Ein Bild - dreimal Geschichte: Ebel, Kanal und Hüttenwerk

0 20.09.2022

BOTTROP/BORBECK. Das heutige Bild stammt aus der Ebelsammlung von Hobbyhistoriker Helmut Brus, Frintrop. Helmut Brus ist Nachfahr einer typischen Bergbaufamilie, die über drei Generationen im Bergbau tätig war. Geboren in der ehemaligen Zechenkolonie von Prosper I, heute Bottrop-Ebel, hat er sich schon früh für die Bergbaugeschichte seiner Familie interessiert, die 1899 mit der Anstellung seines italienischen Urgroßvaters Matteo Fort als Steinhauer auf Prosper I begann.

Das hier gezeigte Bild gibt gleich Anlass für drei Geschichten:

Prosper I und seine „Prosperkolonie“ (heute Ebel)

Ganz links im Bild sieht man auf die Zufahrt der Prosperkolonie im Jahre 1935. Die Zufahrt zur Ebel als auch die Strecke bis zum Kanal hieß damals Hafenstraße. Auch der untere linke Teil war damals die Hafenstraße. Sowohl die Zufahrt als auch der untere Teil der Hafenstraße wurden durch die Verbreiterung als Zufahrt zur A42 in den Jahren 1967 bis 1970 Opfer der Baumaßnahmen.

Die Prosperkolonie selbst wurde in den Jahren 1899 bis 1902 als Arbeiterkolonie für die Zeche Prosper I errichtet, um den dringend benötigten Bergarbeitern mit ihren Familien ein Zuhause zu geben. Die meisten Arbeiterhäuser stehen heute noch. Bis 1929 waren die Prosperkolonie und die Zeche Prosper I auf Borbecker Gebiet. Die 1856-63 auf der heiligen Wiese in Borbeck errichtete Zeche befand sich in Gerschede, wogegen die Prosperkolonie auf Vogelheimer Grund errichtet wurde. Erst mit der von den Rheinischen Stahlwerken (Rheinstahl) betriebenen Eingliederung ihrer ersten Zeche und der Hauptverwaltung zu den anderen Rheinstahl-Zechen in Bottrop (Prosper II und III) und den hauptsächlich dort liegenden Grubenfeldern kam das bislang zum Rheinland gehörige Gebiet der Prosperkolonie und von Prosper I 1929 zum westfälischen Bottrop. Es erhielt dann als südlichster Stadtteil den Stadtteilnamen Ebel (alter Flurname der Borbecker Mark). Links unten am Ende der Zufahrt zur Ebelkolonie sieht man noch den Eingang der früher dort existierenden Gaststätte von Karl Kleine-Möllhoff, die nur ein Jahr später in 1936 in ein Wohnhaus umgewandelt wurde.

Rhein-Herne-Kanal

1914 wurde der Bau des Rhein-Herne-Kanals nach 6 Jahren vollendet. Er machte Ebel zur Emscherinsel und wurde dann im Jahre 1929 zur neuen Stadtgrenze zwischen Essen-Borbeck und Bottrop, die vorher jahrhundertelang vom Emscherlauf gebildet wurde. Auf dem Foto von 1935 sieht man die frisch gebaute Erweiterung der Hafenstraße (heute Borbecker Straße) die von der Abfahrt zur Ebel zur ebenfalls neu errichteten Straßenbrücke über den Rhein-Herne-Kanal führt. Bislang gab es dort nur die rechts daneben zu sehende Eisenbahnbrücke der ganz rechts im Bild befindlichen Eisenbahnlinie, die von Essen-Katernberg nach Osterfeld führte. Davor ging der Verkehr an der Hafenstraße in Höhe der St. Matthiaskirche mit einer kleinen Brücke über den Kanal, die aber für den späteren Verkehr wegen ihrer Breite nicht geeignet war (heute gibt es dort nur noch eine Rohrbrücke). Der Rhein-Herne-Kanal machte Prosper I zur sogenannten „nassen“ Zeche, d. h. durch den Kanal wurden Transportkosten günstiger und damit die Wettbewerbsfähigkeit erhöht. Er führte letztendlich auch zum Ende der Eigenständigkeit der Gemeinde Borbecks im Jahre 1915 (s. Punkt 3).

Das Krupp’sche Hüttenwerk

Wie schon zuvor berichtet, war der Zugang zum Rhein-Herne-Kanal wegen der günstigeren Transportkosten durch die Industrie sehr begehrt. So auch von der die Stadt Essen damals dominierenden Firma Krupp. Da ihre Stadtgrenzen nicht an den Kanal reichten, wurde durch Betreiben von Krupp die Stadt Essen bei der Gemeinde Borbeck vorstellig und schlug eine Eingemeindung vor, mit der dann Krupp den erwünschten Zugang zum Kanal bekommen konnte.
Borbeck wehrte sich anfangs, wurde aber aufgrund wirtschaftlicher Interessen besonders durch den Druck der Fa. Krupp auf die Stadt Essen „überzeugt“. Borbeck war finanziell nicht in der Lage, notwendige Investitionen für Hafenanlage, Straßenausbau und Kanalisierung vorzunehmen. Zuvor dem deutschen Reich unterbreitete Gesuche zur Verleihung des Städterechts wurden abgelehnt und Eingemeindungen bevorzugt. Gegen eine Teileingemeindung Vogelheims (Essen hatte hier heimlich Grundstücke erworben) wehrte sich Borbeck erfolgreich, gab aber letztendlich nach etlichen Zusagen durch die Stadt Essen (Anzahl Abgeordnete, Steuerfragen, eigenes Amtsgericht etc.) nach. Die Eingemeindung erfolgte nach 8 Jahren langwieriger und immer wieder unterbrochenen Verhandlungen im Jahre 1915, ein Jahr nach Eröffnung des Rhein-Herne-Kanals. ¹

Nach der Eingemeindung baute Krupp den bei der Eröffnung des Kanals noch nicht existierenden Krupp-Hafen und errichtete das den Hintergrund des Fotos dominierende Krupp‘sche Hüttenwerk. Bereits 1917 wurde auf Bergeborbecker Grund das Martinwerk 7 (Stahlwerk) errichtet, danach folgten ein Walzwerk, die mit 15 000 Tonnen größte Schmiedepresse der Welt, die Hochofenanlage und Nebenanlagen wie die elektrische Gasreinigung. Mit dem 1929 in Betrieb genommenen Hochofen wurde ein Hüttenwerk fertiggestellt, das zu den modernsten in Europa zählte und zum Zentrum der Edelstahlerzeugung im Konzern wurde. Nach verlorenem 2. Weltkrieg wurde das Hüttenwerk als Reparationsleistung von den Sowjets 1946 demontiert. Ab 1959 wurde auf dem Ruinengelände des Hüttenwerkes die Krupp‘sche Rennanlage errichtet, wurde aber bereits im Jahre 1963 aus Kosten- aber auch aus Umweltgründen wieder stillgelegt. ² Heute befindet sich dort das Gewerbegebiet „econova Essen“. Helmut Brus

¹1999 Andreas Koerner „Zwischen Schloss und Schloten - Die Geschichte Borbecks S. 145-148
+ Andreas Koerner/KHV Borbeck e. v. „Kleine Geschichte Borbecks“

²1915 Wolfgang Sykorra „Als Borbeck Industriegeschichte schrieb“, Borbecker Nachrichten 13.11.2015

Das Foto durfte mit freundlicher Genehmigung der Stadt Bottrop, Museum für Ur- und Ortsgeschichte, veröffentlicht werden.

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