1300-1600: Residenz Borbeck

Haus Borbeck wird Residenz

Borbeck wird als Territorial- und Kirchengemeinde über Jahrhunderte durch das Verhältnis zur geistlichen Herrschaft der Äbtissinnen des Essener Damenstiftes geprägt. Sie sind einzige reichsunmittelbare geistliche Fürstinnen im Rheinland und stehen meist in enger Beziehung zum rheinischen und westfälischen Adel. Sie erwerben 1288 das volle Verfügungsrecht über das Haus Borbeck von den Rittern Hermann und Wennemar von Aldendorp zurück und richten hier ihre Hofhaltung ein. Die romanische Dionysiuskirche wird 1339 von Grund auf neugebaut und mit gotischem Chor und Seitenschiffen versehen. Geleitet wird die Pfarre durch Kanoniker des Essener Stiftes, verwaltet von einem Vikar. Sie versorgen sich aus dem wachsenden Grundbesitz der Pfarrei. Auch die in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts eingerichteten Vikarien zu Ehren des Hl. Antonius und die Vikarie „Beatae Mariae virginis“ (B.M.V.,1371) tragen zur wirtschaftlichen Grundlage bei.

In den beginnenden Auseinandersetzungen zwischen den geistlichen Regentinnen und der Stadt spielt auch der Residenzort eine wichtige Rolle: Mit kaiserlicher Genehmigung wird der gerichtliche „Freistuhl“ 1372 von Essen nach Borbeck verlegt und bleibt dort bis 1486. Auf dem Schloss werden in eigener Münze Golddukaten, Tournosen und Silbermünzen geprägt. Mehrfach wird Schloss Borbeck im Streit über die Wahl der Nachfolgerinnen vergeblich belagert. Aus der Pfarrei geht damals eine große Zahl von Klerikern hervor, für die Stiftungen angelegt werden.

Reformation und Kriege

Keine große Resonanz findet die Wiedertäuferbewegung. Der Rat der Stadt Essen, der sich inzwischen als unabhängiger Landesherr betrachtet, führt 1561 die Reformation ein. Zwei Jahre später wird die Essener Marktkirche evangelisch und die Stadt wird 1568 im Streit um die Konfession durch die Äbtissin beim Reichskammergericht verklagt. Sie verbringen ab 1575 den größten Teil des Jahres in ihrer Residenz, die 1578 mit der Bauerschaft von kurkölnischen Truppen eingeäschert und geplündert wird. Zehn Jahre später verwüsten die Spanier die Borbecker Mark im Niederländisch-Spanischen Krieg, dringen in die Kirche ein und berauben sie. Die Niederländer begnügen sich 1591 mit einer Beute von 500 Schweinen. Das Schloss Borbeck wird von der seit 1588 amtierenden Äbtissin Elisabeth II. von Manderscheidt-Blankenheim (1588-1598) gründlich wiederhergestellt. Sie verlegt ihre Residenz nun ganz nach Borbeck.

Die Neuordnung der Verhältnisse in der Mark durch die Neuschrift der alten Markenkur (1589) gestattet der Regentin größeren Einfluss auf das Borbecker Hölting. Sie verfolgt Hexerei und Zauberei mit hohen Geldstrafen, wodurch der Hexenwahn im ganzen Essener Stift keine Opfer fordert, sucht aber den konfessionellen Besitzstand im Stift zu wahren. Dazu bedient sie sich auch ihrer Untertanen: So dringen Borbecker Schützen, deren Vogelschießen vor 1550 zum ersten Mal erwähnt wird, in ihrem Auftrag mit bewaffneten Stiftsbauern 1592 in das benachbarte Stift Rellinghausen ein. 1594 stiftete sie zwei Jahrmärkte, die am Sophientag (12. Mai) und am Fest des Hauptheiligen Dionysius (8. Oktober) auf dem Weidkamp in Borbeck abgehalten werden. Als sie 1598 stirbt, wird sie unter großer Beteiligung der Bevölkerung, des ansässigen Adels und der beiden Essener Kapitel zu Grabe getragen und als einzige Essener Äbtissin vor dem Marienaltar der Borbecker Kirche beigesetzt. Ein Epitaph erinnert dort noch heute an sie.

 

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