Irmgard von Diepholz

Fürstäbtissin 1561-1575

Die Äbtissin Irmgard von Diepholz residiert zwischen den Äbtissinnen Maria von Spiegelberg, die nur ein Jahr im Amt war, und Elisabeth von Manderscheid-Blankenheim-Gerolstein, die nach drei Jahren im Amt resignierte und heiratete. Unruhige Zeiten offenbar. Ihre Tochter Elisabeth war von 1588 bis 1598 ebenfalls Äbtissin in Essen.

Nach ihrer Wahl stand die zu diesem Zeitpunkt schon sehr betagte Irmgard vor großen Herausforderungen. Die Stadt unternahm Versuche, sich von der Fürstäbtissin unabhängig zu machen. Dabei dienten ihr die vorherrschenden konfessionellen Konflikte als geeignetes Vehikel. Die Fürstäbtissin steckte in einem Dilemma. Persönlich stand sie dem Protestantismus nahe, als Fürstäbtissin musste sie sich jedoch gemäß den Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens von 1555, wonach ein Reichsstand die Konfession seiner Untertanen bestimmen konnte, zum Katholizismus bekennen, um nicht Amt, Abtei und Einkünfte zu verlieren. Denn als bekennende Protestantin hätte sie ihr Amt niederlegen müssen.

Es blieb der Fürstäbtissin nichts anderes übrig, die Stadt als katholische Landesherrin zu zwingen, vom Luthertum abzulassen. Nur so konnte sie den Eindruck vermeiden, dass sie – zumindest indirekt – die von der Stadt beanspruchte Reichsunmittelbarkeit akzeptiere. Es kam zu keiner Annäherung zwischen Fürstäbtissin und Stadt. Zwei Jahre lang, von 1568 bis 1570, wurde vor dem Reichskammergericht prozessiert. Das Urteil bestätigte im Wesentlichen die Festlegungen, die 1399 im sog. „Scheidebrief“ getroffen worden waren. Neu war, dass die Bürger der Stadt Essen protestantisch bleiben durften. Damit waren Stift und Stadt in konfessioneller Hinsicht gespalten.

Auch stiftsintern gab es Konflikte. So führte Irmgard von Diepholz nach ihrer Wahl zur Äbtissin das Amt der Kämmerin selbstherrlich weiter. Für dieses Amt, mit dem die Aufsicht über die auszuteilenden täglichen Brot- und Fleischrationen verbunden war, gab es sogar ein eigenes Siegel mit Schlüssel und Buch. Das wollte sie auf keinen Fall aus der Hand geben. Sie drohte den Stiftsdamen und Kanonikern sogar mit dem Entzug der täglichen Nahrungsmittelrationen. Letztlich musste Irmgard von Diepholz in diesem Streit klein beigeben.

Auch in anderen Fällen führten die selbstherrliche Art und die autoritäre Amtsführung der Fürstäbtissin immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen. Es waren vor allem die Stiftsdamen und Schwestern Elisabeth (Pröpstin) und Elsabeth (Dechantin) von Manderscheid-Blankenheim, mit denen die Fürstin im Streit lag. Es ging um die Herausgabe des schon erwähnten Siegels und des Schlüssels für das pröpsteiliche Archiv. Außerdem machte man ihr den Vorwurf, pröpsteiliche Höfe und Ämter nebst Pfründen und Einnahmen eigenmächtig vergeben zu haben. Mit dem sog. Clevischen Vertrag von 1569 sollten die strittigen Punkte beseitigt werden. Ohne Erfolg, die Streitigkeiten zwischen Fürstin und Kapitel dauerten bis zu deren Tod im Jahre 1575 weiter an.

Noch zwei Ergänzungen der anderen Art. Die eine Ergänzung bezieht sich auf die Bergordnung der Fürstäbtissin vom 15. April 1575. Darin schloss sie einen Vertrag mit einer Gemeinschaft von Bergleuten, die darin als „Köhler“ bezeichnet werden, in dem u.a. das Fluchen und Pfeifen in der Grube gegen Strafe untersagt wurde, mit der Begründung, dass beides den Berggeist erzürnen könne. Wörtlich gilt für die „Köhler uff der Geist im Stifft Essen“ Folgendes: „ferner wer auff dem berge schweren und floichen und sonst gotteslasterliche unnütze wordte geprauchen und außgießen und sprechen würde, der soll allezeitt hochgnädigster fürstin und fraw fünff Dahler und der Gesellschafft fünff Dahler zur bueß und straff geben.“  

Dann mag noch erwähnt werden, dass Irmgard von Diepholz, was damals durchaus nicht unüblich war, einen einfältigen Menschen mit Namen Hans bei sich aufgenommen hatte, der die ersten Jahre seines Lebens bei ihrem Bruder in der Grafschaft Diepholz zugebracht hatte. Er benahm sich offensichtlich recht seltsam. So soll er der Stiftsdame Imagina von Oettingen Schimpfworte nachgerufen haben. Möglicherweise war der junge Mann gar nicht so einfältig, man die Biografie der Stiftsdame zu Rate zieht. (FJG)

Quellen: Ute Küppers-Braun: Macht in Frauenhand. 1000 Jahre Herrschaft adeliger Frauen in Essen. Essen 2003. – Wilhelm Grevel: Elsabetha, Fürst-Äbtissin des Stifts Essen von 1575-1578. In: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen, Heft 13, Essen 1889. – Georg Schreiber: Deutscher Bergbau in Geschichte und Ethos. In: Festschrift der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen. Wiesbaden 1958, S. 177 ff.

Bild oben: Wappen der Grafen von Diepholz, „Wernigeroder (Schaffhausensches) Wappenbuch“; Süddeutschland ca. 1475-1500, Bayerische Staatsbibliothek München, Cod.icon. 308 n

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