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VOGELHEIM. „Seit wir zwei uns gefunden – (Adiole), diese Liedzeile scheint Detlev Jaritz auf den Leib geschrieben und untrennbar mit ihm verbunden zu sein", schrieb „Happo" Helmut Tautges vor einigen Jahren in einem Gastbeitrag für die Funke-Mediengruppe. Und so erstaunt es nicht, dass Detlev Jaritz im Jahre 1999 maßgeblich daran beteiligt war, den Kult-Song „Adiole“ mit Siw Malmquist neu aufnehmen zu lassen und die ursprüngliche Refrainzeile in „Oh RWE“ umzuändern.
Am 2. Januar 1953 erblickte Detlev Jaritz nur einen Steinwurf vom Essener Stadion an der Hafenstraße entfernt das Licht der Welt. Seit frühesten Kindheitstagen ist das RWE-Urgestein mit RWE verbunden. „Ich war mit meinen Eltern 1955 am Stadion zum Empfang der RWE-Mannschaft, die gerade Deutscher Meister geworden war“, schrieb er in einem Facebook-Beitrag zur Kurzen Fuffzehn-Serie Mein erstes Mal Hafenstraße: „Bin im Gemenge verloren gegangen. Ein Polizist mit Pickelhaube setzte mich an der Einfahrt zum Stadion auf einen Stromkasten. Dort hatten meine Eltern mich dann wieder in Empfang genommen. Ich war gerade mal 2 1/2 Jahre alt als RWE den Meistertitel holte. Daran kann ich mich sogar ganz vage erinnern. Das war mein erstes großes Fußball-Erlebnis bei RWE. Später, von 1959 bis 1963, habe ich mit den Vogelheimer Sängerknaben der Pfarrei St. Thomas Morus immer auf der Weihnachtsfeier der 1. Mannschaft in der Vereinsgaststätte bei Zerbs Weihnachtslieder gesungen", erinnert sich Jaritz an seine rot-weissen Anfangsjahre zurück.
Ein Nachbar nahm ihn dann eines Tages mit ins Georg-Melches-Stadion. Die große Liebe entfachte allerdings erst beim Regionalliga-West-Meisterschaftsspiel im Oktober 1972 gegen den 1.FC Mülheim-Styrum. Mit 10:1 fegten die Essener den Konkurrenten aus der Nachbarstadt förmlich vom Platz. „Es herrschte eine bombastische Stimmung im Stadion“, so Jaritz. Nach diesem Kantersieg war es um ihn endgültig geschehen. Sein Leben drehte sich von nun an um Rot-Weiss. 1977 wurde er Mitglied bei den 1974 gegründeten „Roten Teufel“, aus dem später der „1.SC Fan-Club Rot-Weiss Essen e.V.“ hervorging. Hier war Detlev Jaritz über zwei Jahrzehnte 1. Vorsitzender und gab diesen Posten 1999 an Lothar Dohr, den „Schreck vom Niederrhein“, weiter.
Detlev Jaritz, Portrait von der RWE-Homepage, im Bild rechts: Das Trio des ersten RWE-Fan-Clubs in den 1970er Jahren: Detlev Jaritz, Lothar Dohr und Thomas Weise.
Ein Grund waren die immer umfangreicher werdenden Aufgaben, die Detlev Jaritz bei Rot-Weiss Essen wahrnahm. Er war 1994 als Einkäufer vom Karstadt Zentraleinkauf zu seiner sportlichen, privaten und nun auch beruflichen Leidenschaft an die Hafenstraße gewechselt. Befragt, um welche Bereiche er sich kümmern musste, hält er kurz inne, überlegt, um dann ungläubig loszulegen, wie viele Posten und Tätigkeiten er im Laufe der Jahre ausgeübt hat: Geschäftsstellenleiter, Veranstaltungsleiter, Ticketmanager bis 2003, Merchandising-Experte, Sicherheitsbeauftragter, Stadionverbotsbeauftragter, Ehrenratsmitglied, zweiter Stadionsprecher, Mitglied im AWO-Fan-Beirat, … die Liste ließe sich beliebig weiterführen.
Als ehrenamtlicher Mitarbeiter hatte er bereits zahlreiche Fanartikel entworfen, die an einem Fanstand vor der Haupttribüne verkauft wurden. Der von ihm geleitete 1. SC Rot-Weiß Fanclub – Essen e.V. warb schon am 26. Januar 1980 in der Kurzen Fuffzehn für Thermo-Blousons und Thermo-Latzhosen. RWE-Schlüsselanhänger in zwei verschiedenen Ausführungen für 3,50 DM bzw. 4,- DM und RWE-Regenschirme für 15,- DM bot der Fan-Club 1988 in der Kurzen Fuffzehn an. Detlev Jaritz kann man daher zurecht als Gründervater des RWE-Merchandising bezeichnen.
„Merchandising“, wirft er lächelnd ein, „das bedeutete damals ein paar Fan-Schals, ein paar Tassen und wenige Käppis, übersichtlich lagernd hinter einem umklappbaren Durchgang. Bald gab es natürlich auch Shirts und Teamsport wie Trikots, Sporthosen und –jacken. Mitte der 1990er hatten wir als erster Verein in Deutschland ein RWE-Freundschaftsarmband angeboten. Sogar der DFB berichtete darüber. Vier Wochen später folgte Bayern München damit und machte es uns nach“, erinnert sich Detlev Jaritz schmunzelnd. Ein Schmuckstück der folgenden Jahre war eine Herren Boxer-Short und eine Kondompackung (!) jeweils mit der Aufschrift: „Der Schreck vom Niederrhein". Passend dazu gab es für die Damen einen String mit der Aufschrift „Hafenstraße".
Nach und nach wurde das Sortiment also erweitert. Ab Oktober 1995 übernahm Detlev Jaritz dann offiziell das Merchandising, um es professionell auszubauen. „Wir haben den Laden dann mit entsprechenden Möbeln und Einrichtungen modernisiert und ab 1996 mit EDV und einem Warenwirtschaftsystem ausgerüstet. Der Eingang wurde nach außen verlegt und ein Handlager hinter dem Fanshop eingerichtet."
Gut drei Jahre vor seiner Pensionierung dann ein harter gesundheitlicher Einschnitt. Eine schwere Herzerkrankung wurde diagnostiziert, die eine fünffach Bypass-OP nach sich zog. Eine Zeit, in der die Unterstützung der RWE-Familie Detlev Jaritz viel Kraft gab. Noch heute ist er dankbar, wenn er an die Worte denkt, die auf einem extra für ihn angefertigten Banner der Ultras Essen beim Heimspiel gegen RW Oberhausen kurz vor der Herzoperation standen und im Georg-Melches-Stadion hochgehalten wurden: „Rot-Weisse Kämpfer geben niemals auf – Alles Gute Detlev Jaritz“. Nach überstandener Operation und erfolgreicher Reha schrieb Detlev Jaritz auf der RWE-Homepage: „Ich möchte mich bei Euch allen herzlich für die zahlreichen Genesungswünsche bedanken, die mich per Brief, E-Mail, SMS oder Anruf erreicht haben. Mit so viel Anteilnahme habe ich nicht gerechnet und war einfach überwältigt. All diese Genesungswünsche haben mir wieder einmal gezeigt, dass Rot-Weiss Essen kein gewöhnlicher Fußballverein, sondern eine große Familie ist."
Von 1994 bis 2015 leitete das RWE-Urgestein die Geschicke auf der Geschäftsstelle an der Hafenstraße 97A. „Es war nicht nur ein Job, um Geld zu verdienen. Ich wollte RWE helfen, wo ich nur konnte“, blickt er ein wenig melancholisch auf seine berufliche Laufbahn zurück.
Nach seiner Pensionierung wurde Detlev Jaritz in den Ehrenrat seines Vereins Rot-Weiss Essen gewählt, ist dort Ehrenamtsbeauftragter sowie Kuratoriumsmitglied der von ihm initiierten Georg-Melches-Verdienstmedaille, die seit 2021 jährlich für besonderes ehrenamtliches RWE-Engagement verliehen wird. Denn Tradition hochhalten, sie zu pflegen, ist das Credo für den gebürtigen Vogelheimer. Das hat er dem legendären Geschäftstellenleiter Paul Nikelski an dessen Krankenbett versprochen. In der Georg-Melches-Initiative ist der Jubilar seit ihrer Gründung 2012 aktiv. Sie will „die Wurzeln und Werte von RWE wahren und dabei auch das Andenken an unseren Vereinsgründer Georg Melches wachhalten." Detlev Jaritz ist dort Ideengeber und Sponsorensucher für neue Ausstellungsexponate des seit 2015 wachsenden Fußball-Freilichtmuseums, das seinen Platz auf dem Grünstreifen neben der Zufahrtsstraße zum Stadion hat. Ob sein Wunsch, die Straße Sulterkamp in den Namen des Vereinsgründers umzubenennen in Erfüllung gehen wird?
Im nächsten Jahr – am 01.01.2024 - kann der Jubilar auf 50 Jahre Mitgliedschaft bei Rot-Weiss Essen zurückblicken. Lieber Detlev, die große rot-weisse Familie wünscht Dir: Bleib gesund und dem RWE noch lange mit Deinem Engagement und vielen Ideen erhalten.
Georg Schrepper
Links: Nach fast vier Jahrzehnten als ehren- und hauptamtlicher Mitarbeiter wurde Detlev Jaritz im Dezember 2014 verabschiedet, ist für den RWE aber als Ehrenratsmitglied und Motor der GMS-Initiative weiterhin unermüdlich im Einsatz. im Bild rechts: Der seit 2018 offiziell ins Straßenregister eingetragene Helmut-Rahn-Platz vor der Tribüne Alte West hat seit 2022 endlich auch sein Straßenschild. Detlev Jaritz hofft, dass nach unserem Vereinsgründer Georg Melches endlich auch eine Straße – zum Beispiel der heutige Sulterkamp - benannt wird.