Maria Franziska Truchseß von Waldburg-Zeil

Dechantin (ab 1630) und Pröpstin (1690-1693)

Wenn man es recht bedenkt, hatten die adligen Fräulein keinen leichten Stand. Früh wurden sie von ihren Eltern heiratspolitisch verplant oder in einem Versorgungsinstitut untergebracht. Dafür waren Damenstifte besonders gut geeignet. Maria Franziska Truchseß von Waldburg-Zeil aus Leutkirch im Allgäu lernte in ihrer Karriere als Stiftsdame gleich drei davon kennen. Schon mit 18 Jahren hatten sie ihre Eltern, Johann Jakob Truchseß von Waldburg-Zeil und Johanna Gräfin von Wolkenstein-Trostburg, im Jahre 1648 als Stiftsdame im oberschwäbischen Damenstift Buchau untergebracht, wo sie sich aber nur selten sehen ließ.

Der Vater liebäugelte wohl damals schon mit der Aufnahme seiner Tochter in den angeseheneren und finanziell besser gestellten Stiften in Essen und St. Ursula in Köln. Das Vorhaben gelang, wenn auch nicht ohne Schwierigkeiten, zunächst in Essen. Dort versuchte man mit der Behauptung, die Erträge des Stifts seien derzeit für die Vergabe einer weiteren Pfründe zu gering, die Bewerbung der Maria Franziska zu übergehen, obwohl sich sogar Kaiserin Eleonore im März 1656 persönlich für die Kandidatin eingesetzt hatte.

Gegen alle Einwände und Vorbehalte des Kapitels, insbesondere der Pröpstin, erfolgte ohne Zustimmung der Stiftsdamen am 5. Juli 1657 Maria Franziskas Aufnahme ins Essener Damenkapitel. 1666 wurde sie Dechantin, 1690 mit päpstlicher Unterstützung Pröpstin. 1666 erhielt sie eine Präpende in St. Ursula in Köln. Kurz vor ihrem Tod gelang ihr noch der Sprung ins Amt der Fürstäbtissin von Buchau. Dort ist sie 1692 gestorben. Für die erfolgreiche Unterbringung seiner Tochter in drei Damenstiften hatte der Vater einiges investieren müssen. Jedenfalls sind verschiedene großzügige Schenkungen von ihm an die Jesuiten belegt.

Die Allgäuerin Maria Franziska hat sich in Essen nicht wohlgefühlt. Ihren Briefen zufolge bestimmten Neid und Missgunst das Leben im Damenstift. Ihrem Bruder, der seine Töchter in Essen unterbringen wollte, empfahl sie das Stift in Thorn, denn dort herrsche eine „manierlichere Zucht“ und es gebe dort „weit feinere Gräfinnen als hier“. Überall witterte sie Undank und Verrat. Sie glaubte, ihre Briefe würden abgefangen, zudem war sie fest davon überzeugt, vom Pater ihres Vertrauens bei einer Wahl hintergangen worden zu sein. Überhaupt gehe es bei den Wahlen weniger um das hohe Gut der Ehre, als vielmehr um bares Geld. Bleibt die Frage, ob es bei der Wahl der Kritikerin zur Pröpstin nur guter Worte bedurft hat.

Den aus den norddeutschen Adelshäusern stammenden Stiftdamen traute Maria Franziska nicht über den Weg. Diese täten äußerlich zwar schön, seien in Wirklichkeit aber nicht vertrauenswürdig und ehrlich. Mit dem ihrer Meinung nach vorherrschenden Nord-Süd-Gefälle tat sich die Allgäuerin schwer. Die „hierländischen“ Stiftsdamen würden mit allen Mitteln versuchen, die „Oberländischen“ auf Distanz zu halten. Empört zeigte sie sich über die Dreistigkeit der Stiftsdame Gräfin von Salm, die es gewagt hatte, sie als „Närrin“ zu bezeichnen. Selbst die Heiratsaussichten von jungen Frauen aus dem Süden seien in Essen und Umgebung nicht gut. Maria Franziskas Urteil nach dreißig Jahren in Essen lautete: Man muss hier viele harte Nüsse knacken und findet wenig Trost. Kurzum: „Es ist ein falsches Land.“ (FJG)

Quelle: Ute Küppers-Braun: Macht in Frauenhand. 1000 Jahre Herrschaft adeliger Frauen in Essen. Essen 2002, S. 176/177. – Ute Küppers-Braun: Frauen des hohen Adels im kaiserlich-weltlichen Damenstift Essen (1605-1803). Münster 1997, S. 331/332.

Karte unten: Stift Essen und Grafschaft Mark, Nicolas Sanson 1681

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