Salzmann, Werner

Werner Salzmann wurde am 4. Juni 1912 in Borbeck geboren. Seine Eltern Arthur und Betty Salzmann führten in der Gerichtsstraße 42 ein Möbelgeschäft. Werner verbrachte Kindheit und Jugend zusammen mit seiner Schwester Ruth in der Wüstenhöferstraße 21. Als er 6 Jahre alt war, starb seine Mutter an der Spanischen Grippe. Später heiratete der Vater die Schwester der Verstorbenen. Aus dieser Verbindung stammt die 1922 geborene Halbschwester Ursel „Uschi“ Erb.

Werner Salzmann besuchte zunächst die katholische Volksschule Borbeck I in der Kraftstraße (heute: Dionysiusschule) und wechselte dann zum Gymnasium Borbeck. Hier kam er erstmals mit dem Antisemitismus in Berührung. In der 7. Klasse des Gymnasiums stellte ihn sein Deutschlehrer vor die versammelte Klasse und sagte: „Hier seht ihr den Kopf eines Juden. Wenn ihr genau hinseht, merkt ihr, dass er anders aussieht als der unsere.“ Dieses Schlüsselerlebnis bewirkte eine zunehmende Entfremdung zwischen ihm und seinen Mitschülern. Ostern 1927 verließ Werner Salzmann das Gymnasium Borbeck und begann in Mülheim eine kaufmännische Lehre. 1933 arbeitete er zunächst in einem Oberhausener Geschäft und danach als Verkäufer im Borbecker Kaufhaus „Erwege“ (Einkaufsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Geschäfte), dem späteren „Kaufhaus am Markt“, in dem auch die ehemaligen Schüler des Gymnasiums Borbeck Gustav Ruben und Fritz Rohr angestellt waren.

Nach einem weiteren Schlüsselerlebnis, einer bedrohlichen Begegnung mit SA-Leuten in Borbeck, beschloss Werner Salzmann, Deutschland zu verlassen. Damit begann eine Jahre dauernde Flucht durch Europa. Zunächst reiste er illegal über die Niederlande und Belgien nach Frankreich ein. Durch Vermittlung eines jüdischen Hilfskomitees bekam er in Paris eine befristete Aufenthaltsgenehmigung, ehe er 1936 von der gewählten Volksfrontregierung gültige Ausweis- und Aufenthaltspapiere erhielt.

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kam Werner Salzmann als Deutscher in ein Arbeitslager. Nach der Auflösung des Lagers wegen des Einmarschs deutscher Truppen in Frankreich setzte er sich in das zunächst noch unbesetzte Südfrankreich, unmittelbar an der Grenze zu Spanien, ab. Hier half er mit, vom Zugriff der Nazis bedrohte Juden illegal über die Grenze zu bringen. Zu ihnen gehörte auch seine Halbschwester Ursel. Schließlich flüchtete auch er nach Spanien, wo er von der faschistischen Regierung kurzzeitig festgesetzt wurde.

Als sein Versuch, in die Fremdenlegion aufgenommen zu werden, scheiterte, verpflichtete er sich nach der Freilassung aus der Haft in Cacablanca bei der britischen Armee und kam zu einer militärischen Einheit in Algier, die später nach Italien verlegt wurde. Hier war er von den letzten Wochen des Krieges bis 1946 als Dolmetscher in einem deutschen Kriegsgefangenenlager tätig. Im gleichen Jahre wurde er in Klagenfurt aus der Armee entlassen und konnte danach wieder nach Frankreich zurückkehren. Er erwarb die französische Staatsbürgerschaft und baute sich in Frankreich eine neue Existenz auf.

Am 9. Juli 2000 ist Werner Salzmann in Straßburg gestorben. Sein Vater Arthur Salzmann war im Oktober 1941 von den Nationalsozialisten in das Ghetto Lodz verschleppt worden, wo er zu einem unbekannten Zeitpunkt den Tod fand. Seine Schwester Ruth und seine Halbschwester Ursel „Uschi“ Erb lebten bis zu ihrem Tod im Kibbutz Kabri in der Nähe von Naharya. Dort konnte ihnen das Schönebecker Jugend-Blasorchester auf seiner Orchesterfahrt nach Israel 1993 unter der Leitung von Günter Eggert musikalische Grüße aus der alten Heimat überbringen.

Werner Salzmann hat seine Heimatstadt Essen und seine alte „Penne“ mehrfach besucht. Als Zeitzeuge der NS-Diktatur war es ihm ein großes Anliegen, Schülerinnen und Schülern von seinen Erlebnissen als Jude im Nationalsozialismus zu berichten. (FJG)

Quellen: Kapitel „Die jüdischen Schüler“ von Ernst Schmidt. In: Klaus Lindemann: „Dies Haus, ein Denkmal wahrer Bürgertugend“. Das Gymnasium Borbeck seit der Kaiserzeit. Essen 2005, S. 322,/323. – Wolfgang Sykorra: Von der Penne in die Welt. Borbecker Porträts, hg. v. Lothar Böning. Essen 2013.

 

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