Dät olle Hüüsken

Plattdeutsche Gedichte von Hermann Hagedorn - ins Hochdeutsche übertragen von Franz Josef Gründges

0 05.09.2021

Dät olle Hüüsken

Tüschen hoge Hüüser,

Zwischen hohen Häusern,

Dä stolz sick rechen op,

Die sich stolz in die Höhe reckten,

Stonn‘n ganz klein Hüüsken

Stand ein kleines Häuschen,

Alleene vö sinen Kopp.

Ganz für sich allein.

 

Dä groten woren am prooten,

Die Großen waren am Prahlen,

Ät hö‘n sick geföhelig aan,

Es hörte sich gefährlich an,

Een’t fäulen sick besönners,

Ein Haus fühlte sich als etwas Besonderes

Öt kreihen as än Hahn:

Und krähte wie ein Hahn:

Wi hät wat en‘e Mauen,

„Wir haben Kraft in den Armen,

Wi send dä nie’e Tied,

 Wir sind die neue Zeit,

Ons könnt sö allemole . . .

Uns können sie allemal . . .

Marjo! Wat kickt wi wiet!“

Maria und Josef! Was können wir weit schauen!“

Dät kleine Hüüsken schwieg,

Das kleine Häuschen schwieg

Öt holl sick still vö sick.

Und hielt sich still zurück.

Lo git mi en Fri’en“,

„Lasst mich doch in Frieden“,

Stonn en sinen Blick.

Stand in seinem Blick.

Dä groten blewen am prooten

Doch die Großen prahlten weiter

On leiten öm nech en Rauh.

Und ließen es nicht in Ruh.

Do mok dät kleine Hüüsken

Da machte das kleine Häuschen

Beide Öögskes tau.

beide Augen zu.

 

So steht öt honnert Joe,

So steht es seit hundert Jahren

On drömt so vö sick hen . . .

Und träumt so vor sich hin.

Dä groten kickt no buten,

Die Großen gucken nach draußen,

Öt kickt en sick herenn.

Es schaut in sich hinein.

Zeitungsabdruck, März 1937 / CD S. 61/62

Ein Foto von der "Sanierung Borbeck" (der Fotograf ist leider unbekannt) illustriert das Gedicht vom"ollen Hüüsken". Der Dichter Hermann Hagedorn starb 1951. Was hätte er wohl über die Stadtsanierung gesagt? Es wäre ihm wohl schrecklich weh ums Herz geworden. - Franz Josef Gründges wählte die plattdeutschen Gedichte des Dellwiger Heimatdichters aus und übertrug sie ins Hochdeutsche.

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