Vögler, Albert

Am 8. Februar 1877 kam Emil Albert Wilhelm Vögler als zweites von acht Kindern der Eheleute Karl Friedrich und Bertha Vögler in (Essen-) Dellwig zur Welt. Der aus Hessen stammende Vater war über Eschweiler-Weisweiler ins Ruhrgebiet eingewandert, hatte 1871 Bertha Kuss geheiratet und es nach dem Besuch der Bergschule vom einfachen Bergmann zum Obersteiger und schließlich 1901 zum Betriebsführer der Zeche Hugo in Gelsenkirchen-Buer gebracht.

Nach der Volksschule besuchte Albert Vögler eine Realschule in Essen (die spätere Humboldt-Oberrealschule) bis zur Obersekundareife. Daran anschließend absolvierte er eine zweijährige Ausbildung bei der Isselburger Maschinenfabrik und Gießerei am Niederrhein. Nach Ableisten eines einjährigen Militärdienstes begann er im Oktober 1896 das Studium des Maschinenbaus an der Technischen Hochschule in Aachen, das er im April 1901 mit dem akademischen Ingenieursexamen zu einem „guten“ Abschluss brachte.  

Nach dem beruflichen Einstieg bei einer Maschinenfabrik in Herne wechselte er 1902 als Oberingenieur zur Georgsmarienhütte bei Osnabrück. In gleicher Eigenschaft war er ab 1905 bei der Dortmunder Union AG tätig. 1906 wurde er hier zum Direktor ernannt und lernte Hugo Stinnes kennen. Dies bewirkte Albert Vöglers Aufstieg in höhere Führungspositionen an 1910. Stinnes holte ihn 1910 zur Deutsch-Luxemburgischen Bergwerks- und Hütten AG in Bochum. Hier war er zunächst stellvertretendes Vorstandsmitglied, 1915 avancierte er zum Generaldirektor des Unternehmens.

Als Nachfolger von Emil Kirdorf wurde er 1925 Vorsitzender des Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikats. 1926 gehörte er zu den Mitbegründern der Vereinigten Stahlwerke AG Düsseldorf und wurde später Vorstandsvorsitzender des Unternehmens. 1935 wechselte er als Stellvertreter von Fritz Thyssen in den Aufsichtsrat und wurde nach der Emigration von Thyssen im Jahre 1939 mit Zustimmung der Nazis zum Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt. Dieses Amt übte er bis zu seinem Tod aus. Von 1941 bis 1945 war er Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft.   

Albert Vögler ist politisch-ideologisch nicht verlässlich einzuordnen. Der ehemalige Reichskanzler Heinrich Brüning schrieb in seinen Memoiren, Vögler habe an einem Tag in grundlegenden Fragen zwei- bis dreimal seine Anschauung geändert. Der Mitbegründer der Deutschen Volkspartei gehörte für diese Partei 1919 der Verfassungsgebenden Nationalversammlung und von 1920 bis 1924 dem Deutschen Reichstag an. Von 1933 bis 1945 war er erneut Mitglied des Deutschen Reichstags, ohne jedoch der NSDAP anzugehören.

In wirtschaftspolitischen Fragen arbeitete er durchaus mit den Nazi-Behörden zusammen, blieb aber stets auf vorsichtiger Distanz. Ulrike Kohl spricht von einer tiefen Verstrickung Vöglers in das NS-System. Dennoch habe er die Freiheit der Wissenschaft gegen politisch-ideologische Instrumentalisierung nach Kräften verteidigt. Er habe sich mit einem schlechten Gewissen mit dem System arrangiert, sei letztendlich aber an diesem inneren Konflikt gescheitert.

Im Herbst 1944 ernannte ihn Reichsminister Albert Speer zu seinem Stellvertreter für die Eisen- und Energiegewinnung im Ruhrgebiet. Als im März 1945 die Front immer näher an Dortmund heranrückte, entschloss sich Albert Vogler, den weiteren Fortgang der Geschehnisse in seinem Haus Ende in der Nähe von Herdecke, das er 1919 erworben hatte, abzuwarten. Am 14. April 1945 drangen US-Soldaten in die Villa ein, sperrten Vöglers Mutter und seine Frau in einem Zimmer ein und führten Vögler selbst mit vorgehaltenen Gewehren ab. Als seine Bewacher in der Nähe eines Bauernhofes von einem polnischen Fremdarbeiter abgelenkt wurden, nutzte Vögler die Gelegenheit, sich mit einer Zyankali-Kapsel das Leben zu nehmen. Seine Leiche, die von den Soldaten vor der Dorfkirche abgelegt worden war, wurde später von seinem Chauffeur geborgen und im Park der Villa begraben. Erst am 1. Oktober 1958 fand von privater Hand die Umbettung auf den evangelischen Friedhof in Kirchende statt.

Die Alliierten zerschlugen die Vereinigten Stahlwerke. Der Konzern und Vögler gerieten in Vergessenheit. Bis heute gibt es von ihm keine wissenschaftliche Biografie.  

Albert Vögler erhielt zahlreiche Auszeichnungen (kleine Auswahl): Dr. phil. h.c. der Universität Münster; Ehrenmitglied der TH Danzig, Ehrensenator der TH Karlsruhe, Träger der Goldenen Leibniz-Medaille. (FJG)

Quellen: Ulrike Kohl: Die Präsidenten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Max Planck, Carl Bosch und Albert Vögler zwischen Wirtschaft und Macht. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2002. – Erwin Dickhoff: Essener Köpfe. Essen 2015. – Marc Meier zu Hartum [2019]: Albert Vögler – Spurensuche im Ruhrgebiet (https://www.brennpunkt-zeitgeschichte,de). – Manfred Rasch: Über Albert Vögler und sein Verhältnis zur Politik. In: Westfälische Lebensbilder, Bd. 17, Münster 2005.  

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