Eggebrecht-Höfe und Eggebrechtstraße

Die Eggebrechtstraße in Gerschede, die von 1896 bis 1915 kurz Brechtstraße hieß, ist eine Verbindungstraße zwischen Reuenberg und Kamerunstraße. Der Name Eggebrecht geht wohl auf eine Ableitung des germanischen Worts „Egge“ zurück, ein mit scharfen Spitzen versehenes Arbeitsgerät, mit dem man – wie das Teilwort „brecht“ nahelegt – den Ackerboden umbricht und lockert. Vermutlich sind die Höfe im Umkreis der heutigen Eggebrechtstraße damals auf stiftischem Rodungsland entstanden. Das heißt, dass der Boden für den Anbau und die Bewirtschaftung erst urbar gemacht werden musste. Die schlechten Bodenverhältnisse auf dem Berg (Sand- und Kiesböden) lassen (so Wördehoff) auch das ahd. „egart“ in der Bedeutung von „wüster Grund“ bei der Namensgebung in Betracht kommen.

Das Gebiet um Frintrop, Dellwig und Gerschede war ein überwiegend landwirtschaftlich genutztes Gebiet mit vielen verstreut liegenden Höfen in der Nähe des Hellwegs, der über Frintrop führte. Hier waren zahlreiche Bauerngeschlechter ansässig. Ihre Namen – Beckermann, Gerschermann, Gimken, Kauke, Knotte, Breukelmann, Hüttmann, Halfmann, Terboven, Rotthäuser, Hülsebusch, Schemmann, Stratmann, Kirchmann, Herskamp, Bonnekamp, Eschenbruch, Hagedorn und Sandgathe – sind heute noch geläufig.

Schon in der Landmartikel 1668 werden zwei Eggebrecht-Höfe aufgeführt – der Hof Große-Eggebrecht zwischen Hansemannstraße und Münstermannstraße in Höhe Gerscheder Straße 37 und den Hof Kleine-Eggebrecht in Höhe Kamerunstraße 34/36, der nördlichen Parallelstraße zur Gerscheder Straße. Die Karte von Honigmann/Vogelsang (1803 bis 1806, siehe unten) zeigt, dass der Hof „Klein Egebrecht“ an einem Weg lag, der von Dellwig hochkommend am Hof Münstermann vorbei ins Dorf Gerschede führte. In der Nähe standen die Höfe Feldkothe, Gerschermann, Buckerman, Mey, Gimken und Blamberg.

Der große Hof

Der Hof Große-Eggebrecht war ein sog. Leihgewinngut des gräflichen Damenkapitels im Stift Essen. Der auf dem Hof ansässige Bauer hatte an das Damenkapitel eine jährliche Pacht in Form von Naturalien zu zahlen. Er konnte den Hof innerhalb der vertraglich festgelegten Pachtdauer mit Zustimmung der Grundherrschaft an seine Nachkommen weitervererben. Abgesehen vom Eintrag im Landmatrikel 1868, wonach der rund 31 Morgen große Hof damals vom Aufsitzer Heinrich Eggebrecht bewirtschaftet wurde, schweigen die Quellen zur Geschichte des Hofs bis kurz vor Beginn des 19. Jahrhunderts.

In der Früchteliste von 1795 wird ein Halbbauer Große-Eggebrecht genannt, der den Hof bis 1797 vom gräflichen Damenkapitel gepachtet hat. Es handelt sich hierbei um den kinderlosen Wilhelm Große-Eggebrecht, der zugunsten seines Vetters Theodor Münsterman(n) auf sein Pachtrecht verzichtet. So bleibt der Hof in der Familie. Den damaligen Gepflogenheiten entsprechend nennt sich der neue Pächter nach Erhalt des Gewinnbriefs durch das Damenkapitel seit 1798 Theodor Münsterman(n) gen. Große-Eggebrecht. Im Jahre 1817 stirbt Theodor Münstermann. Seine Ehefrau Anna Maria Gebrande führt den Hof gemeinsam mit ihrem neuen Ehemann bis zu den Verkaufsverhandlungen mit der preußischen Domänenkammer im Jahre 1830 weiter.

Um die alte Ordnung wiederherzustellen, verzichtet sie darauf, die ihr angebotene Erbpacht anzunehmen. Stattdessen bittet sie darum, ihren Sohn Wilhelm Münstermann gen. Große-Eggebrecht als Erbpächter vorzusehen. Die Domänenkammer kommt der Bitte nach. Im Verlauf der Verhandlungen unterbreitet Wilhelm Münstermann gen. Große-Eggebrecht ein Kaufangebot. 1831 erwirbt er den Hof für 1.200 Taler. Zuvor hatte sein Schwiegervater Adolf Gimbken die selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen. Zu dieser Zeit ist der Hof 59 Morgen groß. Einige Zeit später werden ihm weitere 19 Morgen zugeschlagen.

Der kleine Hof

Der Hof Kleine-Eggebrecht gehörte ursprünglich der Familie von Asbeck auf Haus Achtern(m)berg, ein adliges Rittergut in Kray. In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts initiieren Dietrich von Asbeck und sein Sohn Rutger zur Abrundung ihres Besitzes in Kray einen Tauschhandel. Zu dieser Zeit geraten die Asbecks in eine ständig wachsende Verschuldung, die sie zu erheblichen Güterveräußerungen und -verpfändungen zwingt. Um in den Besitz des mitten in ihren Krayer Ländereien liegende Dickmanns-Gut zu gelangen, sind sie bereit, ihren Eggebrecht-Hof in der Gerscheder Bauerschaft zum Tausch anzubieten. Es vergehen ganze zehn Jahre, bis der Tausch im Jahre 1588 rechtlich zum Abschluss kommt.

Knapp hundert Jahre später erscheint im Landmatrikel 1668 ein Herman Henrich auf der Kleynen-Eggebrecht als Aufsitzer auf dem rund 25 Morgen großen Hof. 1795 sitzt auf dem Hof der Halbbauer Kleine-Eggebrecht. Nach einem Bericht aus dem Jahre 1831 soll der Hof Kleine-Eggebrecht durchgehend im Besitz Familienbesitz geblieben sein, ohne dass jemals die Gewinnpacht erhöht worden wäre.

Einer der letzten Pächter, der den Hof an diesem Berg in Hanglage bewirtschaftet, ist der Bauer Johannes Kleine-Eggebrecht, den man wegen des Wolterbergs, auf dem sein Hof stand, auch Wolterbauer bzw. Woltersbuer nannte. Er übernimmt 1823 den rund 51 Morgen großen Hof in Erbpacht. Es ist ein karger, wenig ertragreicher Boden aus viel Sand und Kies, den der Woltersbuer bearbeiten muss. Fachleute wie Taxator, Rentmeister und Feldmesser urteilen übereinstimmend, dass das Gut Kleine-Eggebrecht das vermutlich schlechteste Gut in der ganzen Rentei sei. Wem sagen sie das. Bauer Kleine-Eggebrecht weiß das selbst am besten. In seiner Eingabe aus dem Jahre 1846, in der um Pachtaufschub bittet, findet er klare Worte:

„Das kleine Eggebrechtsgut welches ich als Domänen-Erbpächter beackere, ist erweislich wohl eines der schlechtesten Güter, welche in hiesiger Bürgermeisterei sind; denn dasselbe liegt am Fuße des sogenannten Reuenberges, dessen kiesige Kappe das kl. Eggebrechtfeld bildet.“

Im Jahre 1850 löst Wilhelm Kleine-Eggebrecht den Erbpacht-Vertrag ab und wird dadurch uneingeschränkter Eigentümer.

Die weitere Geschichte der beiden Eggebrecht-Höfe von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute wartet darauf, erforscht zu werden. (FJG)

Quelle: Erwin Dickhoff: Essener Straßen. Essen 2015. – Ludwig W. Wördehoff: Borbeck in seinen Straßen. Essen 1987.

 

 

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