Schmidt, Albert

Pfarrer in Vogelheim

Nicht jedem ist es vergönnt, Namensgeber öffentlicher Wege und von Senioreneinrichtung zu werden. Pastor Albert Schmidt gehört dazu. Wie hat er das geschafft?

Zur Welt gekommen ist Albert Schmidt am 5. Oktober 1904 im kleinen Ort Hecke, nur drei Kilometer vom Ortsrand von Elkhausen (Siegkreis) entfernt als zehntes Kind des Bauern Johann Schmidt und seiner Ehefrau Maria. Vier Geschwister starben schon früh. Nach dem Besuch der Volksschule, des Progymnasiums in Wissen, das er mit der Mittleren Reife verließ, und dem Wechsel zum Gymnasium St. Michael in Münstereifel musste er die Schulausbildung wegen der inflationsbedingten finanziellen Notlage der Familie unterbrechen und sein Auskommen als Knappe auf der Erzgrube Katzwinkel suchen. Erst 1925 konnte Albert Schmidt, inzwischen schon 21 Jahre alt, das Abitur ablegen und katholische Theologie in Bonn und Wien studieren. Am 12. Februar 1931 weihte ihn Joseph Kardinal Schulte im Kölner Dom zum Priester. Damit war ein langersehnter Wunsch von Albert Schmidt in Erfüllung gegangen.

Noch im gleichen Jahr kam er nach Essen. Er wurde war zunächst Kaplan an St. Lambertus in Rellinghausen, dann ab 1936 Kaplan an St. Andreas in Rüttenscheid. Als Bezirkspräses des Katholischen Jungmännerverbandes in Essen, als Jugendseelsorger und als Pfadfinderkurat ging er schon früh auf Distanz zur herrschenden Ideologie und zum NS-Staat. 1938 gelang ihm zusammen mit dem damaligen Stadtdechanten Schulte-Pelkum kurz vor der Auflösung des Katholischen Jungmännerverbandes die Gründung des ersten Katholischen Jugendpfarramts Deutschlands.

Während des Krieges wurde Albert Schmidt im Sanitätsdienst eingesetzt. Als Sanitätsfeldwebel im Baltikum gab er unter Lebensgefahr Verpflegung an Juden und russische Zwangsarbeiter aus. Im Mai 1945 geriet er in französische Gefangenschaft. Nach der Entlassung im Juli des Jahres wurde er am 21. September 1945 zum Kaplan an St. Maria Rosenkranz in Essen-Bergeborbeck ernannt. Nur wenige Tage nach der Gründung des Pfarr-Rektorats am 13. Oktober 1945 wurde Kaplan Schmidt am 21. Oktober 1945 als Pfarr-Rektor der Gemeinde St. Thomas Morus in Essen-Bergeborbeck-Vogelheim eingeführt und 1961 zum ersten Pfarrer der zur Pfarre erhobenen Gemeinde ernannt. Am 1. Dezember 1970 trat Pfarrer Schmidt aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand und verbrachte die letzten Lebensjahre in seinem Heimatort Elkhausen im Westerwald. Dort ist er am 8. Februar 1976 gestorben.

Albert Schmidt war ein unermüdlicher, leidenschaftlicher und kreativer „Bauherr“. Als er 1945 nach Vogelheim kam, lag ein großer Teil des Stadtteils in Schutt und Asche. In seiner zupackenden Art krempelte er die Ärmel hoch, sammelte auf den Trümmergrundstücken Steine und baute damit mitten in den Trümmern eine Notkirche, in der schon Weihnachten 1945 im Schein von Grubenlampen die Christmette gefeiert werden konnte. Der neue Pfarrer hatte einen wachen Blick für die bedürftigen Menschen in seiner Gemeinde. Sein Motto lautete: „Wir wollen uns zuerst um die kümmern, die noch nicht alles selbst können; das sind die Kinder. Dann lasst uns um die kümmern, die nicht mehr alles selbst können; das sind die Alten und die Kranken.“ (Vgl. NRZ-Artikel).

In einer alten Backstube eröffnete er einen Kindergarten, Keimzelle der Kindertagesstätte St. Thomas Morus, ein Familienzentrum, in dem heute 74 Kinder betreut werden. Nur wenig später kam er auf den Gedanken, Kindern aus Vogelheim einen Sommeraufenthalt in seiner Westerwälder Heimat ermöglichen. Bereits im Sommer 1947 konnte Pfarrer Schmidt über 400 Kindern aus dem zerstörten Essen einen Ferienaufenthalt ermöglichen. Sie fanden Unterkunft in Zeltlagern, Scheunen, Schulen und später auch im Schloss Schönstein bei Wissen. Pfarrer Schmidt beendete die Zeit der Improvisation in seiner Gemeinde dadurch, dass er im Jahre 1954 die Notkirche, die in Vogelheim wegen des Kirchenneubaus (eingeweiht am 3. Mai 1952) nicht mehr benötigt wurde, abbauen und auf einer Anhöhe am Rande von Elkhausen auf einem von seiner Familie gestifteten Grundstück wieder aufbauen ließ. Aus dem barackenähnlichen Erholungshaus entwickelte sich nach und nach die Ferienstätte „Arche Noah Marienberg“. Heute heißt sie offiziell „Naturnahes Familienferienhaus Arche Noah Marienberg“. Weitere Einrichtungen, die auf Initiative von Pfarrer Schmidt entstanden, sind das kroatische Kloster, das „Altenheim“ Haus St. Thomas, der „Thomashof in Vogelheim mit pfarreigener Gastwirtschaft und Kegelbahn (mittlerweile geschlossen), der Jugendhof Vogelheim (noch heute ein offenes Kinder- und Jugendzentrum, 1966 eingeweiht), und der Stöckmannskamp bei Dorsten, ein Feriencamp für Jugendliche.

Was hat Pastor Albert Schmidt in besonders ausgezeichnet? Was veranlasste die Stadt Essen, ihm 1969 die Ehrenplakette der Stadt zu verleihen? Pfarrer Albert Schmidt war ein Mann des Wortes und der Tat. Er hatte ein waches Auge für die Not und das Leid anderer. Durch sein ausgeprägtes soziales Engagement und seine enorme Tatkraft erwarb er sich schon früh hohes Ansehen, große Beliebtheit und allseitige Anerkennung. Kirchliche Ehrungen lehnte Pfarrer Schmidt grundsätzlich ab. Dass am 28. November 1995 knapp zwanzig Jahre nach seinem Tod in der ALLBAU-Siedlung an der Förderstraße der Albert-Schmidt-Weg nach ihm benannt wurde, konnte er nicht verhindern, auch nicht, dass in „seinem“ Weg“, unterstützt durch den ALLBAU, ein Gedenkstein für ihn errichtet wurde. Im Mai 2021 wurde davor ein Beet aus Blumen, Gräsern und Stauden angelegt, Beweis dafür, dass die Vogelheimer ihren Pfarrer Schmidt nicht vergessen haben. (FJG)

Quelle: Erwin Dickhoff: Essener Köpfe. Essen 2015. – Katholische Kirchengemeinde St. Thomas Morus (Hg.): Albert Schmidt. Sein Leben, sein Werk. Essen 1996. – Iris Müller: Pfarrer half Vogelheim aus den Trümmern. In: NRZ vom 14. Mai 2021.       

Zurück