Heute blau, morgen blau?

Borretsch wechselt im Alter die Blütenfarbe

0 30.09.2022

Bis Ende September sieht man hier und da noch die hübschen, kleinen blauen Blüten des Borretsch (Borago officinalis) leuchten. Die einjährige Staude ist im Mittelmeergebiet beheimatet. Das sieht man ihr an, denn gegen die Hitze hat sie sich einen Pelz aus Härchen an Blättern und Stängel zugelegt, der außerdem so manchen Fraßfeind abschrecken mag. Diesen Trick kennt man auch von anderen Pflanzen aus dem Mittelmeerraum.

Im späten Mittelalter gelangte er in unsere Breiten und wurde häufig in Bauerngärten oder Kräutergärten angebaut. Von dort ging er stiften, als Gartenflüchtling trifft man ihn hier und da verwildert an. Borretsch verträgt viele Böden. Er kann auch karg. Deswegen treffen wir in ihn Mitteleuropa auf Brachen an.

Seine fleischigen Wurzeln versenkt er tief in den Boden. Die Stängel wachsen aufrecht und verzweigen sich nach oben locker. Die Blätter werden bis zu 15 Zentimeter lang. Im Alter werden sie hart und rau. Diese Eigenschaft hat einer ganzen Familie den Namen eingebracht: Borretsch gehört wie Lungenkraut, Beinwell, Natternkopf und Ochsenzungen zur Familie der Raublattgewächse (Boraginaceae). Die unteren Blätter sind übrigens rosettenförmig angeordnet.

Vor allem Bienen und Hummeln haben eine Vorliebe für die kleinen Blüten. Übrigens: Borretsch denkt mit! Wurde eine Blüte bereits bestäubt, ändert sie ihre Farbe von Rosa nach Blau.Das geht mit Änderungen des pH-Wertes in den Blütenblättern einher. Die kluge Biene weiß dann: Den Weg kann ich mir sparen. Die Blüte ist alt. Für das menschliche Auge ohne Hilfsmittel unsichtbar sind außerdem sogenannte Strichsaftmale, die aber die Bestäuber anlocken.

In den bestäubten Blüten bilden sich vier einsamige Nüsschen. Ihnen haftet ein Eiweißkörper (Elaiosom) an, der für Ameisen ein beliebtes Nahrungsmittel ist. Fallen die Nüsschen aus der Blüte, werden sie von den emsigen Ameisen eingesammelt und in den Bau geschleppt. Dort trennen sie die Eiweißmahlzeit von den Samen. Der „Samen-Müll“ wird wieder aus dem Bau gebracht und beginnt dann im passenden Moment mit der Keimung.

Der Hausname „officinalis“ deutet es schon an: Borretsch wurde in der Pflanzenheilkunde gegen allerlei Zipperlein (Fieber, Verschleimung der Atemwege, Durchfall, Entzündungen, Rheumatismus, klimakterischen Beschwerden und zur Blutreinigung) verwendet. Allerdings enthält das Kraut Alkaloide, die krebserregend und gentoxisch wirken. Gegen eine äußerliche Anwendung von Borretschsamenöl gegen Neurodermitis bestehen aber keine Bedenken des Bundesinstituts für Risikobewertung.

Insgesamt soll man die Pflanze, deren Blätter wie Gurke schmecken, nur gelegentlich als Gewürz verwenden. Entwarnung gibt es für Blüten und Samen: Sie enthalten kaum von den leberschädigenden Stoffen.

Wer mag, kann dieses hübsche Kraut im Garten oder im Kübel auf den Balkon ziehen. Die Aussaat erfolgt von April bis Juli. Da Borretsch aber ein Dunkelkeimer ist, muss man die Samen gut mit Erde bedecken. Setzt man die Pflanzen zu dicht, riskiert man den Befall mit Mehltau. Sonst muss man nichts tun: Wo sich das Kraut wohlfühlt, kommt es meist ganz von alleine wieder.

Zum Bild: An einem Ackerblühstreifen wurde dieses Borretschpflänzchen, schon recht spät im Jahr, entdeckt. Übrigens: Alles ist erlaubt! Borretsch gibt es sowohl mit einem, als auch mit zwei „r“. Foto: flora

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