begleiten die Garden seitdem den Priester, der das vergoldete Schaugefäß unter einem getragenen „Himmel“ durch die Straßen trägt. Als Uniform wählten sie - wohl nach dem Vorbild der päpstlichen Ehren- und Nobelgarden - den schwarzen Gehrock, den Zweispitz mit Federbusch, Fangschnüre, Schulterklappen und Offiziersdegen. Auf der Brust trägt der Gardist den Gardestern mit ihrem bis heute gültigen Leitwort „Mit Gott! Für Gott!“. Dem Beispiel der in der Altstadt aktiven Garde folgte man vor allem zunächst in den westlichen Stadtteilen Altendorf und Frohnhausen, später auch in den umliegenden Städten, wo sie seitdem zum festen Bild bei großen kirchlichen Feiern gehören.

Garde aus der Pfarrjugend auch in Borbeck

Älteste Garde im damals noch selbständigen Borbeck ist die Ehrengarde der Mutterpfarre St. Dionysius. 1896 nahm Philipp Holte das Vorbild aus Essen auf. Er war Schriftführer der 1860 gegründeten Jünglingskongregation von St. Dionysius, die in der Pfarre mit vielen repräsentativen Aufgaben beauftragt war - insbesondere zur Verschönerung der 1628 neu gestifteten Borbecker Gottestracht. Bei der konstituierenden Versammlung am 19.4.1896 trat der auf Schloß Borbeck wohnende Reichsfreiherr Ferdinand von Fürstenberg als einziges passives Mitglied bei.

Die Garde setzte die Aufgaben der Jünglingskongregation fort, verpflichtete sich zur Teilnahme an Eucharistischen Feiern, den Fronleichnamsprozessionen, dem vierzigstündigen Gebet und der Nachtwache beim Ewigen Gebet, übernahm die Verschönerung von Veranstaltungen besonderer Art (Ostermesse, Firmungen, Feier des Pfarrpatronatsfestes, Christkönigsfeiern), Grundsteinlegungen, Benediktionen und Konsekration von Kirchen, die Einführung von Geistlichen, Primizfeiern und ähnliche besondere Anlässe. Wichtigster Termin blieb die Borbecker Fronleichnamsprozession, bei der sie das Allerheiligste in einheitlichem schwarzem Gehrock, mit Zylinder, Schärpe und Degen begleiteten.

Lebendige Glaubensgeschichte bis heute

Mit der der Errichtung von selbständigen Pfarreien in Frintrop und Bergeborbeck, Schönebeck, Dellwig und Unterfrintrop setzten sich die Gründungen fort. Seit 1901 begleitete die Borbecker Garde die jährlichen Kevelaer- und Hardenberg-Wallfahrten der Pfarrgemeinde, trennte sich 1908 vom St. Aloisius-Jünglingsverein und schloss sich 1910 mit den inzwischen sechs in der alten Bürgermeisterei bestehenden Garden in einem eigenen Dekanatsverband zusammen. 1922 trat die Neugründung einer Garde an St. Fronleichnam (Bochold) dem Verband bei, der von den bis dahin 23 bestehenden Ehrengarden auf Essener Stadtgebiet mit 156 Mitgliedern fast ein Drittel aller Gardisten stellte.

Gut 100 Jahre sind seitdem vergangen, doch die Tradition ist lebendig geblieben: Der Essener Diözesanverband mit seinen rund 40 Eucharistische Ehrengarden versteht sich seit 2024 als „Gemeinschaft von Männern und Frauen, die gemeinsam ihren Glauben an Jesus Christus öffentlich bekennen, Jesus im Sakrament der Eucharistie verehren und bei liturgischen Festen (z.B. Prozessionen) ein besonderes Schutzgeleit für das Allerheiligste stellen.“

Reise nach Tirol steht an

Die Eucharistische Ehrengarde an der Muttergemeinde St. Dionysius in Borbeck feierte 2022 ihr 125-jähriges (+1) Bestehen mit viel Besuch in der Borbecker Dampfe. Regelmäßige Betstunden, viele gesellige Treffen und Reisen prägen ihr Gemeinschaftsleben. Doch auf eine gemeinsame große Tour in diesem Jahr freuen sie sich ganz besonders, berichtet Oberst Georg Albrecht: So werden allein die Borbecker Gardisten die Hälfte einer rund 50-köpfigen Delegation aus dem Bistum Essen bei einem erneuten Besuch der Sakramentsgarden in Schwaz/Tirol stellen. Dort treten sie auf Maria Himmelfahrt am 15. August in Uniform an. Gegenbesuche der Garden aus Hall und Schwaz im Bistum gab es bereits.

Die Gruppe aus St. Dionysius wird man dabei – wie bei der anstehenden Essener Fronleichnamsprozession - sicher nicht übersehen können: Sie tragen als einzige aller Garden überhaupt einen leuchtend roten Gehrock. Gerüchten zufolge gab es bei der Wiederneuanschaffung der Uniformen nach den Zerstörungen des II. Weltkrieges keinen anderen Stoff. …

CB

Beim 125-Jährigen 2022: (v.I.) Oberst Georg Albrecht, Weihbischof em. Wilhelm Zimmermann, Oberbürgermeister Thomas Kufen, © Ehrengarde St. Dionysius. Unten: Angetreten zum Gruppenbild in der Borbecker Dampfbierbrauerei

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