Bergbaupatronin: Heute ist Barbara

Glückauf in den Advent 2020

0 04.12.2020

BORBECK. Barbara! Jetzt müssen die Zweige in die Vase, damit sie an Weihnachten blühen. Und überhaupt kommt man natürlich am 4. Dezember hier nicht an ihr vorbei – zumal in unseren Breiten. Denn ohne Barbara ist das Ruhrrevier kaum denkbar: Sie ist die Schutzpatronin der Bergleute, die sich hier auch in Groß-Borbeck millionenfach ihr „Glückauf“ zurufen haben. Heute steht sie auf dem Kalender und darum wollen wir an eine Ausstellung des Kultur-Historischen Vereins Borbeck erinnern, die vor sechs Jahren um diese Zeit einen großen Besucheransturm in der Alten Cuesterey am Weidkamp erlebte. Vom 15. November 2014 bis 4. Januar 2015 wurde sie dort gezeigt und präsentierte Bräuche und Festtermine in der Winterzeit.

„Es ist guter Brauch ...” - von Erntedank bis Lichtmess“ hieß der Titel der Schau, die durch ein starkes KHV-Team unter Leitung von Dr. Baldur Hermans liebevoll zusammengestellt worden war. Auch die Verehrung der Heiligen Barbara wurde damals rund um die großen Figuren aus der Dellwiger St. Michaels-Kirche mit Knappenvereinsfahnen, Bergmannskutten und Grubenlampen illustriert. Zur Ausstellung erschien zudem eine 62-seitige Begleitbroschüre und eines der Kapitel war selbstverständlich auch der Hl. Barbara gewidmet. Hier zum Tag der Text, der ebenfalls von dem viel zu früh verstorbenen Baldur Hermans (1938-2015) stammt, dazu einige Bildimpressionen, die die Ausstellung und Barbara noch einmal in Erinnerung rufen:

„Die Verehrung der heiligen Barbara im Ruhrgebiet und somit im Bereich Borbecks bestand bereits hier bevor der Bergbau sich vom Süden an der Ruhr nach Norden an Emscher und Lippe ausbreitete. Die heilige Barbara gehört zu den so genannten 14 Nothelfern und wurde von der städtischen und bäuerlichen Bevölkerung als Sterbepatronin und gegen den plötzlichen Tod, bei Gefahren durch Feuer und Blitzschlag, aber auch zum Schutz gegen Fieber und Pest angerufen.

Patronate entstanden im Laufe der Jahrhunderte oft durch eine symbolische Interpretation von Ereignissen und Gegebenheiten im Leben einer Heiligen oder eines Heiligen, die in Chroniken oder in Legenden überliefert waren.

Dies ist besonders augenfällig bei Barbara, die der Legende nach von ihrem heidnischen Vater in einem Turm eingesperrt wurde, als er erfuhr, dass sie Christin geworden war und Umgang mit der christlichen Gemeinde pflegte. Da sie aber nicht bereit war, ihren christlichen Glauben zu leugnen, lieferte er sie dem Gericht aus. Sie wurde nach grausamen Matern zum Tode verurteilt und hingerichtet. Barbara wird der Herkunft nach in Nikomedien (heute Türkei) lokalisiert, ihr Martyrium fällt in die grausame Christenverfolgung des römischen Kaisers Maximus Daja im 3. Jahrhundert.

Im Falle der heiligen Barbara spielt der Turm, in den sie ihr Vater einsperrte, eine besondere symbolische Rolle. Da sie im Turm auf mystische Weise die heilige Kommunion empfangen haben soll, wird sie in der religiösen Kunst auch oft mit einem Sakramentsbehältnis oder einem Kelch abgebildet. Fast immer steht ein Turm zu ihren Füßen.

Ihr Aufenthalt im düsteren Gefängnisturm macht sie dann zur Patronin aller Berufe, die in vergleichbarer Dunkelheit ausgeübt werden: Bergleute, Tunnelbauer etc. Der Turm wird aber auch in eigenartiger Weise Anlass zu Ihrem Patronat über Kanoniere, da in Festungen Munition und Sprengstoff in „Pulvertürmen“ aufbewahrt wurde. Auf französischen Kriegsschiffen hieß die Pulverkammer übrigens „Sainte Barbe“.

Die Verehrung der heiligen Barbara durch die Bergleute im Ruhrgebiet ist vor allem ein religiöses Erbe der zugewanderten Bergleute aus Schlesien und wohl auch aus dem Erzgebirge. So finden wir in bergbaulicher Siedlung Kirchenpatronate der heiligen Barbara und vor allem der Knappenvereine, aber auch ihre Namensgebung für Schulen, Apotheken, Hospitäler usw. In Borbeck schmückt Barbara sogar die Standarte eines Altherrenzirkels „Kohle“ des katholisch-akademischen Cartell-Verbandes (CV) und die Fahne der St. Barbara-Schützengilde in Bergeborbeck. Und schließlich gab es auch einen „Barbara-Kreis“ der Frauen in der Gemeinde St. Maria Rosenkranz in Bergeborbeck, der, 1974 gegründet, sich 2011 aus Gründen der Überalterung auflöste.

Im Volk hat sich neben den immer seltener stattfindenden Barbarafeiern mit eigenen Liedern, Texten und gottesdienstlichen Elementen vor allem der Brauch der „Barbarazweige“ erhalten, das Schneiden von Zweigen von Obstbäumen am 4. Dezember, die, in eine Vase gesetzt, zu Weihnachten blühen (sollten).

Da der Name Barbara vom Griechischen her „die Fremde“ bedeutet, wird in jüngerer Zeit Sankt Barbara auch als Patronin der „Fremden“ bezeichnet, die als Flüchtlinge und Asylsuchende zu uns kommen und des besonderen Schutzes bedürfen.“ ns.

aus: „Es ist guter Brauch ...” - von Erntedank bis Lichtmeß“. BEGLEITER zur Ausstellung, B. Hermans, Chr. Beckmann, P. Johannes Wielgoß SDB, A. Koerner, U. Bohn und Alte Synagoge Essen, 15.November 2014 bis 4.Januar 2015 in der Alten Cuesterey, Essen-Borbeck. Kultur-Historischer Verein Essen-Borbeck e.V., S. 36-37.

Bilder: Impressionen aus der Ausstellung des Kultur-Historischen Vereins Borbeck e.V. , die 2014 in der Alten Cuesterey gezeigt wurde. Knapp 50 Leihgeber beteiligten sich damals, zahlreiche Helfer vermittelten, berieten und halfen bei der Gestaltung. Das Ausstellungsteam bestand aus Dr. Baldur Hermans, Dr. Christof Beckmann, Jürgen Becker, Hannelore Diekmann, Andreas Koerner, Heinz-Werner Kreul, Wolfgang Marsching, Heinz Meier, Jürgen Raudszus und P. Johannes Wielgoß SDB.

Fotos: C. Beckmann

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