Am Samstag Patronatsfest der Borbecker Mutterkirche

1 07.10.2021

BORBECK. Die Pfarrei St. Dionysius lädt am Samstag, 9. Oktober 2021, zum Patronatsfest „Hl. Dionysius und Gefährten“. Das Hochfest wird mit der um 17 Uhr beginnenden Eucharistiefeier in der ältesten Borbecker Kirche begangen. Alle Pfarrangehörigen sind eingeladen. Die musikalische Gestaltung hat die Chorgemeinschaft St. Dionysius übernommen. Alle Vereine und Verbände der Pfarrei sind eingeladen, mit einer Banner- oder Fahnenabordnung am Gottesdienst teilzunehmen. Und bei gutem Wetter soll es anschließend einen kleinen Empfang auf dem Kirchplatz geben.

Erste Christen in der Region

Wie in jedem Jahr ist das Dio-Fest auch eine kleine Exkursion in die Kirchengeschichte in unseren Breiten. Auf die Frage, ab wann es die allerersten Christen in der Region gab, lässt sich kaum eine exakte Jahreszahl nennen. Doch schon im 2. Jahrhundert sind Christen im Osten des Rheins durch Bischof Irenäus von Lyon schriftlich bezeugt. In den römischen Legionslagern und Städten am Rhein trafen sich Christen wohl sogar früher und im Jahr 313/14 ist Maternus als erster Bischof in Köln erwähnt. Hinter den jungen Christengemeinden lagen damals schwierige Zeiten: Kaiser Konstantin, der sich in seiner Hauptstadt Trier mit dem noch heute bekannten Bischof Martin von Tours auseinandersetzte, hatte erst kurz zuvor im Jahr 311 die Christenverfolgungen beendet und ihren Glauben den anderen Religionen im Reich gleichgestellt.

St. Denis: Ein Kloster in Paris

Als die Macht Roms nach 500-jähriger Herrschaft am Rhein zusammenbrach und sich die Franken durchsetzten, machte ihr Chef Chlodwig (Clovis/Ludwig) die Stadt Paris zu seiner Hauptstadt. 497 ließ sich der Merowinger durch Bischof Remigius in Reims taufen – ein Schlüsselmoment der europäischen Geschichte. Und seine Nachfolger widmeten nun einem ganz bestimmten Kloster die besondere Aufmerksamkeit. Es entstand seit dem 4. Jahrhundert über dem Grab des ersten Bischofs ihrer Hauptstadt, Dionysius von Paris.

Die Abbildung des Hl. Dionysius findet sich an unzähligen Kirchen Frankreichs - meist an sehr prominenter Stelle. Allein an und in der Kathedrale Notre-Dame in Paris, die durch den Brand in der Nacht vom 15./16. April in die Schlagzeilen kam, ist er sechsmal verewigt.

Dionysius war von Papst Fabianus um 250 als Missionar nach Gallien geschickt worden und starb dort um 257 mit seinen Begleitern, dem Priester Rusticus und dem Diakon Eleutherius. Seine Enthauptung geschah an einem Ort in Paris, der noch heute einen sprechenden Namen trägt - am Montmartre, dem Märtyrerberg. Bald wurde das Kloster mit seiner Abteikirche St. Denis und seinem Grab durch die Zuwendungen der Merowinger-Familie zum bedeutendsten seiner Zeit: Seit 564 ließen dort auch die folgenden Dynastien fast alle ihre Könige bestatten - über 1.200 Jahre lang.

Dionysius geht auf Tour

Seit dieser Zeit verbreitete sich der prominente Patron der ersten Frankenherrscher in alle Himmelsrichtungen: Sie trugen ihn mit der Ausweitung ihres Territoriums an den Rhein und in alle Regionen, in denen sie ihren Schutzheiligen bekanntmachen wollten. Mit der Botschaft: Wo Dionysius ist, da sind auch wir. Das zeigten sie auch bei uns im Land: Fast alle 30-40 Kilometer - rund einen Tagesmarsch voneinander entfernt - setzten sie ihm mit zahllosen Kapellen und späteren Kirchen ein bleibendes Denkmal. Mit dem Hl. Martin von Tours galt Dionysius als ihr Reichsheiliger – beide Patronate gehören mit dem des Hl. Remigius in der Forschung zu den ältesten historischen Kirchengründungen. So mag zu ihnen auch schon Borbeck im sächsischen Teil des südlichen Brukterergaus gehört haben. Die Grenzregion geriet sehr früh in die Einflusszone der expandierenden Franken – das zeigt auch der Blick auf die Geschichte des Patroziniums der Pfarrei.

Erste Missionare

Als einer der ersten christlichem Missionare predigte der Angelsachse Suitbert (637-713) in der Region: 690 zog er aus Irland mit dem Benediktiner-Missionar Willibrord aufs Festland, wurde 692 Bischof und wirkte erfolgreich unter der gens Boructuariorum zwischen Ruhr und Lippe – bis der Stamm um 695 von eindringenden Sachsen unterworfen wurde. Offensichtlich frustriert, weil die Missionsarbeit wieder vernichtet war, zog sich der Missionar in das von ihm zwischen 695 und 700 gegründete Benediktinerkloster auf der Rheininsel Kaiserswerth zurück. Damit hatte er mehr Glück als andere Iroschotten, die wie er am Hellweg unterwegs waren: Die beiden Ewalde etwa fanden 691/93 unter den Sachsen den Tod und wurden in Köln bestattet. Die Grenze blieb durch die sächsischen Übergriffe und Raubzüge in den Süden seitdem ein gefährliches Gebiet. Erst nach den Sachsenkriegen unter Karl dem Großen (748-814) kehrte in der Region zwischen Duisburg, Mülheim, Werden und Kaiserswerth Friede ein. Borbeck gehörte um 785 zu diesem fränkischen Gebiet des Ruhrgaus, dem Fränkisch-Ripuarischen Herzogtum.

820: Borbeck erstmals erwähnt

Im Jahr 820 taucht der Name „Borbeck“ erstmals in einer Urkunde des durch den heiligen Liudger (742-809) gegründeten Klosters Werden auf. Im „Chartularium Werethinense“ übereignet Bado, Sohn des Widuc, für alle Zeiten dem zu Ehren des Heiligen Erlösers in Werden errichteten Kloster und zum Seelenheil seines Bruders Odi eine Hufe in villa quae dictur Porricbeci (Pyrebeke) in pago Borotra, mit allen mit allem Land, Wäldern, Wiesen und Zubehör.“ Ob sich die Quelle wirklich auf das heutige Borbeck bezieht, ist nicht endgültig gesichert – es wäre ein Grund gewesen, im Jahr 2020 das 1200-jährige Bestehen Borbecks zu feiern. Historiker vermuten immerhin, dass man hier spätestens schon im 9. Jahrhundert eine erste Kapelle mit einem Dionysius-Patrozinium ansetzen kann. Denn schon seit dem 8. Jahrhundert gab es eine Verehrung des Heiligen auf dem linken Rheinufer, auch könnte ein gottesdienstlicher Ort durchaus durch die Mission von Werden aus entstanden sein.

Borbeck kommt zu Essen

Nach dem Tod von Ludwig I., Sohn von Karl dem Großen und Kaiser von 813-840 zerfiel das Frankenreich in ein West- und ein Ostreich. Borbeck gehörte damals zur Kölner Diözese, die ihre Nordgrenzen Richtung Lippe ausgeweitet hatte. Der Kölner Erzbischof Gunthar (850-865) übertrug die von Borbeck zu leistenden Zehntabgaben an das 852 durch Bischof Altfrid von Hildesheim (* um 800; † 15. August 874) auf seinem Familienbesitz neu errichtete Stift Essen. Damit kam Borbeck zum Stift und war später abhängige Gemeinde von St. Johann Baptist in Essen. Als das Jahr der ersten gesicherten schriftlichen Erwähnung Borbecks gilt bekanntermaßen das Jahr 869: In der altsächsisch abgefassten Essener Brauamts-Heberolle ist der Fronhof „Borthbeki“ einer von neun Oberhöfen im Essener Zehntbezirk, die dem Damenstift in Essen zu Naturalabgaben verpflichtet sind.

Dionysius: Spuren bis heute

Der ganze Borbecker Kirchberg, auf dem jahrhundertelang beerdigt wurde, ist heute ein Bodendenkmal. Nichts darf hier verändert werden, da man hier sicher zu Recht noch viele Spuren aus der Frühzeit der Besiedlung vermutet. Auch Grundmauern der alten Kirche dürften noch vorhanden sein, vielleicht sogar noch Reste älterer Bebauung. Der Abriss der zu klein gewordenen Kirche um 1860 und die Verbreiterung des Plateaus durch den Bau der Fundamente für die große Dionysiuskirche hat wahrscheinlich manches zerstört. Doch das alte Patrozinium wird weiter gefeiert: Noch heute wird in der Kirche am Dionysiuskirchplatz der erste Bischof von Paris in den Messgebeten erwähnt und zu hohen Festtagen steht das Dionysiuslied mit allen Strophen auf dem Programm - spätestens rund um das Patronatsfest am 9. Oktober.

Auch in der nach dem II. Weltkrieg wieder aufgebauten Kirche  lassen sich natürlich Spuren des vor 1764 Jahren gestorbenen Patrons finden: In der im vorderen rechten Seitenschiff am Taufbecken stehenden großen grauen Kreuz-Stele ist eine Reliquie des Heiligen eingesetzt, die direkt aus der „Mutterkirche“ St. Denis in der französischen Hauptstadt Paris stammt - ihr stattete die Borbecker Gemeinde zuletzt 2013 einen Besuch ab. Zudem schmückt das Bild von Dionysius und seinen Gefährten, dem Priester Rusticus und dem Diakon Eleutherius, das Fenster der Tabernakel-Kapelle - wie oben im Bild zu sehen ...

Unten: Das Innere der nach dem II. Weltkrieg fast vollständig neu wieder aufgebauten Kirche St. Dionysius. Sie besitzt eine Besonderheit: Einen neugotischen Kreuzweg, der ursprünglich aus Frankreich stammt - auch die Bezeichnungen der Kreuzweg-Stationen sind auf Französisch.

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Kommentare

Kommentar von HARTMANN , W. |

Sehr guter Artikel.

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