Wilde Möhre trickst

Scheininsekt soll andere Sechsbeiner anlocken

0 02.08.2019

Giftig oder gesund?“, das ist hier die Frage. Die Familie der Doldenblütler oder Doldengewächse (Apiaceae) beherbergt unter ihrem Dach etwa 400 Gattungen mit etwa 2850 Arten. Darunter sind nicht nur besonders giftige Mitglieder wie der Wasserschierling und der gefleckte Schierling, dessen Verzehr tödlich endet, sondern auch essbare – wie Giersch oder Pastinake – und besonders leckere Mitglieder Arten wie Dill, Kerbel, Fenchel oder die Möhre. Ein Problemchen gibt es: Man kann nicht alle leicht auseinander halten. Doch bei der Wilden Möhre sollte es auch botanischen Laien gelingen.

Rund um Haus Ripshorst am Rhein-Herne-Kanal, an der Fahrradtrasse und an vielen anderen Stellen sieht man wilde Möhren wachsen. Die Pflanze ist meist zweijährig und entwickelt im ersten Jahr nur eine Blattrosette, mit der sie Nährstoffe bildet, die sie in der dicken Wurzel speichert. „Daucus carota“, so der wissenschaftliche Name, gedeiht auf fast allen Böden, aber scheint Kalk- und leichte Sandböden zu bevorzugen. Wilde Möhren wachsen in Wiesen und auf Feldern, an Wegrändern, auf Magerrasen, Triften, Böschungen und an steinigen Abhängen. Verbreitet ist die Wilde Möhre in ganz Mittel- und Südeuropa. Im Norden reicht ihr Verbreitungsgebiet bis Südnorwegen und Mittelschweden. In Deutschland kommt die Wilde Möhre überall vor; in höheren Lagen wird sie seltener.

Im zweiten Jahr treibt die Pflanze ihren 50-100 cm hohen, borstig behaarten Stängel mit den flach ausgebreiteten schirmförmigen Blütendolden. Die Blütendolden sind aus vielen kleinen Dolden zusammengesetzt, die ihrerseits aus vielen kleinen Blüten bestehen. Aus Hunderten von kleinen, unscheinbaren Blüten entsteht so ein großer, attraktiver Gesamtblütenstand. Dieser Blütenstand zieht wie bei allen Doldenblütlern Insekten wie Bienen, Schwebfliegen und Käfer geradezu magisch an.

Zur Blütezeit ab Anfang Juni bis etwa August/September ist der weiße Blütenstand flach gewölbt und hat in seiner Mitte zumeist eine dunkelpurpurne oder auch ganz schwarz gefärbte „Möhrenblüte“. Übrigens gibt es sonst im Pflanzenreich keine weiteren rein schwarzen Blüten. Mit dieser „Möhrenblüte“, die schon aus geringer Entfernung ausschaut wie ein kleines Insekt, will die Wilde weitere Insekten zur Bestäubung anlocken. Ein Trick, der gut funktioniert.

Nach der Bestäubung neigen sich die Strahlen der Doldenblüte zur Fruchtreife so zusammen, dass in der Mitte der Dolde eine nestartige Vertiefung entsteht. Die Früchte haben hakige Stacheln und enthalten ätherische Öle.

Das Laub ist dekorativ, ähnlich wie bei kultivierten Möhrensorten; die Blätter sind zwei- oder dreifach, selten auch vierfach gefiedert und weisen feine Zipfel auf. Der Stängel aller Doldengewächse ist hohl und knotig.

Die Wilde Möhre gehört zu den ältesten Kulturpflanzen und war schon den Bauern der Jungsteinzeit bekannt. Durch die Kultivierung entstand aus der Wilden Möhre unsere Karotte. Karotten werden heute weltweit in hunderten Sorten angebaut. Es gibt kleine, große, runde, längliche, walzenförmige und und und. Wer Möhren auf dem Markt kauft, sollte auf die Frische achten; sie dürfen nicht biegsam sein.

Zum Bild: Echt oder Fälschung? Blühende Möhren erkennt man an dem Scheininsekt in der Mitte des Blütenstandes. Foto: Uwe van Hoorn

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