Stoetzelweg

Der Stoetzelweg in Schönebeck, der diesen Namen seit 1966 trägt, zweigt kurz hinter der Frintroper Straße von der Straße Im Wulve nach links in Richtung Gewerbegebiet Aktienstraße mit Hellweg und Deichmann ab. So kurz er auch sein mag, hat er doch eine hochinteressante Namensgebungsgeschichte. Und die geht nach Ludwig W. Wördehoff etwa so:

Hüttenbesitzer Franz Haniel suchte zu Beginn des 19. Jahrhunderts wegen der großen Nachfrage nach Kohle im In- und Ausland nach einer Möglichkeit zum Abbau von Kohle unterhalb der kalkhaltigen Mergelschicht. Das war ein in der damaligen Zeit durchaus schwieriges Unterfangen, für das man eine Genehmigung des zuständigen Bergamtes brauchte. Haniel hatte für sein Vorhaben ein Flurstück im Bereich Kaldenhofer Busch/Grenze Mülheim vorgesehen. Nachdem ihm das Bergamt am 10. März 1832 das erforderliche Schürfrecht erteilte hatte, beauftragte er den Obersteiger Pape mit der Requirierung von Arbeitern.

Unter den Arbeitern, die der Steiger auftreiben konnte, befand sich auch der Bergmann Stoetzel. Beim Aufteufen, d.h. beim Ausheben eines senkrecht nach unten führenden Schachtes, erwies sich dieser Stoetzel als so geschickt und zuverlässig, dass er das Vertrauen von Franz Haniel gewann. Nach dem Abteufen von Schacht Franz und Schacht Kronprinz ernannte ihn Haniel zum Grubenaufseher. Stoetzel standen für die Arbeiten an den auszumauernden Versuchsschächten sieben Hauer, sechs Haspelzieher (ein anderes Wort für Seilwinde) und zwei Maurer zur Verfügung. Am 27. November 1833 konnte er seinem Auftraggeber melden, dass man eine Schachttiefe von 54 m erreicht habe. In den Stolz über diese Leistung mischte sich Ärger über die Arbeitskolonne, die zum Teil aus Mülheim kam und von Stoetzel aus welchen Gründen auch immer als „rohes Mülheimer Gesindel“ bezeichnet wurde.

Die Arbeiten gingen trotzdem weiter voran. Am 27. März 1834 stießen Stoetzel und seine Leute nach einem Querschlag von über 26 m und einem Blindschacht von 2 m auf die erste abbaubare Kohlenschicht. Ein großer Erfolg, denn man hatte unter dem Mergel das erste Flöz im ganzen Ruhrgebiet gefunden. Das musste gefeiert werden. Dies tat die Abteufkolonne ausgiebig in einem Tanzsaal beim Wirt Kaldenhoff. Dabei sollen 17 Kannen Branntwein getrunken worden sein. Vermutlich ging die Feier auf Kosten von Haniel. Der musste nur wenig später weit tiefer in die Tasche greifen. Denn er hatte 10.000 Taler an Schürfkosten für einen Schacht zu bezahlen, der in der Tiefe immer enger wurde und daher aufgegeben werden musste.

Wie dieser Schacht so verschwand auch Bergmann Stoetzel auf Nimmerwiedersehen. Lebensdaten von ihm sind nicht bekannt. Wer zufällig oder mit Bedacht über den nach ihm benannten Weg schreitet, möge einen kurzen Moment an ihn denken. (FJG)

Quelle: Ludwig W. Wördehoff: Borbeck in seinen Namen. Essen 1987.

 

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