Einfach herzig

0 10.05.2019

„Für Mama“ steht auf einem Blatt Papier zu lesen und: „zum Muttertag“. Handgemalt sind die vier Tulpen in einer riesigen, bauchigen Blumenvase, deren tiefes Blau sehr hübsch mit dem Rot der Blumen harmoniert. Die Vase steht auf einem großen braunen Tisch, den die Künstlerin allerdings nicht mehr mit der gleichen Hingabe malen konnte wie die Tulpen. Vielleicht war auch nur der braune Stift „alle“ oder „weg“ oder vom Bruder versteckt.

Mama konnte darüber hinweg sehen. Sie war gerührt. Was waren van Goghs Sonnenblumen gegen den Frühlingsstrauß von Klein-Monica? Sie hob das Gemälde gut auf. Genau so gut packte sie die Geschenkgutscheine weg. Da staunen Sie: Geschenkgutscheine waren schon vor 50 und mehr Jahren groß in Mode. „Zehnmal Tisch decken“ gab es dann ganz großzügig oder – schon etwas vorsichtiger – „fünfmal Tisch abräumen“ aber nur „einmal spülen“.

Überreicht wurden die Gaben am schön gedeckten Frühstückstisch. Im Garten pflückten wir Stiefmütterchen, Gänseblümchen, Schleifenblumen und Vergißmeinnicht. Aus den Stiefmütterchen und Schleifenblumen legten wir einen Kranz um Mutterns Teller. Die Gänseblümchen kamen mit den Vergißmeinnicht in leere Tintengläschen, die extra für diese Zwecke verwahrt worden waren und neben den „Senfkristallgläsern“ im Küchenschrank an 364 Tagen im Jahr ihren festen Platz hatten. Herzig, nicht?

Besonders schön am Muttertag war, dass man sich darauf verlassen konnte, dass die Gutscheine an diesem Tag noch keine Gültigkeit hatten. Und an den darauffolgenden wohl auch nicht. Diese Gutscheine wurden nie eingelöst. Ich fand sie irgendwann, als Muttern schon lange nicht mehr war, in einer Kiste mit Erinnerungsstücken.

Eine „herzige“ Idee hatte auch die Verpackungsindustrie zum Muttertag. Nachdem man die Plastiktüte (der ich – Hand aufs Herz – ein wenig nachtrauere) verboten hat, richtet die Verpackungsindustrie ihr Augenmerk auf Verpackungen für fertige und halbfertige Mahlzeiten oder auf Verpackungen von Obst und Gemüse. In ein großes, recht stabiles „Plastikherz“ füllte sie 170 Gramm Himbeeren. Ich habe sie gewogen: Die Verpackung wiegt 30 Gramm! Und im Gegensatz zur Plastiktüte (die man mehrfach verwenden konnte, die später zur Mülltüte umfunktioniert wurde und zum guten Schluss noch thermisch verwertet werden konnte) hat diese Blister-Verpackung nur ein Leben. So wie wir auch. Einen schönen Sonntag wünscht Ihre und Eure Monica

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