Borbecker Garde begleitete letzte Messe in St. Gertrud

Innenstadtkirche wird „Kreativ-Kathedrale“

0 22.06.2025

BORBECK. Gruppenbild mit Bischof: Nach der Fronleichnamsprozession am vergangenen Donnerstag erreichte uns eine Aufnahme der Borbecker Ehrengardisten, die sich anschließend mit Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck zum Bild stellten und ihm zugleich zum 61. Geburtstag gratulierten. Heute traten die Borbecker Vertreter erneut in Essen-Mitte an: Sie feierten um 10 Uhr die letzte Messe in der alten Innenstadtgemeinde St. Gertrud mit. Nach dem feierlichen Gottesdienst mit Bischof Dr. Overbeck zur Profanierung der Kirche führte eine Prozession zur Übertragung des Allerheiligsten nach St. Johann vor der Essener Münsterkirche. Damit endet auch ein Stück Essener Kirchengeschichte.

765 Jahre: Alte Essener Innenstadtpfarre

Noch im Jahr 2010 hatte die Pfarrgemeinde St. Gertrud in Essen ihr 750-jährigen Bestehen feiern können. Sie geht bis auf das Jahr 1054 zurück, als die erstmals urkundlich erwähnte Gertrudiskirche am Markt zu Essen entstand - die heutige evangelische Marktkirche. Äbtissin Theophanu hatte von Kaiser Heinrich III. das Marktrecht erhalten und ließ eine kleine Kirche für die Marktleute erbauen. 1260 erhob Äbtissin Berta von Arnsberg das Gotteshaus zur Pfarrkirche. Als sich 1563 der Rat der Stadt hinter die Forderungen der Reformation stellte und einen lutherischen Prediger an der Gertrudiskirche einführte, war der gemeinsamen Nutzung des Kirchenraums jedoch nur eine kurze Zeit beschieden: Der katholische Pfarrer wurde nur wenige Monate später gewaltsam aus der Kirche gedrängt. Die Pfarrangehörigen versammelten sich seitdem vor allem in der heutigen Anbetungskirche St. Johann und ab 1827 in der Münsterkirche, dem heutigen Essener Dom.

Neue gotische Kirche am Viehofer Platz

Als Essen mit der Entwicklung der Montanindustrie einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung erfuhr und die Zahl der Einwohner stieg, setzten sich 1863 katholische Bürger für eine zweite große Kirche in Essen ein. 1867 wurde die Trennung der Gemeinden St. Johannis und St. Gertrud vereinbart. Die neue, ursprünglich dreischiffige Hallenkirche wurde in den Jahren 1872 bis 1877 nach Plänen von August Rincklake (1843-1915) am nördlichen Rand der Innenstadt in der Nähe des ehemaligen Viehofer Tores errichtet. Die Einsegnung der noch nicht komplett fertiggestellten Kirche mit ihrem mächtigen, 75 Meter hohen Turm fand bereits 1875 statt, doch erst 1887 konnte sie geweiht werden.

Von ihrer neugotischen Schönheit ließ der Zweite Weltkrieg nur noch Trümmer: Die Kirche wurde bei schweren Luftangriffen schwer zerstört, nur noch der Hauptturm und die Außenmauern blieben erhalten. Ab 1950 machte man sich an den Wiederaufbau. Die stehen gebliebenen Außenmauern wurden durch eine Betondecke verbunden und schufen Raum für eine Unterkirche, die als Gottesdienstraum genutzt werden konnte. Mit der Altarweihe am 28. März 1955 durch den Kölner Erzbischof Kardinal Josef Frings in der neuen „Oberkirche“ war der Wiederaufbau der Pfarrkirche St. Gertrud abgeschlossen.

Neue Nutzung für die alte Kirche

70 Jahre später wird die Kirche wegen der hohen Instandhaltungskosten und deutlich kleiner gewordener Gemeinde nun eine völlig veränderte Aufgabe erfüllen: Nach Mitteilungen einer Pressekonferenz am 19. Mai 2025 wurden die Kirche, das Pfarrhaus und das „Friedrich-Uerlichs-Haus" an die Gertrudis GmbH & Co. KG verkauft, die dort gemeinsam mit dem gemeinnützigen Publik e.V. – Supporting Science and Society – ein Zentrum für Kunst, Kultur und Bildung entstehen lässt. Ankermieter ist die bislang in Essen-Kupferdreh ansässige staatlich anerkannte private Hochschule der bildenden Künste Essen (HBK), die in diesem Gebäudekomplex ihre bislang auf Wuppertal und Kupferdreh verteilten Standorte bündeln.

Mit dem Projekt „KreativCampus City Nord.Essen/KreativKathedrale TRUDI" entsteht in Sichtweite der Universität Duisburg-Essen ein Zentrum für Kunst, Bildung und Kultur. Bereits zum Wintersemester im kommenden Oktober möchte die Hochschule ihre Verwaltung und den Lehrbetrieb an den Viehofer Platz verlegen. In der Kirche und im Gemeindeheim werden Ateliers, Werkstätten, Lehr- und Veranstaltungsräume eingerichtet, die Verwaltung zieht ins frühere Pfarrhaus. Außerhalb der Hochschulzeiten können viele Räume auch von externen Kreativen, für Ausstellungen, Konzerte oder Feiern angemietet werden. Mit ca. 4000 m² zu bespielenden Innenräumen und der Zusammenlegung der Infrastruktur verschiedener lokaler Partner wird das Projekt einzigartig in NRW sein: Das Gebäudeensemble umfasst unter anderem eine Theaterbühne, einen großen Veranstaltungsraum, Studios, FabLabs, Werkstätten, Lehrsäle und Ateliers. Erste Veranstaltungen finden bereits ab Juli statt. Der Dauerbetrieb startet suksessive ab Oktober. Aktuelle Informationen dazu und zu vielem mehr gibt es online unter trudi.nrw.

Neue Heimat an St. Johann und im Dom

Die Kirchengemeinde St. Gertrud wird ihr pastorales Leben, Gottesdienste, Veranstaltungen und andere Seelsorge-Angebote, rund 600 Meter weiter südlich fortsetzen: Künftig ist der Essener Dom mit der vorgelagerten Johannes-Kirche (Anbetungskirche) Pfarrkirche der Innenstadtpfarrei St. Gertrud. Dazu wurde der am Kreuzgang gelegene Altfrid-Saal für Gremien-Sitzungen und Veranstaltungen renoviert und das Pfarrbüro ist von der Rottstraße auf die „Dom-Insel“ an den Zwölfling 12 gezogen. Die englischsprachige afrikanische Gemeinde ist bereits Anfang März in die Holsterhauser Kirche St. Mariä Empfängnis umgezogen. Auch die am Standort St. Gertrud beheimateten sozialen Angebote fanden neue Orte: Die Caritas mit ihrer Suppenküche und dem Tagesaufenthalt für wohnungslose Menschen lädt künftig ins Kolping-Haus an der Steeler Straße, zudem ist geplant, die von der Gemeindecaritas St. Gertrud koordinierte Lebensmittelausgabe der Tafel in Räume der Altkatholischen Gemeinde an der Bernestraße zu verlegen.

CB

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