Rohlfing, Walter

Direktor des Gymnasiums Borbeck 1965-1987

Nach dem Ausscheiden von Josef Birkenbach hatte es am Gymnasium Essen-Borbeck bei der Besetzung der Schulleiterstelle einige Querelen gegeben, die erst im Herbst 1965 mit der Berufung von Dr. Walter Rohlfing ein Ende fanden. Walter Rohling wurde am 24. Mai 1923 in Essen geboren. Nach dem Besuch der Volksschule und der Goetheschule in Rüttenscheid wechselte er an die Moltkeschule in Oppeln, Oberschlesien, wo sein Vater im Sommer 1938 die Schulleiterstelle an der dortigen Höheren Mädchenschule übernommen hatte.

Nach dem Abitur 1941 und einem dreimonatigen Reichsarbeitsdienst wurde der 18-jährige Walter Rohlfing zur Wehrmacht eingezogen. Als Leutnant der Reserve, dekoriert mit dem Eisernen Kreuz und Zweiter Klasse, kehrte Walter Rohlfing aus dem Krieg zurück. Nach kurzer Gefangenschaft begann er im September 1945 in Göttingen ein Studium in den Fächern Deutsch, Geschichte, Psychologie und Evangelische Theologie. Im Dezember 1950 legte er die Erste Wissenschaftliche Prüfung mit Auszeichnung ab.

Nach der Referendarzeit in Hameln und der Zweiten Staatsprüfung wurde er 1952 Studienassessor am Bismarck-Gymnasium in Hameln, wo er bis 1962 unterrichtete. In dieser Zeit schrieb er seine Doktorarbeit mit dem Thema „Fortschrittsglaube und Zukunftshoffnung im Wilhelminischen Deutschland“ und promovierte damit 1955 zum „Dr. phil.“ Von 1960 bis 1962 war er Fachleiter für Gemeinschaftskunde am Staatlichen Studienseminar in Hannover. Im Oktober 1962 wechselte er als Oberstudienrat und stellvertretender Direktor an das Städtische Friedrichs-Gymnasium in Herford.

Im Herbst 1965 übernahm Dr. Rohlfing, wie erwähnt, die Leitung des Gymnasiums Essen-Borbeck. In seine Amtszeit fielen wichtige zukunftsweisende schulstrukturelle Entscheidungen. Dazu gehörte die Umstellung auf den alternativen Sprachenbeginn mit Latein oder Englisch und die Einführung der Koedukation mit Beginn des Schuljahres 1972/73. Außerdem setzte er gegen innere und äußere Widerstände die frühestmögliche Einführung der reformierten Oberstufe zum Schuljahr 1974/75 und später dann auch in seinem letzten Amtsjahr 1987 die Kooperation mit dem Mädchengymnasium in der reformierten Oberstufe auf der Ebene der Leistungskurse durch.

Widerstände und Herausforderungen ergaben sich auch bei der Umsetzung des Schulwirkungsgesetzes von 1978 und der ab 1979 nach und nach eingeführten unterrichtsfreien Samstage. Bei aller Skepsis gegenüber all diesen Neuerungen stellte sich Dr. Rohlfing den Herausforderungen und führte die Schule durchaus erfolgreich durch eine schul- und gesellschaftspolitisch schwierige Zeit, in der auch der Lehrermangel ein großes Problem darstellte. Nicht zuletzt dem unermüdlichen Einsatz von Dr. Rohlfing ist es zu verdanken, dass dem Gymnasium Borbeck größere Krisen erspart geblieben sind.

Passend zu seiner straffen Dienstführung und seinem durch preußische „Tugenden“ geprägten Führungsstil widersetzte sich Dr. Rohlfing einer feierlichen Verabschiedung aus dem Amt. Zur Vermeidung des Ausfalls „wertvollen Unterrichts“ fand die Verabschiedung schließlich am letzten Schultag des Schuljahres 1986/87 in der zweiten großen Pause im Lehrerzimmer statt. Klaus Lindemann zitiert in seinem Buch über die Geschichte des Gymnasiums Borbecks Dr. Rohlings letzte Worte als scheidender Schulleiter am 31. Juli 1987: „Nun scheide ich hier ausgestattet wie ein Pfingstochse; aber glauben Sie bitte nicht, dass gleich ein Duft von Mettbrötchen die Amtsräume durchzieht.“ (Lindemann S. 119).  (FJG)

Quelle: Klaus Lindemann: „Dies Haus, ein Denkmal wahrer Bürgertugend“. Das Gymnasium Borbeck seit der Kaiserzeit. Essen 2005, S. 111-120.

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