Wenn Liebe den Kopf kosten kann

Gottesanbeterin kommt auch in NRW vor

0 16.09.2022

Früher fühlte sich die Gottesanbeterin in Südeuropa wohl, allenfalls am Kaiserstuhl gab es isolierte Vorkommen. Ursprünglich stammt sie aus Afrika. Doch das bizarr ausschauende Insekt rückt in Europa immer weiter nach Norden und in den Westen vor. Grund ist der Klimawandel, der die Temperaturen auch in Deutschland ansteigen lässt.

Im September 2020 wurde ein Exemplar dieser Fangschrecken in Wermelskirchen gefunden und auch die BSWR (Biologische Station Westliches Ruhrgebiet) kennt einige Fundorte.

Das bis zu acht Zentimeter große räuberische Insekt liebt warme trockene Wiesen, gerne in Südlage, hält sich an Tagebauflächen auf und lauert, gut getarnt, auf Beute.

Die Senckenberg-Gesellschaft schrieb zum Insekt des Jahres 2017: „Von dort (der Wiese) gehen sie in ihrer namensgebenden Pose, mit angewinkelten, ,betenden‘ Vorderbeinen, auf die Nahrungssuche. Durch langsames Gehen oder Klettern pirscht sich die Gottesanbeterin an ihre Beute heran, meist kleine Insekten, selten auch Wirbeltiere, wie Frösche, Eidechsen oder Mäuse. Ist das Beutetier in Reichweite, wird es mit den großen Facettenaugen fixiert und die beiden dornenbewehrten Fangbeine schnellen auf das Beutetier zu. Der Vorgang des Fangschlags dauert nur 50 bis 60 Millisekunden – das ist etwa sechsmal schneller, als ein Lidschlag des menschlichen Auges.“

Aus den Fangarmen gibt es kein Entrinnen, da sie mit Widerhaken versehen sind. Sitzt ein Opfer etwas weiter entfernt, klettert die Gottesanbeterin in seine Richtung. Dabei schaukelt sie hin und her, so dass das Opfer sich sicher wähnt und die Gottesanbeterin für ein Blatt im Wind hält. Blitzschnell landet die Beute dann in den Fangarmen.

Bekannt ist die Art für ihr außergewöhnliches Paarungsverhalten. Gelegentlich kostet die Fortpflanzung dem Männchen im wahrsten Sinne den Kopf: das Weibchen verspeist diesen während oder nach der Paarung. Keine Wunder also, dass Madame in die Trickkiste greifen muss, um einen Gatten anzulocken. Sie produziert Pheromone (Duftstoffe), die ein Männchen betören können. Übrigens: Die Männchen sind mit 60 Millimeter Körpergröße deutlich kleiner als die Weibchen (75 Millimeter).

Das Männchen muss nicht immer „dran glauben“, meist kommt es sogar ungeschoren davon. Die befruchteten Eier werden einige Tage nach der Begattung von dem Weibchen in eine so genannte Oothek abgelegt. Bis zu 200 Eier werden in einer schnell hart werdenden Schaummasse an Steinen oder Grashalmen abgelegt, das Gebilde ist etwa anderthalb Zentimeter groß. Da drinnen ist es warm genug, um niedrige Temperaturen zu überstehen. Im Frühjahr schlüpfen dann die Larven. Die erwachsenen Tiere sterben hingegen noch vor dem Winter.

Bei den im Frühjahr geschlüpften Nachwuchs sind die Gliedmaßen bereits fertig ausgebildet, aber winzig klein. Nach der ersten Häutung fangen die kleinen Gottesanbeterinnen an zu fressen. Alles, was sich bewegt, wird geschnappt und vertilgt, auch wenn es eine andere Gottesanbeterin ist. Die Insekten häuten sich mehrmals. Nach der letzten Häutung sind sie geschlechtsreif und haben Flügel. Dann findet auch die Paarung statt.

Noch wird Mantis religiosa, so der wissenschaftliche Name, in Deutschland, der Schweiz und Österreich als bedrohte Art geführt. Das könnte sich aber ändern, da sie immer mehr Orte besiedelt.

Zum Bild: Mit steigenden Temperaturen wird sich die Gottesanbeterin voraussichtlich immer weiter ausbreiten. Menschen können auf jeden Fall aufatmen: Die Gottesanbeterin beißt nicht, ist nicht giftig und nicht schädlich. Foto: pixabay

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