Von der Frühgeschichte bis zur Markgenossenschaft

Frühgeschichte

Ob der Borbecker Friedhof angeblich ein römisches Lager war, ist mehr als fraglich – nachweisbar ist es nicht (vgl. Hölzermann, L., Lokaluntersuchungen, die Kriege der Römer und Franken sowie die Befestigungsmanieren der Germanen, Sachsen und des späteren Mittelalters betreffend. Münster 1878, 122). Doch Fakt ist: Menschen leben hier schon sehr viel länger. Bei Ausschachtungsarbeiten für den Rhein-Herne-Kanal fand man 1911 in Vogelheim eine Feuersteinklinge, deren Alter auf 180.000 Jahre geschätzt wird. Das Werkzeug ist der früheste Nachweis für die Anwesenheit von Menschen. Sie schätzten die Lage im Emschertal und die von der Eiszeit geprägte hügeligen Landschaft am Hellweg, den Wasserreichtum und den fruchtbaren Lößboden. Hier entstehen die späteren Borbecker Bauerschaften Gerschede, Frintop, Dellwig, Schönebeck, Bedingrade, Bochold und Vogelheim als Streusiedlungen rund um den zentralen Hof und Ort Borbeck. Um 785 sind die fränkischen Kriegszüge gegen die nach Süden dringenden Sachsen beendet und der Kirchort im „Brukterergau“ gehört zum Ruhrgau (pago ruriegowe) im Fränkisch-Ripuarischen Herzogtum (ducatu Ripuariorum). Bis in die Regierungszeit Erzbischofs Gunther von Köln (850-865) ist es wohl dem Erzbistum Köln zehntpflichtig.

Erste schriftliche Erwähnung

Der Ortsname selbst wird in der älteren Forschung mit dem Stamm der Brukterer zusammengebracht, lässt als ein reiches Wasserquellgebiet mit tiefen Siepentälern aber eher auf eine Verbindung zu Wasser und fruchtbarem Boden schließen. Der Ort lag in kurzer Entfernung vom ehemaligen Oberhof und Stammsitz der Herren de Borbeke auf einem nach Westen hin steil abfallenden Hügel rund um die St. Dionysiuskirche. Erstmals schriftlich erwähnt wird der Oberhof „Borthbeki“ im Jahr 869 in der Essener Brauamtsheberolle. Er ist einer von neun Oberhöfen im Essener Zehntbezirk, die dem von Bischof Altfrid von Hildesheim 852 gegründeten Damenstift in Essen zu Naturalabgaben verpflichtet sind. Bereits um diese Zeit im 9. Jahrhundert wird auch das Bestehen einer ersten Kirche angenommen, da die Patrozinien des fränkischen Reichsheiligen und Märtyrerbischofs Dionysius von Paris auf dem linken Rheinufer seit dem 8. Jahrhundert Fuß fassten. Spätestens um 1150 ist eine Diony­siuskirche in Borbeck als gesichert anzusetzen.

Entstehung der Markgenossenschaft

Zur Abtei Werden, die im Emschergebiet missionierte, sind auch in den folgenden Jahrhunderten noch enge Beziehungen belegt, als sich der Borbecker Pfarrsprengel mit seinen acht Bauerschaften als Wirtschaftsgemeinschaft etabliert. Sie liegen über einen von West nach Ost zehn Kilometer und von Nord nach Süd sechs Kilometer umfassenden Flächenraum verstreut und sind in einer Markgenossenschaft zusammengefasst. Die Markgenossen verhandeln die gemeinsame Nutzung der rund 60 Quadratkilometer großen Borbecker Mark, die Markenrechte und die Nutzung des großen Waldbestandes auf dem Hölting (Holz-Thing), die errichten und unterhalten Landwehren, Schlagbäume, Wachdienste und bilden eine eigenen Wehrmannschaft in den Borbecker Schützen.

Neben der Wirtschafts- und Verteidigungsgenossenschaft bilden die Bauerschaften auch eine Kultgemeinschaft, die sich spätestens um 1300 aus der Bindung zur St. Johanneskirche zu Essen löst. Dabei hat die Kirche am Ort mit ihren starken wirtschaftlichen Verflechtungen besonderen Anteil an der Entwicklung der Gemeinde. Die Formen des agrarwirtschaftlichen, besitzrechtlichen und kommunalen Lebens sind bis zum 13. und 14. Jahrhundert durch die Stiftsverwaltung geregelt und bleiben wie Rechtsverfassung und Gemeindeordnung von der Reformation bis ins 19. Jahrhundert unbeeinflusst gültig. Bis zu ihrer Auflösung 1835 stimmen die Grenzen der Pfarrei St. Dionysius zu Borbeck mit den Grenzen der Markgenossenschaft überein. Sie umfasst auch die westlichen Gebiete in der Lipperheide (Lirich und Lippern), bis dort im 19. Jahrhundert eine eigene Pfarre errichtet wird.

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