Adam schreibt nach Essen: Schicke mir bitte den Kragenschoner!

Der Kruppianer hat sich schon gut erholt

0 08.05.2021

Adam Theisen wurde am 24. Dezember 1866 in Essen geboren. Als Former arbeitete er bei der Firma Krupp in Essen. Anna Theisen, geb. Rütt, erblickte ebenfalls in Essen das Licht der Welt. Anna war gelernte Schneiderin. Bevor die beiden am 11. August 1894 heirateten, arbeitete Anna als Hausschneiderin. Nach der Heirat bekam das Paar sieben Kinder zuerst drei Töchter, dann Sohn Franz und nochmals drei Töchter. Die Familie lebte zeitweise in der Oberdorfstraße in Altendorf und in der Kronenberg-Siedlung. 1910 ermöglicht die Firma Krupp dem herzkranken Adam eine Kur in Bad Nauheim. Die Familie ist in Sorge um ihren Vater und nimmt lebhaft Anteil an den medizinischen Behandlungen in Bad Nauheim. Adam staunt über den mondänen Kurbetrieb. Aus dieser Zeit stammt der Briefwechsel, den wir hier Wort für Wort und mit allen orthografischen Eigenheiten wiedergeben.

Nauheim, den 29. April

Liebe Frau und Kinder

Euren l. Brief habe ich um 8 Uhr morgens erhalten. Es freut mich, daß ihr noch alle gesund seid. Von mir aus kann ich es auch sagen. Ich habe die ganze Stadt mit drum und dran, sogar den Hochwald und den Frauenwald teilweise besucht. Das ganze ist mir gut bekommen. Ohne zu unterbrechen und auch Treppen gehen.

Es sind Thermalbäder 6 Stück bis Dienstag sind alle, diese bekom ich hier im Stift 450 Liter Wasser. Dann 1 Stunde ins Bett dann Spazieren gehen. Ich werde wohl 30-40 Bäder bekommen. Schicke mir bitte den Kragenschoner.

Heut Morgen haben wir mit 3 Mann einen halbenmeterlangen Fisch aus dem Bach mit der Hand ans Land gezogen, ich dachte da sofort ans Fränzchen, wenn der doch mal einen Tage könnte bei mir sein. Überhaupt ihr Alle. Bleibt alle schön brav denn ich bringe Euch allen etwas mit zum Andenken.

Ich stehe um 6 auf, halb 7 Kaffee dann spazieren bis 11 Uhr dann das Bad, ins Bett, und dann gegessen und nicht zu knapp dann Spaziergang bis 1/3 zum Kaffee wieder an die Luft wohin man will bis 1/7 Uhr abend Essen, dann wieder heraus bis 9 Uhr.

Gute Nacht dann zusammen. So geht von einem Tag zum anderen, aber jeden Tag schöner, ich bin jetzt auch nicht mehr so ängstlich wie zu erst. Ich will schließen, das Euch der Brief gesund und munter antrifft, wie er mich verlassen hat mit Gesang der Vögel heraus und wieder herein. Ich habe schon überall hier ein Lebenszeichen gegeben. Es grüßt in liebe Mann und Vater

Adam

Essen, den 1.5.1910

Lieber Mann und Vater!

Deinen herzlieben Brief u. die schöne Karte haben wir erhalten und uns sehr darüber gefreut, daß du dich so gut eingelebt hast u. deine Genesung und Gesundheit so gute Fortschritte macht. Meinst du denn das du in 6 Wochen so kräftig und stark wärest, daß du die Arbeit wieder aufnehmen kannst? Ich meine, wenn Du noch einige Wochen länger verweilen könntest, das würde zu deiner Kräftigung noch mehr beitragen u. es ist doch so schön auch da, daß dir die Zeit auch nicht lang würde, zwar wir vermissen den lieben Vater überall.

Jetzt gehe ich gleich zu Sprenger denn bis heute soll die Uhr fertig sein u. dann schicken wir dieselbe von Sprenger aus direkt ab dann wirst du dieselbe bis morgen wohl bekommen.

Warst du heute auch zur Kirche gekommen ist dieselbe schön? Wie ist das Wetter in Nauheim? Hier ist es noch immer recht kalt und meistens Regen. Wie ist das mit der Hessenwurst kommt die bald nach Essen u. Wenn ihr so leicht Fische fangen könnt spendiere doch auch einen nach hier, das wäre was für Fränzchen, ja er möchte mal gerne bei Dir sein u. Fische fangen u. Vögel füttern helfen u. unser Jettchen die möchte gerne daß der Papa wieder hier wäre dann gäbs doch wieder ein Bumbas.

Lieber Papa sei herzlich gegrüßt von Deiner Tochter Adele, Gruß von Elisabeth, Gruß von Bumbas Jettchen

Viele liebe Grüße von Familie Miebach, viele Grüße von Schuster Deppe.

Hiermit wollen wir schließen u. hoffen, daß du recht gesund und frisch u. dich recht gut vergnügst und sei herzlich gegrüßt und geküßt von

deiner lieben Frau und Kinder

Gruß von Maria, herzlichen Gruß und Kuß von Christine, Gruß von Deinem Sohn Franz. Wie ist es, hast Du Dich schon danach erkundigt wie weit es nach Herbstein noch zu fahren ist?

Liebe Frau und Kinder

Habe die Uhr und den Brief heute Morgen um 7.20 Uhr erhalten sie war in Ordnung worüber ich mich sehr freu. Keine Uhr haben ist hier schlimmer als kein Geld. Wenn man 3 Wochen hier ist, kann man den Arzt darum fragen, dann erst weiß man wie lange man hier bleiben kann. Ich denke 8 Wochen. Ich habe heute wieder sechs Andere Bäder erhalten, jeden Tag 1 am 4.,5.,6.,7, keines 8-9-10. Das sind Thermalbäder mit Mutterlauge (das ist hochkonzentrierte Sole, d. Red.) welche ich hier im Stift bekomme.

Es geht mir sehr gut hoffentlich Ihr dort auch. Wir haben jetzt im Mai ab um 1/9 im Morgen Konzert am Kurbrunnen. Man holt sich ein am Kurbrunnen Glas Kurbrunnenwasser, setz sich auf eine Bank u. markiert den dicken Wilhelm. Ich habe einen Landsmann hier aus Gelsenkirchen, wir beide sind immer zusammen.

Ihr vermißt mich, ich auch Euch, es ist mir immer als vermißte ich etwas, aber darum immer Kopf hoch. Wir haben durchweg gutes Wetter etwas frisch, aber zum Spazieren sehr schön, mit etwas Regen aber immer nur ein paar Tropfen. Mit der Wurst ist ob man sei der Fürst u. die Kartoffeln sind hier sehr teuer. Das habt Ihr in Essen viel billiger, aber ich will wohl sehen, was sich machen läßt. Eine Schachtel zum reinpacken habe ich schon, und das ist nun schon die Hauptsache.

Schicke Jettchen nach Hasenkamp (das ist eine Trinkhalle d.R.), es kann sich Bumbas kaufen und Anna auch.

Ich habe schon so viele nach Herbstein gefragt gefragt, aber der Masör sagte mir das ginge in die Stadt hinein und würde wohl 3 Mark hin und 3 Mark zurück kosten, u. zudem bekommt man keinen Uhrlaub, außer Sterbefall. Ich will von hier aus nach ihm hinschreiben, am Donnerstag.

Ich will schließen in der Hoffnung, das der Brief wohlgemuth antrift wie er mich verlassen hat. Ich muß schließen, denn ich habe die Schwäne noch nicht gefüttert. Schöne Grüße an alle Bekannten. Es grüßt Euch

Dein Mann und Euer Vater Adam

Ja ich war in der Kirche u. die ist sehr schön. Klein aber fein. Habe auch nach Elberfeld geschrieben, soll mich mahl wundern ob die sich was merken lassen, mit den Fischen das ist schon so was. Das dürfen wir nicht, das ist gemerkt worden. Also bis dahin schöne Grüße

 

Folge 1

Einführung

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 5 und 2.