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0 10.03.2025
BORBECK. Auf eine vergnügliche und lehrreiche Zeitreise entführte am Sonntagnachmittag Heinz-Werner Kreul in der Alten Cuesterey am Weidkamp. Im Rahmen der laufenden Ausstellung des Kultur-Historischen Vereins Borbeck zum 130-Jährigen des Philippusstiftes zeigte er viele historische Bilder aus der Geschichte des „größten Arbeitgebers in Borbeck“, die er mit Udo Kühn für einen lebendigen Vortrag zusammenstellte. Rund 40 Besucher waren sehr gespannt und wurden mit vielen unbekannten Aufnahmen und manchen Anekdoten überrascht.
Überlegungen, ein eigenes großes Katholische Krankenhaus für die ganze Bürgermeisterei zu errichten, hatte die Kirchengemeinde danach schon lange vor der eigentlichen Gründung angestellt. Zahlreiche Schwierigkeiten mit der politischen Gemeinde Borbeck und den Nutzern des Pachtgeländes seien erst zu überwinden gewesen, erinnerte der Vortrag. Endlich aber nahm der von der Pfarrei, Pastor und Kirchenvorstand hartnäckig verfolgte Plan auf dem zuvor landwirtschaftlich genutzten Kirchengelände Gestalt an: Sogar der Kölner Kardinal Philippus Krementz (1819-1899) nahm schließlich an der Eröffnung teil – der Namensgeber der Einrichtung „Philippusstift". Die Grundgebäude, immer wieder erweitert, wuchsen bald zu einem imposanten Komplex heran und eine Hunderte Meter lange Mauer – heute nur noch am Friedhof an der Hülsmannstraße erhalten - schützte die repräsentativen Bauten mit großem Haupteingang und eigener Kirche.
Hiltruper Missionsschwestern aus Münster übernahmen die Sorge um die Kranken und den Betrieb, für Küche, Wäsche und zahlreiche Dienste. Dazu gehörten große gepflegte Gärten, eine eigene Ökonomie mit Tieren, Gemüse und Obst, sogar für eigene frische Blumen war immer gesorgt. Auch das deutschlandweit frequentierte Exerzitienhaus der Oblaten auf der anderen Seite der damaligen Friedensstraße, die ehemalige Villa Leimgart im großen Baumgelände, der kleine Park zum Gebet der Schwestern in der Mittagszeit und vieles mehr, das an das immer weiter bebaute Gelände angrenzte, wurde durch die alten Bilder aus vielen Perspektiven und Luftaufnahmen wieder lebendig.
Zur Bewährungsprobe für das Haus wurde der I. Weltkrieg, als das Hospital zum Lazarett machte. Im II. Weltkrieg grub man zum Schutz vor Fliederangriffen lange Bunkerstollen unter die Gebäude, deren letzte Eingänge erst vor wenigen Jahrzehnten verschüttet wurden. Hunderte Patienten wurden von den Schwestern in den Bombennächten in die Keller in Sicherheit gebracht, auch Zwangsarbeiter vom Panzerbau fanden Zuflucht. „Wie das hier alles zerstört war, kann sich kaum noch einer vorstellen.“
Nach der völligen Zerstörung der Kirche im Oktober 1944 bis zum Wiederaufbau von St. Dionysius feierte man hier an verschiedenen Orten die Gottesdienste, erklärte Heinz-Werner Kreul. Er selbst, der „Weidkämper“ von schräg gegenüber, genoss als kleiner Messdiener in der Krankenhauskapelle regelmäßig die Gastfreundschaft der Schwesternküche nach der 6-Uhr-Sonntagsmesse, erzählte er. „Dicke Stullen mit Marmelade oder Leberwurst, das war schon toll.“
Viele beeindruckende Persönlichkeiten prägten das Leben in der Nachbarschaft und Gemeinde, auch über manche Originale wusste er zu berichten. Einer Schwester etwa wich man besser aus, wenn die sich mit dem Fahrrad näherte, berichtete er schmunzelnd: „Eine recht gefährliche Sache. Der ging man dann besser aus dem Weg“. Die einen seien durchaus streng und resolut gewesen, andere fröhlich und immer gut aufgelegt, wie Fotos in lachenden Nachbarschaftsrunden zeigten. Alle gehörten bis in die Mitte der 1980er Jahre zum Erscheinungsbild des Stadtteils und seien zu Unrecht heute vielfach vergessen, so Kreul. Wie viele Schwestern sich hier insgesamt in den Dienst an den Kranken und Alten stellten, das zeigte etwa ein Foto, auf denen die ganze Stolbergstraße bei der Großen Borbecker Gottestracht fast nur von Ordensfrauen gefüllt war: „Das waren Zeiten. Längst vergangen.“
Auch wer heute am Düppenberg an der Flurstraße vorbeikommt, wird kaum noch wissen, dass hier einmal ein vollständiger Neubau des Krankenhauses entstehen sollte. Man wird aber auch nichts mehr finden, was an dieser Stelle nicht ganz hundert Jahre lang zum Stadtbild gehörte: Die Kapelle, die Ökonomie, der Bauernhof, die Beete, Felder und Ställe, das Schwesternhaus mit dem sorgsam gepflegten kleinen Teichgarten – all das ist jetzt verschwunden. Alte Bilder aber gibt es noch, wie Heinz-Werner Kreul sie zeigte: Von Pferdefuhrwerken bei der Heuernte vor rauchenden Schloten am Horizont bis zu fröhlichen Kindern im Spielzimmer der Krankenstationen - Bilder aus einer vergangenen Zeit. Wie der alte „Philipp“, an den sich viele noch gut erinnern können. Auch Schwester Wendela, Dr. Segerath und Mitarbeiter aus der damaligen Psychiatrischen Abteilung (Bild unten) freuten sich sichtlich, am Sonntagnachmittag einen großen Teil ihres Lebens und ihrer Arbeit für die Menschen in Borbeck wieder auferstehen zu sehen.
cb
Bilder: CB & Anette Kreul
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