Müller, Theodor Heinrich

Heinrich Theodor Müller wurde am 24. November 1901 als ältestes von fünf Kindern der Eheleute Hermann und Maria Müller (geb. Lüke) in Borbeck geboren. Der junge Heinrich Theodor besuchte eine Zeitlang das Gymnasium Borbeck und die private Rektoratsschule in Ascheberg (Münsterland), um dann auf das Internat im niederrheinischen Gaesdonck bei Goch überzuwechseln, wo er 1923 das Abitur machte. Sein Onkel Johannes Müller war dort seit 1914 als Geistlicher Oberlehrer tätig.

Ein Studium in den Fächern Bergbau, Maschinenbau und Elektrotechnik an der TU München brach er wegen eklatanter Schwächen in Mathematik nach sieben Jahren ab, wechselt auf das Studium der Zahnmedizin über, bestand 1936 an der Universität Bonn das Staatsexamen und wurde als Zahnarzt approbiert. Bis 1943 blieb er als Wissenschaftliche Hilfskraft und Assistent an der Zahnklinik der Universität Bonn. Nach zwei erfolglosen Anläufen wurde er hier im Dezember 1942 zum Dr. med. dent. promoviert. Die Verzögerungen in der universitären Laufbahn waren vor allem durch eine politische Tätigkeit bedingt, der sich Müller mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus verstärkt zuwandte.

Mit 30 Jahren trat Müller 1931 in die NSDAP und in die SS ein. Ab Frühjahr 1935 fertigte er als V-Mann für den SD Berichte über inneruniversitäre Angelegenheiten an. Schon im Herbst des gleichen Jahres übergab man ihm die Leitung der SD-Außenstelle Bonn.

Müller ließ an seiner weltanschaulichen Gesinnung keine Zweifel aufkommen und war in der Wahl der Methoden nicht zimperlich. So soll er einem katholischen Geistlichen, der als Patient zu ihm gekommen war und ihn mit einem „Grüß Gott“ begrüßte, vor Wut den Hut aus der Hand geschlagen haben. Dem jüdischen Mathematik-Professor Felix Hausdorff soll er die Empfehlung mit auf den Weg gegeben haben: „Wenn ein Jude krank ist, soll er sich aufhängen.“ Müller beteiligte sich an Hausdurchsuchungen und Plünderungen jüdischer Wohnungen. An der Hinrichtung polnischer Fremdarbeiter wirkte er ebenso mit wie an der Deportation sogenannter jüdisch versippter Familien.   

Im Oktober 1944 meldete sich Müller zur Waffen-SS. Möglicherweise versuchte er auf diese Weise einem gegen ihn anhängigen Verfahren wegen Lebensmittelschieberei zu entgehen. Mit der Sanitätsabteilung der SS- und Polizeidivision „Langemarck“, zu der er Ostern 1945 als Zahnarzt versetzt worden war, machte er den Rückzug von der Ostfront mit. In den letzten Kriegstagen geriet er in Gefangenschaft, aus der nach kurzer Zeit – im Mai 1945 – fliehen konnte und dann für einige Jahre bei Verwandten im Sauerland untertauchte.

Im April 1948 stellte sich Müller den britischen Besatzungsbehörden. Er wurde nach mehrmonatiger Untersuchungshaft im Dezember 1948 vom Bonner Schwurgericht wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu einem Jahr Haft und vom Spruchgericht Hiddesen wegen seiner Zugehörigkeit zum SD und zur SS zu einer vierjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Beide Strafen wurden zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von viereinhalb Jahren zusammengefasst. Müller wurde sodann im Februar 1950 in das Internierungslager Esterwegen im Emsland verlegt.

Schon bald bemühte sich Müllers Onkel Johannes Müller, der geistliche Oberlehrer aus Gaesdonck, um die vorzeitige Haftentlassung seines Neffen. Ihm gelang es, den Münsteraner Generalvikar und späteren Bischof von Aachen, Johannes Pohlschneider, dazu zu bewegen, ein Gnadengesuch für Müller einzureichen, das aber im Herbst 1950 von NRW-Ministerpräsident Karl Arnold abgelehnt wurde. In dem Gnadengesuch wurde behauptet, Müller sei seinerzeit im jugendlichen Leichtsinn den Verführungen des Nationalsozialismus erlegen, habe aber inzwischen eine vollständige innere Wandlung durchgemacht. Auch Müllers Schwestern Gertrud und Elisabeth bemühten sich, wenn auch vergeblich, mit Hilfe eines Borbecker Pfarrers um die Freilassung ihres Bruders.

An seinem 50. Geburtstag wurde Müller nach dreieinhalbjähriger Haft entlassen und zog zu seinen Schwestern nach Essen. Auf Vermittlung eines ehemaligen Mithäftlings mit besten Verbindungen zum Präsidenten der Zahnärztlichen Kammer konnte Müller in der Gelsenkirchener Neustadt eine Zahnarztpraxis übernehmen. Seine beiden Schwestern setzte er als Sprechstundenhilfen ein. Müller betrieb die Praxis bis ins hohe Alter von 81 Jahren. Im Januar 1983 kehrte er nach Essen zurück. Bis zu seinem Tod am 28. März 1985 wohnte er in der Nähe des Stadtwaldplatzes.  (FJG)     

Quellen: https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Theodor_Müller, aufgerufen am 06.12.2020.
Heinrich Theodor Müller. Biografie im Internet-Portal „Rheinische Geschichte“ (http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/persoenlichkeiten/HeinrichMueller,  aufgerufen am 06.12.2020.

 

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