Steenkamp-Hof

Das Fachwerkhaus am Reuenberg 47a trägt Balkeninschriften mit der Jahreszahl 1786. Es wurde damals errichtet. Borbeck war zu der Zeit noch rein ländlich. Das Fachwerkhaus gibt Antworten auf die Frage, wie man damals gelebt hatte. Man schaut bei der Ankunft auf die hohe Torzufahrt, hinter der sich der sich der Stallteil des Gebäudes anschließt. Dort war das Vieh - Pferde, Kühe - untergebracht, darüber unter dem Dach lagerte das Heu und das Stroh. Daran schließt sich der Herdraum mit dem noch erkennbaren Rauchfang an. Dahinter sind Kammern für die Menschen. Eine steile Treppe mit Galerie führt zu weiteren Kammern. Sogar einen Brunnen neben dem Hof gibt es noch. Man bezeichnet diesen Haustyp als niederdeutsches Hallenhaus. Geographisch befindet es sich an der Südwestgrenze seines geschichtlichen Verbreitungsgebiets.

Dies alles ist gut erkennbar. Das ist möglich, weil das Gebäude nicht zu aktuellen Wohnzwecken umgebaut worden ist. Um ein Haar wäre es abgerissen worden. Dann stünden hier Kleingärten wie in der unmittelbaren Umgebung. Um den Abriss zu verhindern, trafen sich am 17. Dezember 1984 rund 50 Borbecker Bürger in der „Münze“, der  Gastwirtschaft im Schloss Borbeck. Davon traten am selben Tag 35 Personen dem dafür noch zu gründenden Kultur-Historischen Verein Borbeck bei. 1985 ging der Hof in den Besitz dieses Vereins über. Am 14. Mai 1987 wurde er unter Denkmalschutz gestellt.

Mit viel Aufwand wurde der Hof restauriert. Dafür wurden öffentliche Denkmalmittel in Anspruch genommen und im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) Arbeitslose beschäftigt. 1994 war die Restaurierung abgeschlossen. In den oberen Kammern wurden Informationen zur Hofgeschichte und alte Haushaltsgeräte aufgestellt. 1998 wurden im Nebengebäude sanitäre Einrichtungen und eine kleine Küche eingebaut, daneben alte landwirtschaftliche Geräte ausgestellt. Schon seit 1988 präsentierte sich der Hof im September der Öffentlichkeit. Zunächst konnten bei dieser Gelegenheit Pferde, Kühe, Schweine, Schafe, Ziegen, Kaninchen, Hühner und Bienen gezeigt werden. Durch den Rückgang bei den Tierzuchtvereinen und durch sonstige Schwierigkeiten sind inzwischen nur noch Hühner und Bienen bei solchen Anlässen zu sehen.

Seit dem 1993 ist es immer der allgemeine „Tag des offenen Denkmals“ am zweiten Sonntag im September, an dem auch der Steenkamp Hof geöffnet ist. Weitere Tage des offenen Steenkamp Hofes sind eingerichtet worden: jeweils der zweite Sonntag im Mai, Juni und Juli. Seit 2007 gibt es ein Heimatkunde-Team, das Schülern im Grundschulalter klassenweise auf dem Hof empfängt. An einem Vormittag erfahren die Schüler dann, wie man früher gelebt hatte. Außerdem erzählt ein Imker mit lebenden Bienen etwas darüber, wie es bei den Bienen läuft im Jahreslauf.  

Es haben sich mit der Zeit besondere Nutzungen des Hofes ergeben.  Die Künstler Manfred Boiting und Herbert Oettgen haben 2001 in Kammern des Erdgeschosses Ateliers eingerichtet. Sie machen auch Kunstausstellungen und präsentieren sich außerdem am letzten Wochenende im September im Rahmen der „Kunstspur“, wenn in ganz Essen Künstlerateliers zu besichtigen sind. Auf dem Hofgelände ist Platz. Bei Bedarf kann auch die große Wiese davor in Anspruch genommen werden. Und alles ist vom Autoverkehr so weit entfernt, dass man sich wie auf einer Oase fühlt.

Thorsten Wolf organisiert seit 2015 mit Helfern im August einen Mittelaltermarkt dort. Schützen, die Borbecker Jäger und der anschließende Kleingartenverein machen ihre Jahresfeste. Auch der Geflügelzuchtverein präsentiert sich im Oktober. Der Hof geht anschließend in den Winterschlaf, denn er lässt sich nicht heizen. Gelegentlich gibt es auch besondere Gäste wie eine  Fronleichnamsprozession, weil hier eine Segensstation war,  und  zum Jahr der Grünen Hauptstadt 2017 kamen Radfahrer vorbei. Übrigens steht der Hof für Familienfeiern nicht zur Verfügung.

Kultur-historisch ist noch nachzutragen:

Der Steenkamp Hof hieß eigentlich Kleine Steinkamp. Das Gebäude Reuenberg 47 b war der Hof Große Steinkamp. Beide Höfe gehörten zu Bergheim oder in niederdeutsch / plattdeutsch: Barchem, einer Höfegruppe innerhalb der Bauerschaf Bedingrade. Diese Bauerschaft gehörte mit den anderen Bauerschaften Frintrop, Dellwig, Bochold, Gerschede, Vogelheim und Borbeck zum Borbecker Quartier des Stifts Essen. Zum Borbecker Quartier gehörten in einer Sonderregelung auch die Bauerschaften Lirich und Lippern. Kirchlich war die Kirche in Borbeck zuständig.

In allen Bauerschaften - außer in Lirich und Lippern - waren viele Bauernhöfe als Markgenossen Teilhaber der Borbecker Mark, einem großen Waldgebiet, das sich von der Bottroper Straße bis zur Gladbecker Straße bis zur Emscher erstreckte. Die Nutzung dieses Waldes wurde in Sitzungen der Markgenossenschaft geregelt, die Hölting genannt wurden. Sie tagten auf dem Kirchplatz der Borbecker Kirche oder auch in der Kirche. Die Borbecker Mark wurde 1839 aufgelöst.

(Andreas Koerner)

Zurück