Nohlmanns, Leonard

1859 tun sich einige gutsituierte Borbecker zusammen. Sie richten für ihre Jungen eine private höhere Schule ein, auch „Fortbildungsschule“ genannt. Sie soll ihre Schüler auf den Leistungsstand der Sexta bzw. Quinta eines Gymnasiums bringen. Die Väter übernehmen die Kosten für Einrichtung und Unterhalt und müssen auch für geeigneten Schulraum sorgen. Bereits 1863 scheitert der private Schulversuch aus zwei Gründen. Ersten kann der festangestellte Privatlehrer die geforderte fachliche Qualifikation nicht nachweisen; zweitens untersagt die Schulbehörde die Erteilung eines eigenen Elementarunterrichts an einer privaten Schule.

Nach dem Scheitern der privaten „Fortbildungsschule“ wird auf Betreiben des schulpolitisch stark engagierten Pfarrers Josef Legrand von St. Dionysius der Borbecker Gemeinderat aktiv. Seinem beharrlichen Drängen auf Einrichtung einer Schule in Borbeck, in der bei der überwiegend katholischen Bevölkerung sämtliche Lehrer der katholischen Konfession angehören und der Rektor ein katholischer Geistlicher sein müsse, kann die Schulbehörde auf Dauer nicht widerstehen. Sie genehmigt in der heißen Phase des Kulturkampfes (vgl. die „Maigesetze“ von 1873) die Einrichtung einer „katholischen Knaben-Mittelschule“, die am 12. Juni 1873 im Gebäude katholischen Elementarschule in der Rechtstraße den Unterricht aufnimmt. Sie gehört damit zu den „Nichtvollanstalten mit sechs Jahren Schuldauer“. Durch das „Schulaufsichtsgesetz“ von 1872 wird die Schule unter staatliche Kontrolle gestellt. Zum ersten Schulleiter wird der Geistliche Dr. Leonard Nohlmanns bestimmt.

Dr. Leonard Nohlmanns wird am 25. Juli 1846 in Wehr bei Geilenkirchen geboren. Am 24. August 1869 empfängt er in Köln die Priesterweihe. Nach Studium und Promotion tritt er am 26. März 1872 an der Domschule zu Aachen seine erste Lehrerstelle an. Auf Vermittlung von Pfarrer Legrand wird Dr. Nohlmanns von Aachen nach Borbeck versetzt. Am 5. Mai 1873 erfolgt seine Wahl durch den Borbecker Gemeinderat und am 25. Mai 1873 seine Ernennung durch den Erzbischof von Köln. Der Schulleiter nimmt den Unterricht 1873 in der Aufbauklasse mit 15 Schülern auf. In den folgenden Jahren schwankt die Schülerzahl zwischen 50 und 80 Schülern. Nohlmanns Organisationsplan ist so ausgerichtet, dass seine Schüler keine Schwierigkeiten haben, von der Tertia ihrer Schule in die Sekunda eines Gymnasiums zu wechseln.

Zu den Aufgaben des Schulleiters gehören in jenen Jahren die Behandlung von Disziplinarfällen und das Abhalten von patriotischen Festreden. In der handgeschriebenen Chronik von Dr. Nohlmanns ist darüber einiges vermerkt. So findet sich dort zum Beispiel ein Vorfall, in den die Schüler Clemens Gimken und Fritz Erdelmann verwickelt sind. Nohlmanns notiert unter dem 18. November 1879, dass die beiden Schüler „beim gemeinsamen Ausflug der Schule am Sedanfest nach Mülheim an der Ruhr aus einem von einem anderen Schüler mitgebrachten Fläschchen etwas Branntwein genossen“ hätten, was zum Schulversäumnis am nächsten Tag und in der Folge zu entsprechenden Disziplinarmaßnahmen geführt habe. Sein Bericht über den Ablauf der Sedanfeier am 2. September 1878 mag als Beispiel für die auch von Rektor Dr. Nohlmanns gehandhabte Praxis der patriotischen Feiern dienen:

„Nachdem die ganze Schule dem Gottesdienst beigewohnt, hob die Festfeier um 8 Uhr an. Dieselbe fand diesmal unter Gesang und Deklamationen und Rede statt und endete mit dem dreifachen Hoch auf den Kaiser Wilhelm I. Am Nachmittag wurde ein Spaziergang zu einer nahe gelegenen Gastwirtschaft [gemeint ist die Waldschenke gegenüber vom Schloss Borbeck - FJG] veranstaltet; dieselbe hatte einen recht freudigen und erhebenden Verlauf. Patriotische Gesänge und Lieder wechselten einander ab. Aus den vom Gemeinderat bewilligten Mitteln konnte den Schülern eine nicht unbedeutende Erfrischung an Kaffee und Bier und Weißbrot gewährt werden. Der fröhliche Heimzug lieferte den klaren Beweis von der munteren Stimmung, die alle beseelte. Nachdem wir unter heiteren Gesängen an der Borbecker Schule angekommen waren, wurde die Landeshymne „Heil dir im Siegerkranz“ gesungen und dann die Feier mit einem dreifachen kräftigen Hoch auf Se. Majestät, unseren König und Kaiser beschlossen.“ [zitiert nach: Lindemann S. 72].

Zum 17. August 1884 legt Dr. Nohlmanns aus gesundheitlichen Gründen („ein wiederholt auftretendes Halsleiden“) sein Amt als Rektor der katholischen Knaben-Mittelschule nieder. Er findet eine neue Aufgabe ganz in der Nähe. Er wird Seelsorger in der Filialgemeinde St. Josef in Frintrop.

Am 2. Februar 1890 stirbt Dr. Nohlmanns im Alter von 43 Jahren. Er wird am 6. Februar 1890 zunächst auf dem katholischen Friedhof an der Hülsmannstraße beigesetzt. Am 3. November 1891 erfolgt die Umbettung auf den neuen Friedhof in der Pflanzstraße und später (1921) in die dortige Priestergruft. Am Trauerzug der Frintroper Gemeinde mit sechs Musikkapellen und 19 Gruppen, Vereinen und Gesangsvereinen nimmt auch die „Rektoratschule“ mit einem „Ehrenkranz“ teil. (FJG)

Quelle: Klaus Lindemann: „Dies Haus, ein Denkmal wahrer Bürgertugend“. Das Gymnasium Borbeck seit der Kaiserzeit. Essen 2005, S. 70-75. – Franz Josef Gründges: Gymnasium Borbeck 1905-1980. Borbeck 1980, S. 7-10.

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