Vor 100 Jahren: Auf Essens Straßen ist man sich seines Lebens nicht mehr sicher!

Diebstahl, Raub, Unzucht, Erpressung, Unterschlagung, Steuerhinterziehung, Körperverletzung: So war es 1924

1 26.11.2024

Essener Allgemeine Zeitung (EAZ), 25. November 1924.

Wie mitgeteilt wird, gelangten im Monat Oktober 1924 bei der Essener Kriminaldirektion 1525 Anzeigen zur Bearbeitung, die sich im einzelnen auf folgende Straftaten erstrecken: Raub und räuberische Erpressungen 21, leichter Diebstahl 616, schwerer Diebstahl (unleserlich), Unzucht, Notzucht und unzüchtige Handlungen 16, Brandstiftung 2, Vergehen gegen die Preistreibereiverordnung 21, Betrug 142, Unterschlagung und Urkundenfälschung 96, Glücksspiel 13, unlauterer Wettbewerb 1, Steuerhinterziehung 1, Körperverletzung mit Todesfolge (unleserlich), schwere und leichte Körperverletzung 70, Beleidigung und Bedrohung 10, Widerstand 32, Nötigung 2, Gefangenenbefreiung 3, Freiheitsberaubung 2, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung 55, Abtreibung und Kindesentführung 1, Transportgefährdung und Unfälle 42, Brandursache festgestellt: 35.

Im gleichen Zeitraum wurden vorläufig festgenommen 181 Personen.

Die vorstehenden Zahlen beweisen, dass die Kriminalität im vergangenen Monat in erheblichem Maße zugenommen hat. Aber nicht nur diese Zahlen beweisen das, noch eindringlicher zeigen das die sich in der allerletzten Zeit häufenden Meldungen über räuberische Überfälle, Sittlichkeitsverbrechen und Einbrüche in allen Teilen des Stadtgebiets. Man kann sagen, dass man am helllichten Tage besonders in entlegenen Gebieten seiner Habe und seines Lebens nicht mehr sicher ist. Die Unsicherheit ist tatsächlich erschreckend groß und es gehört unseres Erachtens eine umfangreiche und umfassende Reform des gesamten polizeilichen Sicherheitsapparates dazu, um gegen diese unhaltbaren Zustände erfolgreich anzugehen.

Der ordnungslebende Mitbürger wird es daher begrüßen, wenn die Polizeiverwaltung dazu übergeht, ihre kriminaltechnischen Einrichtungen zur Bekämpfung des gewerbs- und gewohnheitsmäßigen Verbrechertums in Anpassung an die außerordentliche Zunahme der Kriminalität zu vervollkommenen. Damit allein ist es aber nicht getan. Es würde viel zur Beruhigung der Bürgerschaft beitragen, wenn mehr als bisher auf eine systematische und häufigere Bestreifung der Stadtgebiete, besonders der Außenbezirke, in der Nacht Bedacht genommen würde.

Polizei will mehr Licht

Allerdings muss hierbei noch ein besonderer Punkt berührt werden. Kein Mensch wird den alten Erfahrungssatz nicht mehr gelten lassen wollen, dass Dunkelheit lichtscheues Gesindel anzieht. Die Arbeit der Polizei kann unmöglich von Erfolg gekrönt sein, wenn die nächtliche Tätigkeit der verbrecherischen Elemente in manchen Straßen durch undurchdringliche Finsternis begünstigt wird. Sache der Stadtverwaltung ist es, die Polizei nach der Richtung hin in ganz anderer Weise als bisher zu unterstützen. Es ist kein Zustand und es wird auch von der Bevölkerung nicht verstanden werden, dass in dieser Zeit der größten Unsicherheit nur dreieinhalbtausend Laternen die Straßen der Stadt notdürftig erhellen, während in Vorkriegszeit über 8000 Laternen brannten, noch dazu bei weniger Straßen und Häusern.

Der Hinweis auf die schlechte finanzielle Lage der Stadt kann die Fortdauer dieses Zustandes nicht berechtigt erscheinen lassen. Hier handelt es sich um die Sicherheit der Bevölkerung, und diese zu gewährleisten, ist wohl mit die wichtigste Aufgabe jeder pflichtbewussten Stadtverwaltung, vor allem aber der Verwaltung einer Stadt, die Anspruch darauf erhebt, im Westen führend in kommunalen Angelegenheiten zu sein.

Wir kennen einen Plan, der in die erste, vorderste Reihe der Projekte für die nahe und fernere Zukunft nach unserem und wohl auch nach dem Dafürhalten weiter Teile der Essener Bürgerschaft (unleserlich) werden muss. Das ist: Schaffung einer zeitgemäßen anständigen Essener Straßenbeleuchtung.

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Kommentare

Kommentar von Siegfried Messmer |

Da war ja richtig was los im Oktober 1924 in Essen. Gut, dass es heute eine ausreichende Straßenbeleuchtung gibt. Was es heute aber auch noch geben sollte, wäre die Ahndung der "Vergehen gegen die Preistreibereiverordnung".

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