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Erste Besitzer des Rittersitzes und Lehnguts des Stiftes Essen waren die „Herren oppen Berge“, auch „Herren op dem Berghe“ genannt. 1291 wird erstmals ein Henrich oppen Berge erwähnt. Zum Rittersitz gehörten unter anderem zwei Mühlen, zwei große Fischteiche, eine Fischerei in der Emscher und Berne und eine Herde wilder Pferde im Emscherbruch.
Bekannt wurde ein Balthasar oppen Berge, der im Streit um eine Mühle seinen Gegner erschlug und dafür von der Landesherrin, der Essener Äbtissin, des Landes verwiesen wurde. Erst nach neun Jahren durfte er 1482 auf sein Gut zurückkehren. Sein Sohn Rutger oder Röttger war 1495/98 Schulte des Oberhofs Viehhof und stand damit an der Spitze der Hofgerichte des Essener Damenstifts. Außerdem war er Amtmann der Stadt Essen.
Als er als Letzter des Geschlechts der Familie oppen Berge 1528 starb, hinterließ er ein stark verschuldetes Gut und zwei unmündige Töchter. Für die Erbtochter Margarete übernahm Johann von der Recke-Steinfort, ein guter Freund der Familie, den Besitz. Er machte das Gut wieder schuldenfrei und verheiratete 1536 seinen Sohn Franz mit Margarete. Durch die Heirat kam die Familie von der Recke-Steinfort in den Besitz von Haus Berge. Noch im gleichen Jahr sperrte die Äbtissin Sibylle von Montfort den jungvermählten Franz von der Recke wegen Unterstützung der Wiedertäuferei in den Turm von Schloss Borbeck und ließ ihn erst nach dem Schwur, keine Rache zu üben, wieder frei.
Margaretes jüngere Schwester hatte Georg von Asbeck geheiratet. Dieser machte nach dem Tod des ältesten Sohnes von Franz von der Recke Erbschaftsansprüche für seine Frau Anna, eine geborene op dem Berghe, geltend. 1592 wurde die Familie von Asbeck auch mit dem Nachbargut Münsterhausen am Mühlenbach belehnt. Dank guter Beziehungen und durch die „talerschwere“ Heirat des Jobst Vinzenz von Asbeck konnte sich die Familie von Asbeck bis 1794 auf der Burg am Mühlenbach halten. Calixtus, der letzte Asbeck auf Berge, verkaufte die Güter 1794 an das Essener Stiftskapitel und zog nach Westfriesland.
„Haus Berge ist in Kartenwerken des beginnenden 19. Jahrhunderts als eine circa 80 x 140 m große. von etwa 10 bis 20 m breiten Wassergräben umgebene Burganlage verzeichnet. Sie lag in einer sumpfigen Niederung an dem heute kanalisierten Mühlenbach im Stadtteil Bochold“, heißt es in der Kurzbeschreibung der Denkmalliste der Stadt Essen (Lagebild s.o.): „Die im Boden erhaltenen Relikte von Haus Berge sind geeignet, zeitliche und bauliche Entwicklungen der verschiedenen Vorgängeranlagen und -nutzungen aufzuzeigen. (…) Haus Berge ist der herrschaftliche Mittelpunkt in einer landwirtschaftlich geprägten Umgebung. (…) Haus Berge ist somit durch seine spezifische Lage und Anordnung in der Landschaft besonders geeignet, die charakteristische landschaftliche Situation des Ruhrgebietes vor der Industrialisierung aufzuzeigen.“ Zum Schutzbereich gehören alle im Boden erhaltenen archäologischen Relikte der Wasserburg und der sie umgebende Boden.
Wegen der Säkularisation blieb den Stiftsdamen die Eigennutzung des aufwendig renovierten Rittersitzes verwehrt. Das 135 Morgen große Gut wurde 1802 an die Familie des Canonicus Philipp Leimgardt, den späteren Bürgermeister von Borbeck, verpachtet. Er behielt die Pacht bis 1826. Der preußische Staat verkaufte das Domänengut an den Rittmeister a.D. Graf Ottomar von der Recke-Vollmarstein zu Overdyck.
Dieser wiederum veräußerte zunächst Grundstücke an die 1847 gegründete Eisenhütte und 1863 den Rittersitz, das „Wasserschloss“, an den Essener Landrat Leopold Devens (1831-1894), der von 1859 bis 1868 Landrat des Kreises Essen und ab 1868 Polizeipräsident von Köln war. 1867 ging das nur noch 25 Morgen umfassende Haus Berge für einen Kaufpreis von 30.000 Talern schließlich an das Kloster der Barmherzigen Schwestern von der heiligen Elisabeth über, die auf dem ehemaligen Rittersitz ein Krankenhaus und Waisenhaus für Kinder aus der gesamten Rheinprovinz errichteten.
Als eine Abteilung des Essener Elisabeth-Krankenhauses besteht das Krankenhaus heute noch in Essen-Bergeborbeck. Die Ordensschwestern zogen 2016 in das Mutterhaus in Essen-Schönebeck.
Die Gründungsgeschichte des Krankenhauses Haus Berge nach der Borbecker Chronik
1868 wurde auf dem ehemaligen Rittergut Haus Berge die erste Krankenanstalt in der Bürgermeisterei Borbeck errichtet. Hier die Vorgeschichte anhand der Eintragungen in der Borbecker Chronik:
„Der Gemeinderat verhandelt am 18. Dezember 1866 unter anderem über: ‘1. Errichtung einer Krankenanstalt. Die Versammlung beschloss, diesen Gegenstand einer Commission zu überweisen, welche darüber einen Plan zu entwerfen, ein passendes Grundstück aufzusuchen und in sechs Wochen dem Gemeinderat weitere Vorschläge zu machen habe. – Man bemerke dabei, dass mit dem zu errichtenden Krankenhaus eine Anstalt zur Unterbringung verwaister Kinder zu verbinden sei, damit auf diese Weise die Polizeistrafgelder direkt der Gemeindekasse zufließen.‘“ [Borbecker Chronik 6, S. 56/57].
„Aus dem Protokoll der Bürgermeister-Versammlung vom 15. Januar 1867 geht hervor: ‘Wahl einer Commission, welche der Versammlung über den Ort, sowie über die Ausdehnung des zu errichtenden Krankenhauses in Borbeck unter Vorlegung eines Planes und Kosten-Überschlages Vorschläge machen soll. Zum Mitglied der Commission wurde nach einiger Beratung gewählt: Herr Reichsfreiherr von Fürstenberg, Herr Clemens Hoffstadt, Herr Hermann Kirchmann. Es wurden die Herren beauftragt, sich nach einem passenden Grundstück, wo das Krankenhaus gebaut werden soll, umzusehen, sich mit dem Baumeister Freyse wegen der Aufstellung eines Planes und Kosten-Überschlages in Verbindung zu setzen und dem Sammtgemeinderat in vier Wochen darüber Bericht zu erstatten.‘“ [Borbecker Chronik 6, S. 62].
„Nachdem in diesen Tagen für das Borbecker Krankenhaus die Grundstücke bereits aquiriert worden sind, ist jetzt der Bauplan für dasselbe bei der betreffenden Behörde zur Genehmigung eingereicht worden. Nach dem Kostenanschlage werden die Baukosten die Höhe von 23500 Taler erreichen, und hofft man, dass ein Teil dieser Summe durch freiwillige Beiträge der verschiedenen Etablissements, Zechen etc., für welche ja die Errichtung eines solchen Instituts von wesentlicher Bedeutung ist, gedeckt werden wird. Die Inangriffnahme des Baues steht somit bald in Aussicht.“ [Essener Zeitung vom 14. Juni 1867].
„Das Gut des Polizei-Direktors Herrn Devens, Haus Berge, ist gestern behufs Anlage zu einem Kranken- und Waisenhause angekauft worden und wird wahrscheinlich als Filiale des Klosters zu Essen bestimmt sein. Demnach dürfte nunmehr der Neubau eines Krankenhauses zu Borbeck wohl ganz sistiert werden.“ [Essener Zeitung vom 13. November 1867].
„Das Kloster der barmherzigen Schwestern hierselbst hat das Haus Berge zu Borbeck einstweilen teilweise in Benutzung genommen, es sind dort nämlich 28 Waisenkinder untergebracht worden.“ [Essener Zeitung vom 29. Januar 1868].
„Berge-Borbeck: Gestern war hier eine erhebende Feier. Bekanntlich haben die barmherzigen Schwestern in Essen mit Genehmigung der höheren Behörde das Haus Berge von unserem früheren Landrat, dem jetzigen Polizei-Präsidenten Devens, käuflich erworben, um für die hiesige sehr industrielle Gegend eine Kranken- und Waisen-Anstalt zu errichten. Schon seit mehreren Monaten wurde dasselbe mit einem Areal von 25 Morgen zu diesem Zweck bewirtschaftet; heute aber war ein Tag, wo die neue Anstalt durch eine herrliche Zutat bereichert werden sollte. Es war nämlich von Seiten des Klostervorstandes ein geräumiges Ökonomie-Gebäude zu einer Kapelle, wir dürfen fast sagen, Kirche umgeschaffen, welche heute durch den Hrn. Dechanten die kirchliche Weihe erhielt.“ [Essener Zeitung vom 16. September 1868 – mit Foto in Borbecker Chronik 6, S. 89.
Der Name Bergeborbeck
Durch die Übertragung des Namens des Ritterguts auf die erste Essener Bahnstation an der Köln-Mindener-Eisenbahnlinie (1847) wurde aus Berge bei Borbeck später Bergeborbeck und heute Essen-Bergeborbeck.
Der Name Bergeborbeck ist für den Stadtteil erst seit der Trennung von Vogelheim im Juni 1977 die amtliche Bezeichnung. 1915 wurde die damalige Lindenstraße in Haus-Berge-Straße umbenannt. Sie verbindet die Stadtteile Altendorf und Bochold.
(FJG)
Quellen:
Essener Allgemeine Zeitung, Sonntag, 10.August 1924. Nachdruck am 18.08.2024 auf borbeck.de in der Serie „Immer der Reihe nach“ - Vor 100 Jahren: Essener Allgemeine Zeitung erinnert an Berges Ritterzeit.
Wimmer, Walter und Hölter, Susanne (Hrsg.): Gewachsen in elf Jahrhunderten. Borbecker Chronik 6, 1865-1868, Borbeck 1993.
Essener Straßen. Begründet von Erwin Dickhoff, Hrsg. Stadt Essen und Historischer Verein für Stadt und Stift Essen e.V., Neuauflage 2015, Klartext-Verlag, Essen 2015.
Wördehoff, Ludwig: Borbeck in seinen Straßennamen, Essen 1987.