Der Stollen auf dem Kleiderschrank

0 22.11.2019

Biskuitteig, zum Beispiel, rührte Muttern immer nur rechts herum. Warum? Sie behauptete, dass man, wenn man zwischendurch die Richtung wechselte „die Luft wieder herausrührte“ und der Biskuit nicht so schön fluffig würde. Ehrlich? Bei der ersten sich bietenden Gelegenheit hat Klein-Monica, als sie schon in der Küche helfen sollte, links und rechtsrum gerührt, ohne dass man das dem Ergebnis hätte angemerkt.

Andere Regeln galten für den Christstollen. Der wurde schon Anfang November gebacken, dann fest in Alufolie gewickelt und im ungeheizten Elternschlafzimmer ganz oben, ganz nach hinten auf den Kleiderschrank gestellt, gleich neben die Büchse mit den weichen Lakritzen. Diese Büchse konnte man nur erreichen, wenn man auf den Matratzen (damals: Aua - dreigeteilt!) wie auf einem Trampolin herumhopste und dann mit viel Glück die Blechdose erhaschen konnte. Einmal trieben wir Kinder es zu dolle und rissen vom Fußende des Bettes eine Brett ab, das fortan nur noch lose aufgelegt war, und geräuschvoll zu Boden fiel, wenn wir wieder an die Lakritze (sie waren mit Zucker bemehlt) wollten.

Zurück zum Stollen: Mir wollte als Kind schon nicht einleuchten, warum man ein mit viel Butter, Mehl, Ei, Marzipan, Mandeln, Zitronat und Orangeat fabriziertes Gebäck erst alt werden lassen muss, um es dann erst zu essen. (Und überhaupt: Hätte man statt Zitronat nicht besser die doppelte Menge Marzipan hineingegeben?). Doch mit Muttern war nicht zu reden. Mindestens vier Wochen brauche der Stollen, um seine Aromen zu entfalten, sagte sie. Und wir hatten keine Chance herauszufinden, ob sie Recht hatte.

Aber vorhin: Da lagen sie, Monicas Stollen. Frisch gebuttert und dick mit Zucker bestreut. Noch warm. Und was soll ich sagen? Alles Mumpitz. Sie schmecken noch warm genau so gut, wie nach vier Wochen auf dem Kleiderschrank. Probieren Sie es aus!

Ein schönes Wochenende wünscht Ihre und Eure Monica

 

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