Hübsche rote Winzlinge

Acker-Gauchheil blüht bis in den Oktober hinein

0 11.09.2021

Dieses kleine Blümchen, das sich im Gemüsebeet zwischen Erbsen und Gutem Heinrich versteckte, mochte ich als Kind besonders. So zierlich und so hübsch ist es, dass ich mich fragte, warum es dieses Kraut nicht so groß wächst, dass es in eine stattliche Vase passt. Stattdessen stand es beim Vater auf der Liste der auszurupfenden Arten. Für ihn besonders ärgerlich: Die Wurzel kann bis zu 40 cm tief im Boden sitzen.

Die Blütensterne des Acker-Gauchheils (Anagallis arvensis), auch Roter Gauchheil, Nebelpflanze, Weinbergsstern oder Wetterkraut genannt, leuchten meist rot, es gibt aber auch (viel seltener) blau blühende Exemplare. Das Kraut gehört zur Familie der Primelgewächse, an denen sich viele besonders im Frühjahr erfreuen.

Der Acker-Gauchheil kriecht am Boden entlang. Seine Stängel sind fünf bis 30 cm lang und vierkantig. Die Pflanze ist meist einjährig und blüht im Sommer lange. Manche Exemplare überwintern aber als Halbrosettenpflanze (das sind Pflanzen, die nicht nur am Boden eine Rosette aus Blättern haben, sondern auch an ihrem Stängel Blätter aufweisen) und haben einen aufsteigend wachsenden Stängel. Die Laubblätter sitzen paarweise (gegenständig) am Stiel, sie sind eiförmig und ganzrandig.

In unseren Breiten blüht das Kräutchen von Mai bis Oktober. Die Blüten sitzen einzeln in den Blattachseln und sind etwa 10 bis 15 Millimeter im Durchmesser groß. Die Blüten übernehmen die Frühschicht in der Natur. Sie sind etwa von 7 bis 14 Uhr geöffnet und schließlich sich, wenn das Wetter miserabel wird. Daher kommen auch die deutschen Namen Nebelpflanze und Wetterkraut.

Die Blüten ziehen verschiedene Bestäuber an, besonders Fliegen. Zur Not geht es aber auch ohne: Selbstbestäubungen sind möglich. Von August bis Oktober reifen hier die so genannten Deckelkapselfrüchte des Acker-Gauchheils. Wenn es so weit ist, verbreitet der Wind die Samen oder Regen schwemmt sie aus.

Wer die einzelnen Arten dieses zierlichen Krauts sicher auseinanderhalten will, sollte eine gute Lupe bei der Hand haben und die Drüsenhaare an den Kronblättern der Blüte zählen. Kann man machen, muss man aber nicht.

Der Acker-Gauchheil ist ein Europäer und ursprünglich im Mittelmeergebiet zu Haus. Von hier aus haben ihn die Menschen in alle Welt verschleppt, wo er sich auf Äckern, in Gärten, Weinbergen, auf Schuttplätzen und an ähnlichen Ruderalstandorten wohlfühlt. Der Kosmopolit ist aber nicht willkommen, denn die ganze Pflanze ist (schwach) giftig, die Wurzeln etwas stärker. Heu, das mit Acker-Gauchheil verschmutzt ist, soll als Futtermittel problematisch sein. Frisst weidendes Vieh von dem Kraut, könnte es krank werden.

Das gilt wohl auch für den Menschen, dennoch wurde Acker-Gauchheil in alters Zeit als Heilmittel verwendet. Es sollte Wunden heilen, gegen Zahnweh helfen und bei Schlangenbiss, Nieren- und Leberleiden lindern und bei Tobsucht beruhigen. Der Acker-Gauchheil fand auch Verwendung zur Heilung von Geisteskrankheiten. Das Wort „Gauch“ ist ein alter Ausdruck für „Narr“. Es werden noch viele Leiden genannt, die zu Eisenbarts Zeiten mit dem Kraut gelindert werden sollten. In der modernen evidenzbasierten Medizin hat das Kraut aber ausgedient.

Zum Bild: Zarte rote Blüten hat der Acker-Gauchheil, der zur Familie der Primelgewächse gehört. Das Bild machte Andreas Koerner.

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