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0 21.04.2023
BORBECK. Borbeck ist ein ausgesprochener Schulstandort – wie wohl kaum ein anderer Stadtbezirk. Doch stadtweit sind die Sorgen der Bildungsplaner unübersehbar: Schulen werden dringend gebraucht, vorausschauende und zukunftsfeste Investitionen sind gefragt. Zu diesem Thema erreicht uns eine aktuelle Analyse des Schulentwicklungsplans aus Borbecker Sicht – verfasst von Wolfgang Sykorra, von 1987 bis 2006 Schulleiter am Gymnasium Borbeck, der jahrzehntelang die lokale Bildungslandschaft beobachtet und aktiv mitgeprägt hat:
Der größte Essener Stadtbezirk Borbeck mit seinen etwa 80.000 Einwohnern zeichnet sich durch eine große Vielfalt an schulischen Angeboten aus. Diese Vielfalt war in der Vergangenheit wiederholt gefährdet. Seit knapp zwei Jahrzehnten wurden nämlich mit der Anne-Frank-Schule und der Rosenhügelschule zwei Grundschulen aufgegeben, die Schule Schönebeck wurde Teil des städtischen Schulverbundes mit der Eichendorff-Schule und die Dürerschule konnte nur durch heftigen Widerstand vor dem Schließen bewahrt werden. Die Hauptschulen an der Lohstraße und der Haus-Berge-Straße liefen aus. Bedroht war ebenfalls das Gymnasium Borbeck, das Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre in eine Gesamtschule umgewandelt werden sollte. Dies sah jedenfalls der damalige Schulentwicklungsplan der Stadt Essen vor.
Im Gegensatz zu diesen früheren Zielvorstellungen sichert der aktuelle sehr umfangreiche mehrbändige Schulentwicklungsplan „Grund- und Förderschulen 2021 – 2027“ sowie „Weiterführende Schulen 2021 – 2030“ den augenblicklichen Bestand der städtischen Schulen.
Der Schulentwicklungsplan einer Stadt soll dafür sorgen, dass alle Schülerinnen und Schüler „möglichst zu jedem Zeitpunkt optimale Lernbedingungen vorfinden und ihnen ein Bildungsangebot zur Verfügung steht, das ihren Bedürfnissen entspricht.“
Im Einzelnen sieht die Planung eine differenzierte Entwicklung für die städtische Schulen in Borbeck vor. Dabei ist die Zügigkeit einer Schule von besonderer Bedeutung. Die Zügigkeit beschreibt die Anzahl der parallelen Klassen einer Jahrgangsstufe.
Acht Gemeinschaftsgrundschulen – Bergmühlenschule, Dürerschule, Grundschule Bedingrade, Höltingschule, Kraienbruchschule, Schlossschule, Schule am Reuenberg, Schule Gerschede - sowie vier katholische Grundschulen in städtischer Trägerschaft – Altfriedschule, Bischof-von-Ketteler-Schule, Dionysiusschule, Eichendorffschule mit dem Gemeinschaftsstandort der früheren Schule Schönebeck – bilden das Angebot für die Schulanfänger in der Primarstufe. Die Schulen werden bis auf die dreizügigen Altfried- und Bischof-von Ketteler-Schule zweizügig geführt. Allen gemeinsam ist ein intensives schulisches und kulturelles Leben. Dazu zählt auch das in einzelnen Schulprogrammen erklärte Ziel der Integration von Kindern mit einem Handicap.
In Bochold, Bedingrade und Gerschede werden die Schulplätze in den nächsten Jahren für die Kinder, die aus diesen Stadtteilen zur Einschulung anstehen, nicht auskommen – so die Einschätzung des Schuldezernats. Denn auch der Zuzug von neu zugewanderten Kindern stellt besonders die Schulen in Bochold und Bergeborbeck vor enorme Probleme. So gibt es in einzelnen Jahrgangsstufen keine freien Plätze mehr.
Mit dem Bau einer neuen dreizügigen Schule in Bochold kann deshalb dem Bedarf in diesem Stadtteil begegnet werden. Als Alternative zum dafür geplanten Standort Haus-Berge-Straße soll auch die Lehrstraße, die bis vor einiger Zeit Teilstandort für die Albert-Liebmann-Förderschule war, im Blick gehalten werden. Dieses Gebäude kann wegen der Schadstoffbelastungen augenblicklich nicht genutzt werden. Aber die Schulverwaltung will die Fläche weiterhin in schulischer Planung behalten.
Bedingrade sei „als Raumeinheit mit Frintrop“ zu sehen, weil viele Schülerinnen und Schüler, die in Bedingrade wohnen, die Altfriedschule in Frintrop, die ein Erweiterungsgebäude erhält, im Bestand saniert und deren Außengelände neu gestaltet wird, besuchen. Um eine wohnortnähere Beschulung anbieten zu können, wird von der Fachverwaltung geprüft, ob die Grundschule in Bedingrade erweitert werden kann. Gleichzeitig sei eine Flächensuche für eine neue zwei- bis dreizügige Grundschule vorzunehmen; denn eine mögliche Erweiterung der Grundschule Bedingrade fängt die Bedarfe, die für diesen Stadtteil erwartet werden, nicht ganz auf.
Für die Schule Gerschede muss eine Erhöhung der Zügigkeit von zwei auf drei Züge geprüft werden. Dies gilt ebenso für die Dionysiusschule, die in Borbeck-Mitte viele Kinder aus Bochold aufnimmt.
Darüber hinaus gilt, dass veraltete Schulpavillons durch neue, größere Modulbauten ersetzt werden müssen.
An städtischen Förderschulen stehen die 1975 für die Primarstufe und die Sekundarstufen I und II gegründete Traugott-Weise-Schule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung, die Albert-Liebmann-Schule als Förderschule im Bildungsbereich der Primarstufe mit dem Förderschwerpunkt Sprache und die am Rande des Borbecker Ortskerns angesiedelte Möllhovenschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen, emotionale und soziale Entwicklung für die Klassen 1 bis 10 bereit.
Die Albert-Liebmann-Schule Schule hat zwei Standorte. Das Hauptgebäude befindet sich am Rande des Schlossparks an der Schlosswiese. Im Jahr 2019 musste sie kurzfristig ihre an der Lehrstraße am ehemaligen Standort der Rosenhügelschule angesiedelte Dépendance wegen der dort akut aufgetretenen Schadstoffbelastungen aufgeben und einen neuen Standort in der früheren Hauptschule an der Adelkampstraße in Frohnhausen beziehen. Das Einzugsgebiet der Albert-Liebmann-Schule umfasst neben der Stadt Essen auch die Stadt Oberhausen.
Im Rahmen der weiteren Planung für die Förderschulen werden – so der Schulentwicklungsplan - alle Standorte kontinuierlich in den Blick genommen, so dass gemeinsam mit der schulfachlichen Aufsicht zusätzliche Maßnahmen rechtzeitig geplant werden können.
Für den Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation erweitern die beiden vom Landschaftsverband Rheinland geführten Stufen der Primarstufe und der Sekundarstufe I in Bedingrade die Angebote. Da sie aber keine städtischen Schulen sind, unterliegen sie nicht den Auflagen des Schulentwicklungsplans der Stadt Essen.
Derzeit umfasst das Hauptschulangebot in Essen insgesamt neun Züge, die auf vier Schulen verteilt sind. Zur Sicherung des Bedarfs reichen – so die Schulverwaltung – acht Züge aus.
Im Zuge der Fortschreibung der Schulentwicklungsplanung sollen alle Essener Hauptschulen deshalb zweizügig geführt werden, was eine Reduzierung der jetzigen Zügigkeit an der Hauptschule Bochold von drei auf zwei Züge bedeutet. Denn das Gebäude der Schule lässt nach Meinung der Stadt aus baulicher Sicht keine Dreizügigkeit zu.
Die weiter steigenden Schülerzahlen werden nach Ansicht der Stadt dazu führen, dass die Realschulen in Essen nicht allen Kindern, die einen Schulplatz in dieser Schulform nachsuchen, einen entsprechenden Platz anbieten können. Zudem komme der Realschule eine entscheidende Rolle bei der Aufnahme von Schulformwechslerinnen und -wechslern zu.
Aus diesem Grund seien weitere Standorte für eine Erhöhung der Zügigkeit vorgesehen, auch im Stadtbezirk Borbeck. Geprüft werden müssten deshalb auch Teilstandortlösungen, sog. Dépendancen, falls die Grundstücke selbst keine bauliche Erweiterung zulassen, wie es beispielsweise bei der bisher dreizügig geführten Realschule am Schloss Borbeck der Fall sei. Voraussetzung für Teilstandortlösungen seien geeignete Flächen in zumutbarer Entfernung der Schule. Der Neubau mehrerer Räume an der Geschwister-Scholl-Schule wird deren Vierzügigkeit stabilisieren. Weitere Handlungsempfehlungen gibt der Schulentwicklungsplan dazu nicht.
Der an Essener Gymnasium festgestellte zusätzliche Bedarf kann durch den Neubau von zwei vierzügigen Gymnasien und die Erhöhung der Zügigkeit an mehreren Gymnasien gedeckt werden.
Für das Gymnasium Borbeck als älteste weiterführende Schule des Stadtbezirks Borbeck ist an eine Erhöhung der Zügigkeit von vier auf fünf parallelen Klassen gedacht. Obwohl das GymBo bereits seit mehr als 25 Jahren über ein zweites Schulgebäude an der Wüstenhöferstraße verfügt, reichen die Kapazitäten für eine höhere Zügigkeit nicht aus.
Denn 2009 wurden im Hauptgebäude an der Prinzenstraße die alten Pavillons zwischen Schulhof und Sportplatz ersatzlos abgerissen, so dass jetzt neun Raumeinheiten fehlen. Dieser Fehlbedarf kann nur durch einen Anbau ausgeglichen werden.
Davon unberührt sind die im Sport- und für einen Aula-Bereich vorgesehenen Bauarbeiten in der Ausführung.
Das Mädchengymnasium Borbeck ist in NRW das einzige monoedukative Gymnasium nur für Mädchen in städtischer Trägerschaft. Für die dreizügig geführte Schule reicht vor dem Hintergrund der hier in den letzten Jahren deutlich zurückgegangenen Anmeldezahlen der vorhandene Bestand aus.
Der Schulentwicklungsplan spricht darum „derzeit keine Handlungsempfehlung“ aus.
Das Don-Bosco-Gymnasium für Jungen und Mädchen befindet sich in privater katholischer Trägerschaft. Für diese Schule gilt der städtische Schulentwicklungsplan deshalb nicht.
Im Stadtgebiet sei – so die Schulverwaltung - der Bedarf an zusätzlichen Gesamtschulplätzen unübersehbar: Deshalb sollen Zügigkeitserhöhungen an der Gesamtschule Holsterhausen sowie Borbeck geprüft werden. Beide weisen zudem Schulraumbedarf auch ohne Erhöhung des Schulplatzangebotes auf.
Im Jahr 1991 wurde bei ihrer Gründung die Aufteilung der Gesamtschule Borbeck auf zwei Standorte beschlossen. Denn mit dem Gebäude der auslaufenden Hauptschule an der Hansemannstraße standen damals insgesamt genügend Räume zur Verfügung. Die Klassen 5 bis 8 sind darum heute im Schulgebäude an der Hansemannstraße, die Klassen 9 und 10 sowie die Sekundarstufe II im Gebäude an der Ripshorster Straße untergebracht.
Die Stadt will jetzt die Realisierungsmöglichkeiten für eine Erhöhung der Zügigkeit und eine Optimierung des Angebots in den Bereichen der äußeren Differenzierung und der Beratungsmöglichkeiten prüfen.
Insgesamt heiß die Kernforderung des aktuellen Schulentwicklungsplan: „Schulraum gesucht“
Wolfgang Sykorra
Quellen:
Stadt Essen (Hrsg.): Band I. Grund- und Förderschulen 2021 – 2027, Essen 2021
Stadt Essen (Hrsg.): Weiterführende Schulen 2021 – 2030. Band II. Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien, Gesamtschulen, Essen 2021
Wolfgang Sykorra: Die Schullandschaft in Borbeck. In: Lothar Böning (Hrsg.), Von der Penne in die Welt. Borbecker Porträts, S. 148 – 150
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