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Am 6. Oktober 1971 rief der Borbecker Lehrer Karl Norbisrath den „Klub der sanften Irren“ ins Leben. Ob er auch bei seinen Schülerinnen und Schülern der Realschule am Schloss, die er in Englisch und Französisch unterrichtete, als „sanfter Irrer“ galt, ist nicht überliefert.
Fest steht, dass er bei ihnen beliebt war. Ebenso fest steht, dass Karl Norbisrath von dem Schriftsteller Peter Paul Althaus begeistert war. Peter Paul Althaus (1892-1965), Lyriker und Kabarettist, lebte viele Jahre in München, gehörte dort zur Schwabinger Boheme und wandelte in seiner Lyrik auf den Spuren von Morgenstern und Ringelnatz. Mehrere literaturwissenschaftliche Aufsätze und die umfangreiche Biografie „Das Leben des Dichters Peter Paul Althaus“, die 1991 in Essen erschienen ist, belegen die Seelenverwandtschaft von Karl Norbisrath mit dem Schriftsteller.
In der Anthologie mit dem Titel „Wir sanften Irren“ sagt Peter Paul Althaus über sich und seinesgleichen: „Wir sanften Irren leben etwas hinterm Mond; wir haben seine andre Seite oft betrachtet. Wir sind das Leben hinterm Mond gewohnt; es ist dort immer leicht umnachtet.“
Am Ende seines Schaffens zieht er auf die selbstgestellte Frage nach dem letzten „Wohin“ das Resümee: „Wir sind eine Häuflein ausgebrannter Schlacken; wir sanften Irren tragen Schlüssel in den Taschen unserer Jacken für Türen, die es nicht mehr gibt.“
Solche Sätze haben Karl Norbisrath sehr gefallen. Er hatte eine von Grund auf positive Einstellung zum Leben in einer schwierigen Welt. Humor war ihm ein probates Überlebensmittel: „Wir sind die sanften Irren in der verrückten Welt, uns kann man nicht verwirren, wir tun, was uns gefällt.“ So lautet die erste Strophe eines programmatischen Gedichts, das im „Klub der sanften Irren“ in der Essener Volkshochschule entstanden ist, wo sich Karl Norbisrath mit Gleichgesinnten regelmäßig zu Klubabenden traf.
Über ihn selbst ist nur wenig bekannt. Er kam 1911 als ältester Sohn des Kaufmanns Karl Norbisrath zur Welt, besuchte nach der Volkschule das Gymnasium Borbeck und machte dort 1931 sein Abitur. Nach dem Krieg, in dem er wegen seiner Sprachkenntnisse als Militärdolmetscher zum Einsatz kam, absolvierte er ein Lehramtsstudium und wurde Fachlehrer für Englisch und Französisch an der Realschule am Schloss in Essen-Borbeck.
Den Lebensabend verbrachte er in der Kaiser-Otto-Residenz in Steele. Zu erwähnen ist vielleicht noch, dass Karl Norbisrath im Alter 91 Jahren seiner alten „Penne“ noch einen (letzten) Besuch abstattete. (FJG)
Quelle: Wolfgang Sykorra: Von der Penne in die Welt. Borbecker Porträts, hg. v. Lothar Böning. Essen 2013.