Das Millenium-Konzert: Einzigartig

Franz Josef Gründges erinnert sich an das SJB-Weihnachtskonzert 2000 und an Martin Benstein

0 19.12.2020

SCHÖNEBECK. Es ist Samstag, der 16. Dezember 2000. Das Millennium-Weihnachtskonzert der Schönebecker steht vor der Tür. Es wird ganz im Zeichen der amerikanischen Weihnacht stehen. Bühnenbild und Baumschmuck sind entsprechend amerikanisiert. Beide Konzerte in der Aula des Mädchengymnasiums Borbeck sind restlos ausverkauft.

Die Schönebecker eröffnen das Konzert mit dem Titel "Macht hoch die Tür” in der Bearbeitung von Jan de Haan. Die Begrüßung beginnt Franz Josef Gründges, Vorsitzender des Förderkreises, wie stets seit 1985 mit dem Wort "Barock, Bach, Benstein und vieles mehr bietet das 41. Weihnachtskonzert des Schönebecker Jugend-Blasorchesters.”

Namentlich begrüßt er Essens Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Reiniger, den Vorsitzenden des Lions Clubs Assindia Dr. Wolfgang Ziemann sowie Kurt Ehrke (TRIMET Aluminium AG), Ratsherr Flügel (Ratsherr), Sponsor Werner Nautsch (Sponsor), Margarete Roderig (Bezirksvertretung IV), Polizeipräsident Herbert Schenkelberg, Herbert Schlotmann (Bürger- und Verkehrsverein Frintrop), Pastor Otmar Vieth Pastor) und Michael Wolframm (Leiter des Grünflächenamts Borbeck). Günter Eggert hat mit dem großen Orchester mehrere Titel einstudiert: Die „Ceremonial Overture“ von Lorenzo Pusceddo, die Sätze 1 und 5 aus der Sinfonie Nr. 1 „Der Herr der Ringe“ von Johan de Meij, „A Vaughan Williams Christmas“ von Ralph Vaughan Williams und zum Abschluss des ersten Konzertteils „Canticles“ von James Curnow (Leitung Constantin Hesselmann).

Den Anfang des zweiten Konzertteils übernimmt das Nachwuchsorchester unter Leitung von Jürgen Fassbender. Die Mädchen und Jungen spielen "The Greatest Love of All” von Michael Masser, die "Geburtstagskantate” von Johann Sebastian Bach und "Caprice” von William Himes. Ein Blechbläserensemble trägt den Titel „Black Sam“ von Chris Hazell vor (Einstudierung Martin Asmacher), ein Klarinettenquintett den 1. Satz aus dem „Italienischen Konzert“ von Bach (bearbeitet, einstudiert und dirigiert von Constantin Hesselmann). Danach spielt das SJB die weihnachtliche Weise „Ich steh an deiner Krippen hier“ von Johann Sebastian Bach“. Es beendet das Konzert traditionell mit dem Weihnachtslieder-Potpurri „In heil’ger Nacht“ von H. Egidius.

Der Lions Club spendiert ein Saxofon und ein E-Piano

Es gibt ein ausgesuchtes Rahmenprogramm. Franz Josef Gründges verleiht Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Reiniger die Ehrenmitgliedschaft im Förderkreis für das SJB. In der Urkunde heißt es: „Der Förderkreis für das SJB Essen e.V. verleiht Essens Borbecker Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Reiniger für sein öffentliches Lob des SJB und seine hohe Wertschätzung des Ehrenamtes die Ehrenmitgliedschaft.“ (Bild unten/alle Fotos SJB-Archiv)


Wolfgang Ziemann und Klaus Aghte vom Lions Club Assindia überreichen dem SJB Instrumente im Werte von 20.000 Mark – ein Bariton-Saxophon, Bestandteile des Orffschen Instrumentariums und ein E-Piano.

Martin Benstein erhält aus der Hand von Günter Eggert, seinem langjährigen Freund und Musikkollegen, eine Urkunde mit folgendem Wortlaut: „Für seine Verdienste um die deutsch-amerikanische Jugendverständigung und für seine 25-jährige Freundschaft zum Schönebecker Jugend-Blasorchester wird Mister Martin Benstein diese Ehrenurkunde verliehen.“ (Bild unten)

 

Martin Benstein war bei den Orchesterfahrten des SJB in den USA 1980, 1987 und 2000 Organisator und Reiseleiter und war mit den Highschool-Orchestern aus Elkart (Indiana) und Galesburg/Augusta (Michigan) 1976, 1979, 1983 und 1987 Gast des SJB. Das Orchester bedankt sich bei Martin Benstein mit einem liebevoll zusammengestellten und kommentierten Fotoalbum von der USA-Reise 2000.

Mit einem Dank an die Mitwirkenden und dem Hinweis auf die aktuelle CD, aufgenommen über Pfingsten 2000 in der Landesmusik-Akademie NRW in Heek, geht das Konzert zu Ende. Die Zuhörer nehmen als Geschenk eine Weihnachtsgrußkarte des SJB zur persönlichen Verwendung mit nach Hause.

Nach dem Konzert stellen sich die Dirigenten samt Moderator dem Fotografen: Constantin Hesselmann, Martin Benstein, Franz Josef Gründges (Moderator), Günter Eggert und Jürgen Fassbender. (Bild unten)

Erinnerung an Martin Benstein

Am 6. September 2009 ist Martin Benstein in seiner Heimatstadt Salem im US-Bundesstaat Oregon den Folgen einer schweren Krankheit erlegen. Das war ein schwerer Verlust für seine Ehefrau Hannah und die Kinder Tamara und Marc mit ihren Familien, aber auch für die Schönebecker Musikfamilie. Wer war Martin Benstein?

Martin Benstein, geboren 1943 in Salem, Oregon (USA), Musiklehrer von Beruf, war während seines Deutschlandaufenthalts in den Jahren 1980 und 1981 mit seiner Familie als Gast bei SJB-Vorstandsmitglied Werner Neumann. Am 5. August 1981 kehrten die Bensteins in die USA zurück. Damals sagte Martin Benstein im Gespräch mit den Borbecker Nachrichten: „We take home the memories of a live time.” Dass die Erinnerungen an die Schönebecker Freunde und an das SJB lebendig geblieben sind, ist neben den persönlichen Kontakten nicht zuletzt den vier Besuchen zu verdanken, die ihn mit den High School Bands aus Galesburg (Michigan) und Elkhart (Indiana) 1976, 1979, 1983 und 1988 nach Borbeck führten. Darüber hinaus war er Cheforganisator und Reiseleiter der USA-Orchesterreisen des SJB in den Jahren 1980, 1987 und 2000.

Martin Benstein hatte es nach der Auflösung seines Vertrags mit der High School in Elkhart in ein Camp der US-Army auf Sizilien verschlagen, wo er sieben Jahre als Musiklehrer tätig war und nur darauf wartete, endlich in Deutschland stationiert zu werden, um so den Schönebeckern näher zu sein. Nachdem er schließlich als Musiklehrer in ein oberpfälzisches Militärcamp bei Hahnbach versetzt worden war, ließ er es sich nicht nehmen, bei Wind und Wetter zu den Probenwochenenden in Nütterden und den Weihnachtskonzerten des SJB in der Aula des Mädchengymnasiums Borbeck zu kommen, um dort s e i n e Stücke persönlich einzustudieren und zu dirigieren. Erstmals war er beim Weihnachtskonzert am 15. Dezember 1997 Gastdirigent des SJB, zum letzten Mal dirigierte er das SJB auf den Tag genau zehn Jahre später beim Weihnachtskonzert am 15. Dezember 2007. Zum Abschied schenkte ihm das Orchester ein Foto, das ihn beim Probenwochenende im November mitten unter seinen Schönebeckerinnen und Schönebecker zeigt. Franz Josef Gründges heftete ihm die goldene Ehrennadel des SJB an. Außerdem überreichte er ihm eine Bottle mit Schönebecker Heimaterde, die N° 2 von insgesamt nur sechs Exemplaren.

An seinem Beruf als Musiklehrer hatte er nur dann wirklich Freude, wenn er ein Orchester dirigieren konnte. Das war leider selten der Fall. In der Tat litt der Vollblutmusiker und leidenschaftliche Dirigent Martin Benstein sehr darunter, kein eigenes Orchester mehr zu haben. Im Wissen darum überreichte ihm Günter Eggert, sein Freund und Musikkollege, beim Weihnachtskonzert des SJB 2000 eine Ehrenurkunde, und das Orchester schenkte ihm ein Fotoalbum mit Impressionen von der Reise „Rund um den Michigansee“.

Martin Benstein war ein außergewöhnlicher Dirigent. Er beherrscht nahezu alle Instrumente und konnte daher registerübergreifende Hilfen geben. Er war darüber hinaus ein besonderer Mensch, der tiefe Spuren hinterlassen hat. Zwischen ihm und Günter Eggert, seinem langjährigen musikalischen Wegbegleiter, hatte sich in der fast 30-jährigen Zusammenarbeit über die kollegiale Freundschaft hinaus eine tiefe Freundschaft entwickelt. Günter Eggert sagte einmal über ihn: „Ich habe viel von ihm gelernt. Von der Art des persönlichen Umgangs mit jungen Musikern, sowie von seiner pädagogisch klugen Arbeitsweise bei der Probenarbeit mit dem Schönebecker Jugend-Blasorchester. Er selbst ist ein echter Schönebecker geworden.“ Beim Weihnachtskonzert 2003 verlieh ihm das SJB in Würdigung der langjährigen Freundschaft den Ehrentitel „SJB-Gastdirigent auf Lebenszeit“. Zur Erinnerung an diese Zeit konnte er einen auf einem Marmorsockel befestigten Dirigentenstab entgegennehmen.

Die Schönebecker Musikerinnen und Musiker erinnern sich gern an seine eigenwillige und originelle Sprache mit Versatzstücken aus Deutsch und Englisch. Seine Hilfestellungen und Erläuterungen verstanden die Musikerinnen und Musiker auch ohne Kenntnisse des Englischen, so dynamisch und verständlich waren seine körpersprachlichen Signale. Martin Benstein sprach die Sprache des Herzens, über die er unbemerkt immer auch die Köpfe erreichte. So haben ihn die Schönebecker bei den Proben und Konzerten erlebt und verstanden: als einen herzlichen, zugewandten, unmittelbaren, unverstellten, unverkrampften Menschen und Musiker. Martin lebte das, was man herzlich und ehrlich nennt. Wie dankbar war er für die Möglichkeit, ein Orchester dirigieren zu können. Wie sehr hat er sich darüber gefreut. Neben der nachlassenden Gesundheit hat ihm das am meisten gefehlt – die konstruktive, fröhliche Zusammenarbeit mit jungen Musikerinnen und Musikern. Er war eben Dirigent, Musiker und Pädagoge mit Leib und Seele. So wird er dem SJB in Erinnerung bleiben: Klein, drahtig, wendig, vital, bewegungsfreudig, energiegeladen, dem Leben zugewandt, fröhlich, kommunikativ, kompetent.

„The doctors do not expect Marty survive this“

2008 bekam Martin Benstein die Diagnose Krebs. Um die Mitte des Jahres kehrte er mit seiner Frau Hannah in seinen Heimatort Salem in Oregon (USA) zurück und unterzog sich dort einer aufwändigen Therapie. Noch am 19. September 2008 ließ er die Schönebecker wissen: „Wer really do love it here. However, we really miss Germany and our friends there, as well as the culture and food.“

Dann ging alles sehr schnell. Am 14. Juli 2009 teilte er dem SJB mit, dass er beim Jubiläumskonzert am 7. November in der Philharmonie liebend gerne er ein Stück dirigieren wolle. Ausgesucht hatte er sich das Stück „Chimes of Liberty“ („Glocken der Freiheit“) von Edwin Franco Goldman. Doch am 5. September 2009 musste Ehefrau Hannah dem SJB mitteilen: „The doctors do not expect Marty survive this.“ Am Tag darauf kam die traurige Nachricht: „Sorry to inform all of you that Marty passed away this morning“.

Seiner Frau Hannah schenkte das SJB zur Erinnerung jene Aufnahme, die Martin Benstein beim Probenwochenende des Jahre 2007 in Nütterden inmitten der Schönebecker zeigt. Dazu schrieben sie: „Marty, du warst ein echter Schönebecker. Nun bist du tot. Aber du bleibst mitten unter uns. Wie immer! Für immer! Deine traurigen und dankbaren Schönebecker!“

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